Bei einem terroristischen Anschlag in Moskau kamen nach jüngsten Angaben 93 Menschen ums Leben. Erste Verdächtige wurden festgenommen. Trotz eines Bekennerschreibens des IS vermutet Russland die Ukraine hinter dem Anschlag.
Nach dem Anschlag bei Moskau auf eine Konzerthalle hat es nach Angaben des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB bisher elf Festnahmen gegeben. Vier der Festgenommenen sollen direkt an dem Angriff auf das Veranstaltungszentrum beteiligt gewesen sein, wie FSB-Chef Alexander Bortnikow nach Angaben der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass am Samstag sagte.
93 Tote bei Anschlag in Moskau – IS-Bekennerschreiben
Die Zahl der Toten bei dem Anschlag stieg unterdessen auf mindestens 93. Zuvor war von mindestens 60 Toten die Rede gewesen. Darunter sind mindestens drei Kinder, es gab mehr als 100 Verletzte. In dem großen Konzertsaal der Crocus City Hall mit Tausenden Plätzen hatten am Freitag Täter offenbar wahllos auf Besucher geschossen. Menschen, die um ihr Leben rannten, und Verletzte berichteten in sozialen Netzwerken von vielen Opfern. Zudem gab es Explosionen in dem Gebäude und einen Großbrand.
Die russischen Behörden machten auch am Morgen zunächst weiter keine Angaben zu möglichen Hintergründen der Tat. Auch zu einem Bekennerschreiben der Terrormiliz Islamischer Staat gab es keine Bewertung von offizieller russischer Seite. Die Terrorermittlungen dauerten an, hieß es.
Zu den Festnahmen teilte der russische Parlamentsabgeordnete Alexander Chinstein mit, dass am Freitagabend ein mutmaßliches Fluchtfahrzeug mit Waffen im Inneren im Gebiet Brjansk gestoppt worden sei. Weitere Verdächtige würden in einem Wald gesucht, teilte er auf Telegram mit.
Das Fahrzeug habe am Freitagabend bei einer Verfolgungsjagd der Polizei nicht angehalten, sei beschossen worden und habe sich dann überschlagen. "Ein Terrorist wurde auf der Stelle festgenommen, die anderen haben sich im Wald versteckt", sagte Chinstein. Am frühen Morgen sei ein zweiter Verdächtiger festgenommen worden.
Die Suche nach den anderen mutmaßlichen Tätern werde fortgesetzt. Im Inneren des Fahrzeugs seien eine Pistole, ein Patronenmagazin und eine Kalaschnikow sowie Pässe von Bürgern des zentralasiatischen Republik Tadschikistan gefunden worden. Wenig später gab der Inlandsgeheimdienst bekannt, dass insgesamt elf Verdächtige festgenommen worden seien.
Russland vermutet Beziehungen in die Ukraine
Nach Einschätzung des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB hatten die Attentäter "Kontakte" in die Ukraine und versuchten auch, nach dem Angriff dorthin zu fliehen. "Nachdem sie den terroristischen Angriff verübt hatten, wollten die Kriminellen die russisch-ukrainische Grenze überqueren", zitierte die russische Nachrichtenagentur Tass den FSB. Die ukrainische Seite hatte jedwede Verwicklung in den Angriff bestritten.
Nach Angaben des russischen Ermittlungskomitees setzten die Angreifer "automatische Waffen" sowie eine brennbare Flüssigkeit ein. "Die Terroristen nutzten eine brennbare Flüssigkeit, um in den Räumen der Konzerthalle ein Feuer zu legen, in denen sich Zuschauer befanden und auch Verletzte", hieß es in einer Mitteilung des Komitees.
Die Lage an der Crocus City Hall war am Morgen unterdessen ruhig. Einsatzkräfte löschten Glutnester nach dem Großbrand, wie die Feuerwehr mitteilte. Nach dem kompletten Löschen sollten die Trümmer des eingestürzten Daches der Konzerthalle beseitigt werden. Polizei, Nationalgarde und Ermittlungskomitee nahmen die Schäden auf und sicherten Spuren.
Scholz verurteilt Angriff
Nach dem Anschlag gab es auch Reaktionen aus dem Ausland. So hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den tödlichen Angriff auf einen Konzertsaal in Russland mit scharfen Worten verurteilt. "Wir verurteilen den schrecklichen Terrorangriff auf unschuldige Konzertbesucher in Moskau", schrieb er am Samstag im Internetdienst X. "Unsere Gedanken sind mit den Angehörigen der Opfer und allen Verletzten."
Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) übermittelte ebenfalls sein Mitgefühl und sprach von "furchtbaren Nachrichten aus Moskau". "Mein Beileid gilt den Opfern und ihren Familien, die jetzt trauern und um die Verletzten bangen", erklärte er in einer vom Bundeswirtschaftsministerium verbreiteten Pressemitteilung. Wichtig sei nun, "die Hintergründe schnell aufzuklären".
Das russische Außenministerium verurteilte den Angriff bei Moskau als ein "verabscheuungswürdiges Verbrechen", das die "gesamte Weltgemeinschaft" verurteilen müsse. Die Ukraine stritt jegliche Verantwortung für den Angriff ab. Der ukrainische Militärgeheimdienst beschuldigte "die russischen Spezialdienste", hinter dem Angriff zu stecken, um die Ukraine beschuldigen zu können.
USA warnten Russland
Das Weiße Haus in Washington erklärte die Anteilnahme der USA für die Opfer des "schrecklichen Angriffs". Die US-Botschaft in Russland hatte ihre Bürger vor zwei Wochen davor gewarnt, dass "Extremisten unmittelbar bevorstehende Pläne haben, große Versammlungen in Moskau, einschließlich Konzerte, ins Visier zu nehmen". Das Weiße Haus erklärte, die USA hätten diese Informationen mit den russischen Behörden geteilt. Präsident Wladimir Putin tat dies nach seiner Wiederwahl am vergangenen Sonntag als westliche Provokation ab.
Das Auswärtige Amt in Berlin schrieb im Onlinedienst X: "Die Bilder von dem furchtbaren Angriff auf unschuldige Menschen in der Crocus City Hall bei Moskau sind schrecklich." Die EU äußerte sich "bestürzt über die Berichte über einen Terroranschlag". Die EU verurteile "alle Angriffe auf Zivilisten". Auch andere Staaten sowie UN-Generalsekretär António Guterres und der Sicherheitsrat verurteilten den Angriff.
Die Crocus City Hall im Nordwesten der russischen Hauptstadt gehört zu den beliebtesten Veranstaltungszentren der Millionenmetropole. Dort werden immer wieder auch Messen und Ausstellungen organisiert. (afp/dpa/the)
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