• Der EuGH hat Deutschland verurteilt, die EU-Luftreinhalterichtline verletzt zu haben.
  • Die EU-Kommission fordert die Bundesrepublik nun auf, zu Handeln - es müssten alle Ursachen angegangen werden, auch alte Diesel.
  • Die Umwelthilfe interpretiert das Urteil indes als "schallende Ohrfeige für die Bundesregierung.

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Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs hat die EU-Kommission Deutschland aufgefordert, alles zur Einhaltung der Grenzwerte für den Luftschadstoff Stickstoffdioxid zu tun. Alle Ursachen müssten angegangen werden, erklärte eine Kommissionssprecherin am Donnerstag in Brüssel. Dabei spielten oft auch Emissionen älterer Dieselfahrzeuge eine Rolle.

Zuvor hatte der EuGH in Luxemburg festgestellt, dass Deutschland wegen jahrelanger Überschreitung der NO2-Grenzwerte in vielen Städten EU-Recht gebrochen hat. Die EU-Kommission hatte Deutschland 2018 verklagt und bekam am Donnerstag in vollem Umfang Recht.

EU-Staaten haben bei Wahl der Mittel für saubere Luft freie Hand, Maßnahmen müssen aber wirksam sein

Die Sprecherin betonte, bei der Wahl der Mittel für saubere Luft hätten die EU-Staaten freie Hand, doch müssten die Maßnahmen wirksam sein und das Problem so schnell wie möglich lösen. "Deshalb müssen die Maßnahmen die wichtigsten Ursachen der Emissionen angehen", erklärte die Sprecherin. "Je stärker die Überschreitungen, desto dringender ist die Notwendigkeit, einschneidende Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Bürger zu treffen."

Die EU-Grenzwerte gelten seit 2010. Noch 2016 wurden sie in 90 deutschen Städten gerissen.

Deutsche Umwelthilfe: Urteil ist "schallende Ohrfeige für die Diesellobbyisten auf der Regierungsbank"

Die Deutsche Umwelthilfe bewertet das Urteil des Europäischen Gerichtshofs gegen Deutschland wegen zu hoher Luftverschmutzung durch Stickoxide als derbe Schlappe für die Bundesregierung. Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch sagte am Donnerstag in Berlin: "Die rechtskräftige Verurteilung der Bundesregierung durch das höchste europäische Gericht ist eine schallende Ohrfeige für die Diesellobbyisten auf der Regierungsbank." Die Umwelthilfe forderte schnelle Konsequenzen. Dazu gehöre etwa eine schnelle Umwidmung von Straßenflächen in geschützte Radwege und die Stilllegung beziehungsweise Hardware-Nachrüstung der knapp zehn Millionen "Betrugs-Diesel" auf Kosten der Hersteller.

Resch erklärte, das Gericht bestätige die Rechtsauffassung der DUH, dass Deutschland seit über zehn Jahren systematisch und vorsätzlich europäisches Recht gebrochen habe. "Die Bundesregierungen haben seit 2010 bewusst eine Politik gegen die Menschen im Land betrieben und ihre Verpflichtung zur Luftreinhaltung ignoriert." In Deutschland seien seitdem nach Berechnungen der Europäischen Umweltagentur mehrere hunderttausend Menschen vorzeitig an den Folgen zu hoher Luftbelastung gestorben.

EuGH hatte Deutschland verurteilt

Der Europäische Gerichtshof hatte Deutschland verurteilt, weil jahrelang in vielen Städten die Grenzwerte für den Luftschadstoff Stickstoffdioxid erheblich überschritten wurden. Die Bundesrepublik habe damit EU-Recht gebrochen, entschieden die höchsten EU-Richter am Donnerstag in Luxemburg. Hintergrund ist eine Klage der EU-Kommission. Sie bezieht sich auf die Jahre 2010 bis 2016. (Rechtssache C-635/18)

Mit dem Urteil gegen die Bundesrepublik sind neue Auflagen zum Beispiel für Dieselfahrzeuge an bestimmten Orten nicht ausgeschlossen. Allerdings hat sich die Luftqualität in deutschen Städten zuletzt verbessert, auch wegen der Coronakrise. Im Corona-Jahr 2020 wurden Überschreitungen noch an sechs Orten gemessen. (dpa/mgb)  © dpa

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