Ein EU-Gegner als EU-Botschafter? Donald Trumps Wunschkandidat Ted Malloch spekuliert über den Zerfall der Union und prophezeit das Ende des Euro. In der EU ist man darüber so gar nicht amüsiert.

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Normalerweise winken die Europäische Kommission und der Europäische Rat neu bestellte EU-Botschafter ohne Gegenstimme durch. Höchstens Diktatoren der Dritten Welt ist es schon einmal passiert, dass ihren Diplomaten die Zustimmung verweigert wurde. Demnächst könnte dieser seltene Fall wieder eintreten - beim Gesandten der Vereinigten Staaten von Amerika.

Trumps Wunschkandidat Ted Malloch (gesprochen: Mellock) hat die Union in den vergangenen Monaten mehrfach in Frage gestellt. Auch in einem aktuellen Interview mit dem britischen TV-Sender "BBC" gab der 64-Jährige Sätze von sich, die als Angriff auf Brüssel und seine Institutionen aufgefasst werden können.

Ein Trump-Fan der ersten Stunde

Mit Verweis auf ein Trump-Zitat nannte er die EU "eine supranationale Organisation, ungewählt, in der Bürokraten Amok laufen". Sie sei "keine echte Demokratie."

Zudem wiederholte Malloch seine Überzeugung, der Euro könnte in den nächsten eineinhalb Jahren kollabieren. Er würde sogar selbst auf den Verfall der Währung wetten. Von "Diplomatie mit der Brechstange" schrieb daraufhin "Spiegel Online".


Theodore ("Ted") Roosevelt Malloch stammt aus der Millionenstadt Philadelphia im US-Bundesstaat Pennsylvania. Der entfernte Nachfahre des 27. US-Präsidenten Theodore Roosevelt ist verheiratet, hat vier Kinder und gehört der presbyterianischen Kirche an.

Der 64-Jährige, grau melierte Haare, Seitenscheitel, hat seinen Doktor in Internationaler Politischer Ökonomie an der Universität Toronto gemacht. Neben einem Job als Diplomat bei den Vereinten Nationen war er auch für das Weltwirtschaftsforum in Davos sowie für den US-Senat und das US-Außenministerium tätig.

Aktuell ist der glühende Verfechter des britischen EU-Austritts Professor für "Strategische Führung" an der englischen University of Reading. Gerüchteweise soll ihn der britische Rechtspopulist und Trump-Fan Nigel Farage beim US-Präsidenten angepriesen haben.

Malloch lobte den damaligen Kandidaten Trump schon im Dezember 2015 im Magazin "Forbes" überschwänglich und verglich ihn mit seinem berühmten Ahnen "Teddy" Roosevelt, der als einer der bedeutendsten Präsidenten der USA gilt. Nun soll Malloch offenbar für seine frühe Gefolgschaft belohnt werden.

Malloch mag wie Trump markige Sprüche

Auf die Frage, warum er überhaupt EU-Botschafter werden wolle, sagte Malloch der "BBC": "Auf einem früheren diplomatischen Posten habe ich geholfen, die Sowjetunion zu stürzen. Vielleicht gibt es eine weitere Union, die ein wenig gezähmt werden muss."

Von der EU in ihrer derzeitigen Form scheint der Botschafter-Kandidat jedenfalls wenig zu halten, stattdessen spekuliert er über ihren Zerfall. "Die Mitgliedstaaten werden demokratisch entscheiden, ob die EU ein eher wirtschaftliches oder politisches Gebilde wird, oder ob sie zusammenbricht", sagte Malloch mit Blick auf die diesjährigen Wahlen in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden der "BBC".

Die Frage, ob es gut sei, wenn weitere Länder die Union verließen, beantwortete er Anfang des Jahres laut "Independent" ausweichend: "Die Weltwirtschaft ändert sich. Das Pendel schwingt in Richtung von Mister Trump."


Das Handelsabkommen TTIP erklärte Malloch für "tot", Trump verhandele ohnehin lieber Abkommen zwischen zwei Staaten.

Auch zum EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker hatte er ein paar Worte parat: "War ein ordentlicher Bürgermeister in irgendeiner Stadt in Luxemburg, glaube ich. Vielleicht sollte er dorthin zurückkehren."

Bei ihren markigen Sprüchen scheinen sich Trump und Malloch wenig zu nehmen.

Kritiker: Malloch hat sich "völlig disqualifiziert"

Daher gibt es in der EU Bedenken, ob Malloch den wichtigen Botschafterposten in Brüssel angemessen ausfüllen kann.

Der SPD-Außenpolitiker Jo Leinen sagte laut "Spiegel Online", Malloch sei ein "Quertreiber" und habe sich durch seine Aussagen "völlig disqualifiziert". Der EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici warf Malloch kürzlich vor, die EU spalten zu wollen.

Allerdings haben bislang nur wenige öffentlich Kritik an der Personalie gewagt. Schließlich wurde der Amerikaner ja noch nicht einmal offiziell als Kandidat vorgeschlagen.

Der Gescholtene selbst verteidigt seine offenen Worte selbstbewusst: "Als Botschafter gibt man die Sicht des Landes wieder, das man vertritt - und nicht die des Landes, in dem man akkreditiert ist. Das scheinen viele Leute nicht zu verstehen."


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