Das Bundesverkehrsministerium geht wegen der Folgekosten der gescheiterten Pkw-Maut nicht juristisch gegen den früheren Ressortchef Andreas Scheuer (CSU) vor. Politisch sei er aber weiterhin für das Debakel verantwortlich.

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Der frühere Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) kann aufatmen: Das Bundesverkehrsministerium will nicht gegen seinen ehemaligen Ressortchef vorgehen. Wie das Ministerium am Donnerstag mitteilte, folgt es damit einem Gutachten. Es rät von einer Klage wegen möglicher Haftungsansprüche ab.

Einführung einer Pkw-Maut war gescheitert

Hintergrund ist die gescheiterte Einführung einer Pkw-Maut für Ausländer in Deutschland: Sie war so ausgelegt, dass deutschen Autohaltern wegen Abschlägen bei der Kfz-Steuer unterm Strich keine Mehrkosten entstanden wären, während ausländische Fahrzeughalter draufgezahlt hätten. Der Europäische Gerichtshof befand im Juni 2019, dass dies gegen EU-Recht verstößt. Damit war das Prestigeprojekt der CSU, das Andreas Scheuer als Minister umsetzen sollte, gescheitert.

Für die deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler hatte das Folgen: Den Unternehmen, die die Pkw-Maut eigentlich umsetzen sollten, wurde Schadenersatz zugesprochen. In diesem Jahr wurde bekannt, dass der Bund ihnen 243 Millionen Euro zahlen muss.

Klage wäre juristisches Neuland gewesen

Der heutige Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) wollte daraufhin prüfen, ob der Bund nun auch von Scheuer Schadenersatz fordert. "Wir können die Akte bei 243 Millionen Euro nicht einfach beiseitelegen", sagte Wissing im Juli der Deutschen Presse-Agentur.

Diesen Schritt wollte Wissing nun aber offenbar nicht gehen. Damit hätte er wohl juristisches Neuland betreten. Eine eindeutige Rechtsgrundlage, auf Basis derer ein Minister auf Schadensersatz verklagt werden könne, gebe es derzeit nicht, sagte der Staatsrechtler Alexander Thiele in diesem Jahr unserer Redaktion: "Zwar existiert eine solche Regelung für Beamte. Doch ist Andreas Scheuer als Minister eben kein Beamter gewesen."

Die unabhängigen Gutachter kamen dem Bundesverkehrsministerium zufolge zu dem Schluss, dass zwar eine Haftung aus einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis in Betracht komme, erläuterte das Ministerium. Sie hätten aber gleichzeitig "auf das ganz erhebliche Prozessrisiko und die begründeten Zweifel an der Durchsetzbarkeit möglicher Ansprüche" verwiesen.

Das Ministerium folge der Empfehlung, um weiteren Schaden für den Steuerzahler abzuwenden. Es betonte zugleich: "Unabhängig davon bleibt es bei der unbestrittenen politischen Verantwortlichkeit von Bundesminister a.D. Scheuer." (fab/dpa)

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