• Mehrere westliche Staaten haben vor erhöhter Terrorgefahr am Kabuler Flughafen gewarnt.
  • Unter anderem die britische und die US-Botschaft forderten Bürger dazu auf, die Tore zu meiden und sich an einen sicheren Ort zu begeben.
  • Dabei wird die Zeit für Evakuierungsflüge immer knapper.

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Wenige Tage vor dem voraussichtlichen Ende der internationalen Evakuierungsmissionen in Kabul haben die deutsche Botschaft in Afghanistan und andere beteiligte Staaten erhöhte Terrorgefahr um den Flughafen gemeldet. Großbritannien, die USA und Australien warnten ihre Staatsbürger am Mittwoch, das Gebiet zu meiden.

"Wenn Sie sich beim Flughafen aufhalten, entfernen Sie sich zu einem sicheren Ort und warten Sie auf weitere Hinweise", hieß es auf der Webseite des britischen Außenministeriums am Mittwoch. Die Regierung sprach in ihren Reisehinweisen am Mittwoch von einer "weiterhin hohen Bedrohung durch Terroranschläge". Die Bedrohungslage sei "sehr ernst", sagte der britische Staatssekretär für die Streitkräfte, James Heappey, am Donnerstagmorgen bei Times Radio. Im Laufe der Woche hätten sich die Hinweise auf mögliche Anschläge verdichtet. "Es besteht eine unmittelbare und ernsthafte Bedrohung."

Auch die US-Botschaft rät, "derzeit nicht zum Flughafen zu reisen und die Tore des Flughafens zu meiden". US-Bürger, die sich am Abbey Gate, East Gate oder North Gate aufhielten, sollten das Gebiet sofort verlassen, warnte die US-Vertretung in Kabul. Grund für die Warnung seien nicht näher spezifizierte "Sicherheitsrisiken". Die deutsche Botschaft warnte in einem Schreiben an deutsche Staatsbürger wiederum vor Schießereien und Terroranschlägen.

Die Bundeswehr hatte bereits am Dienstag berichtet, dass zunehmend potenzielle Selbstmordattentäter der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in Kabul unterwegs seien. Ähnlich hatte sich US-Präsident Joe Biden geäußert. Praktisch täglich versuche ein örtlicher Ableger des IS, den Flughafen anzugreifen, hatte er erklärt. Die Terrormiliz sei auch ein "erklärter Feind" der Taliban.

Zeit für Evakuierungsflüge läuft davon

Obwohl seit dem 14. August bereits fast 90.000 Menschen aus Kabul ausgeflogen wurden, harren noch immer Tausende verzweifelte Menschen vor den Flughafentoren aus und hoffen auf einen Platz auf einem Evakuierungsflug. Mindestens acht Menschen starben in dem Chaos vor den Toren des Flughafens. Doch die Zeit für die Rettungsflüge läuft davon.

Angesichts des bevorstehenden vollständigen US-Abzugs zum kommenden Dienstag soll laut einem Bericht des "Spiegel" am Donnerstag der letzte Evakuierungsflug der Bundeswehr starten. Die deutschen A400M-Maschinen haben nach Angaben der Bundeswehr bisher fast 5.200 Menschen in Sicherheit gebracht.

Auch Frankreich hatte Donnerstag als Enddatum für seine Evakuierungsmission genannt, sollten die USA an ihrem Zeitplan festhalten. Belgien stellte seine Luftbrücke bereits am Mittwoch ein. Laut dem "Spiegel"-Bericht ist es inzwischen fast unmöglich, noch weitere Schutzbedürftige zum Flughafen zu bringen.

Wütende Menschen demonstrieren an Sammelpunkten

Am Mittwoch habe es mehrfach konkrete Anschlagswarnungen für Gebiete vor allen Toren des militärischen Teils des Flughafens gegeben. Daher hätten internationale Soldaten, darunter auch die der Bundeswehr, von den Toren abgezogen werden müssen. Transporte von Ausreisewilligen mit Bussen aus der Stadt seien kaum noch möglich, weil die Sammelpunkte inzwischen bekannt seien und dort wütende Menschen demonstrierten.

Die Taliban sagten derweil nach Angaben des deutschen Afghanistan-Botschafters Markus Potzel zu, auch nach dem vollständigen Abzug der internationalen Truppen weiter Afghanen aus dem Land ausreisen zu lassen. Voraussetzung seien allerdings "gültige Dokumente". US-Außenminister Antony Blinken sagte dazu: "Wir haben sicherlich Anreize und Druckmittel gegenüber einer zukünftigen afghanischen Regierung, um sicherzustellen, dass dies geschieht." Weitere Details nannte er nicht.

Trotz der Tatsache, dass sich auch noch zahlreiche ausreisewillige Staatsangehörige der westlichen Länder in Afghanistan befinden - die USA gehen von rund 1.500 US-Bürgern aus -, will Washington den militärischen Einsatz noch im August beenden. Daher muss der Einsatz am Flughafen Kabul schon Tage vorher heruntergefahren werden - mit entsprechenden Folgen für den Flugbetrieb und Startgenehmigungen für die Maschinen anderer Länder. Die Türkei teilte bereits am Mittwoch mit, mit dem Abzug ihrer Soldaten begonnen zu haben.

Ahmed Wali Massud: "Frauen Afghanistans sind der Widerstand"

Während verzweifelte Afghanen die Gefahr am Flughafen von Kabul auf sich nehmen, um das Land zu verlassen, wächst andernorts der Widerstand gegen die Taliban. Er habe sich über das Land verbreitet, sagte Ahmed Wali Massud, der Bruder des legendären Kriegsherrn und Taliban-Gegners Ahmed Schah Massud zur französischen Nachrichtenagentur AFP.

"Die Frauen Afghanistans sind der Widerstand, denn ihre Werte unterscheiden sich sehr von denen der Taliban." Auch die jüngeren Generationen, die einen Großteil der Bevölkerung ausmachten, seien Teil der Widerstandsbewegung. "Egal was passiert, der Widerstand wird weitergehen. Es ist ein Freiheitskampf für universelle Rechte und Überzeugungen. Das wird niemals sterben", sagte er weiter. (ff/AFP/dpa)

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