So rasant sich Donald Trump in sein Amt stürzte, so ruhig war es in den ersten Wochen um seine First Lady. Es ist ein ungewöhnlicher Start Melanias in die Rolle der US-Präsidentengattin – und ein recht holpriger.

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Und dann tauchte sie doch auf, ganz in weiß gekleidet: Am vergangenen Wochenende absolvierte First Lady Melania Trump ihren ersten offiziellen Auftritt, einen Monat nach dem Amtsantritt ihres Mannes Donald. Zusammen mit der Frau von Japans Premier Shinzo Abe besuchte sie ein Museum und den Japanischen Garten in Delray Beach in Florida. Vorher war das Ex-Model eine First Lady "MIA", wie viele amerikanische Medien schrieben: missing in action.

Statt an der Seite ihres Mannes in Washington zu weilen, blieb Melania in New York, um sich um den gemeinsamen Sohn Barron zu kümmern. Kein großes Problem, sollte man meinen – schließlich füllt sie kein offizielles Amt aus. Aber: Sie bricht mit dem Erbe ihrer Vorgängerinnen.

"Den First Ladies fiel in jüngster Vergangenheit eine wichtige Rolle als Sympathieträgerin zu", erklärt Thomas Jäger, Professor am Lehrstuhl für Internationale Politik der Universität Köln, im Gespräch mit unserem Portal. "Die Präsidenten haben das bewusst eingesetzt, ihre Frauen haben Medienauftritte absolviert. Das ist bislang bei Melania anders."

Melania selbst hat angekündigt, ab Sommer öfter im Weißen Haus zu sein, auch hat sie mittlerweile wichtige Posten in ihrem Stab besetzt. "Sie wird auch nicht umhin kommen, bestimmte Aufgaben zu übernehmen und Projekte anzustoßen", sagt Thomas Jäger. Wie sie ihre Rolle anlegt, wird man also abwarten müssen – in ihrem ersten Monat hat sie einen holprigen Start hingelegt.

Eine unbeliebte First Lady

Erst zwei Wochen nach der Amtseinführung engagierte Melania Trump die erfahrene Lindsay Reynolds als Chefin ihres Büros. Doch offenbar hat der Stab noch nicht die volle Arbeitskapazität erreicht: Laut "New York Times" liegen tausende unbeantwortete Briefe auf Melanias Schreibtisch im East Wing, und ein besorgter Senator fragte schon über Twitter nach, wann die Führungen durch das Weiße Haus denn endlich wieder beginnen würden. Bei offiziellen Anlässen übernahm Trumps Tochter Ivanka die Aufgaben der First Lady.

Derweil tauchten in den Medien Fotos von Melania beim Shopping in New York auf, streng bewacht vom Secret Service. In den sozialen Medien machten daraufhin Gerüchte die Runde, die Bewachung der First Lady und ihres Sohnes koste den Steuerzahler mehr als das Programm für die Förderung der Kunst, also mehr als 150 Millionen Dollar im Jahr.

Vielen bleibt der Eindruck einer abgehobenen First Lady haften - noch verstärkt durch das Coverbild der Vanity Fair Mexiko vom Januar. Darauf war Melania mit Juwelen zu sehen, die sie auf eine Gabel lud.

Tatsächlich scheint Melania in der Bevölkerung alles andere als beliebt. Michelle Obama hatte kurz vor der Amtseinführung ihres Mannes in Umfragen einen Beliebtheitswert von 68 Prozent, bei Laura Bush waren es 56 Prozent – Melania kam nur auf 37 Prozent. Vielleicht ein Grund, warum sie sich bisher kaum in der Öffentlichkeit präsentiert.

"Immerhin bringt das keine schlechten Schlagzeilen. Es werden nur die enttäuscht sein, die sie einladen möchten oder die Übernahme von Schirmherrschaften erwarten", sagt Thomas Jäger von der Uni Köln. Außerdem sei nicht jede Frau geschaffen für eine aktive Rolle als First Lady. "Inhalt und Form müssen zusammenpassen. Michelle Obama war authentisch als junge Mutter und emanzipierte Frau."

Bei Melania Trump sieht das anders aus. "Schon nach der Amtseinführung, als die First Lady einen blauen Dress trug, der sehr an Jackie Kennedy erinnerte, hatten Experten vermutet, dass ihr Dress auch als Statement gemeint sein könnte: Vielleicht will sie keine politische First Lady sein, sondern wie John F. Kennedys Frau eher repräsentative Aufgaben übernehmen.

Das Weiße Haus als Einnahmequelle?

Jäger glaubt, dass die Rolle von Melania derzeit bewusst unterhalb der Wahrnehmungsschwelle angelegt ist. "Man sieht keine Bilder, auf denen sie herzlich mit ihrem Sohn umgeht. Diese ganzen typischen Fotos aus dem Weißen Haus, die fehlen. Das ist ungewöhnlich."

Es gibt laut Jäger allerdings einen guten Grund dafür: die Interessenskonflikte der Trumps. "Mit der Familie von Donald Trump verbinden wir nicht spielende Kinder im Weißen Haus, sondern ein Riesenunternehmen, das im Verdacht steht, die Macht des Präsidenten für eigene Zwecke auszunutzen."

In diesen Ruch geriet auch Melania Anfang Februar, als ihre Anwälte Klage gegen die englische "Daily Mail" einreichten, die Gerüchte über eine Vergangenheit der First Lady bei einem Escort-Service verbreitet hatte. Den Streitwert des Verfahrens bezifferten die Anwälte auf 150 Millionen Dollar, weil Melania Trump die Gelegenheit habe, "eine breit aufgestellte kommerzielle Marke in einer Vielzahl von Produktkategorien zu starten", und zwar in der Zeit als First Lady, "in der die Klägerin eine der meistfotografierten Frauen der Welt ist".

"Applaus an Frauen, die Frauen unterstützen"

Die Gerüchte über den Escort-Service verfolgen Melania hartnäckig. Gerade erst sorgte ein Reporter der "New York Times" für einen Skandal, als er die First Lady bei einem Tischgespräch als "hooker" bezeichnete, also als Prostituierte. Die Schauspielerin Emily Ratajkowski machte den Vorfall in einem Tweet öffentlich und stand Trump bei: Der Reporter verbreite "sexistischen Bullshit". (Inzwischen hat sich der Reporter für seine Bemerkung öffentlich entschuldigt.)

Melania bedankte sich mit einem ihrer raren Tweets: "Applaus an alle Frauen, die aufstehen und andere Frauen unterstützen."

Vielleicht ist das der Auftakt zu einer engagierteren Rolle als First Lady – schließlich hatte Melania Trump vor der Amtseinführung ihres Mannes angekündigt, sich dem Kampf gegen Cyber-Mobbing zu widmen.

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