In vielen großen Städten zeichnet sich bereits vor Inkrafttreten der neuen Grundsteuer eine Schieflage zulasten von Wohneigentümern ab - jetzt ringen die Bundesländer um eine Lösung. Die könnte in einer gesetzlichen Öffnungsklausel zur umstrittenen Reform der Grundsteuer liegen, sagte NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf.

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Er habe als Vorsitzender des Finanzausschusses des Bundesrats gemeinsam mit der rheinland-pfälzischen Ressortchefin und Vorsitzenden der Finanzministerkonferenz Doris Ahnen (SPD) einen Brief an Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) geschrieben mit der Bitte um eine entsprechende Änderung. Dafür habe es unter den Finanzministern der Länder einen Beschluss mit breiter Mehrheit gegeben.

Ziel sei es, den Kommunen vor Inkrafttreten der neuen Grundsteuer zum Jahresbeginn 2025 eine Handlungsoption zu geben, um überproportionale steuerliche Lastenverschiebungen abzufangen. "Was wir möchten, wäre eine Öffnungsklausel, die die Kommunen ermächtigt, bei der Grundsteuer B aufzuspalten zwischen Wohn - und Gewerbeeigentum." Eine Mehrheit der Länderfinanzminister habe sich dafür ausgesprochen.

Die sogenannte Grundsteuer B wird auf bebaute und bebaubare Grundstücke erhoben und von den Eigentümerinnen und Eigentümern bezahlt - oder auf Mieter umgelegt. Von 2025 an soll eine neue Berechnungsmethode gelten. Für landwirtschaftliche Betriebe fällt die Grundsteuer A an. Kommunale Spitzenverbände, Mieterbund sowie der Steuerzahlerbund warnen bereits seit Monaten vor unzumutbaren Belastungen für Wohneigentümer, Mieter aber auch für Gewerbetreibende durch die neuen Bemessungen.

Laut einer Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer vom vergangenen Herbst, hatte bundesweit jede siebte Gemeinde mit mehr als 20 000 Einwohnern im vorigen Jahr ihren Hebesatz erhöht. Die Grundsteuer ist eine der wichtigen Einnahmequellen der Kommunen, mit der sie unter anderem etwa Schulen und Kindergärten oder auch Straßen und Spielplätze finanzieren.

"Betongold" wird steuerlich zum Bumerang

Signifikante Lastenverschiebungen seien bereits erkennbar - allerdings nicht flächendeckend, sagte Optendrenk. "In vielen größeren Städten gibt es solche Belastungsverschiebungen, weil Gewerbegrundstücke im relativen Wert zu Wohngrundstücken seit 1960 deutlich weniger im Wert gestiegen sind." Wo es einen hohen Wertzuwachs bei Wohngrundstücken gegeben habe - "ich sage mal Betongold als Stichwort" - werde das automatisch zu einer überproportionalen Grundsteuerbelastung führen, betonte der Finanzminister. Bei den Gewerbeimmobilien sei das dort im Regelfall deutlich niedriger.

Bislang hätten die Kommunen keinen Hebel, um bei den Grundsteuereinnahmen eine zulasten des Wohneigentums gekippte Balance auszugleichen. Das Bundesgesetz sehe bei der Grundsteuer B eine Unterscheidung zwischen Wohnen und Gewerbe nicht vor.

Die Länder strebten nun einen gemeinsamen Austausch mit Lindner darüber an, wie eine Öffnungsklausel schnell gesetzestechnisch auf den Weg gebracht werden könnte, sagte Optendrenk. Dabei sollten die Kommunen eine solche Klausel nicht nur einmalig zum 1. Januar 2025 nutzen können, sondern auch die Freiheit haben, abzuwarten und gegebenenfalls erst später auf mögliche Belastungsverschiebungen zu reagieren. "Das ist im Grunde eine Stärkung kommunaler Finanzverwaltungshoheit."  © dpa

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