In Südeuropa brennen die Wälder. Aber auch in Deutschland brennen immer wieder Waldflächen. Droht auch hier bald eine erhöhte Waldbrandgefahr? Und welche Ursachen hat der Klimawandel?

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Michael Freckmann sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Im vergangenen Jahr hat es in Deutschland so stark gebrannt, wie schon lange nicht mehr. Das geht aus der Waldbrandstatistik 2022 des Bundeslandwirtschaftsministeriums hervor. So haben im letzten Jahr 2.397 Brände rund 3.058 Hektar Waldfläche vernichtet. Dies entspricht einem Gebiet so groß wie die Insel Borkum. Damit sei im vergangenen Jahr die größte Fläche seit 30 Jahren durch Waldbrände vernichtet worden, erklärt das Ministerium.

Mehr Panorama-News

Normalerweise treten die meisten Brände zwischen Juni und August auf. Das hängt laut Ministerium mit der üblichen Trockenperiode zusammen. Aufgrund der langen Trockenperioden im vergangenen Jahr hätten sich die Waldbrände 2022 jedoch fast über das ganze Jahr verteilt. Die ersten Waldbrände gab es demnach bereits im März.

In diesem Monat gab es bereits 141 Brände. Brandenburg war in der Vergangenheit am stärksten von Bränden betroffen. Grund dafür sind die dort vorherrschenden sandigen Böden und die großen Kiefernbestände. Am zweithäufigsten brannte es in den Wäldern Sachsens.

Lesen Sie auch: Expertin im Interview: Diese Faktoren erhöhen die Waldbrandgefahr in Deutschland

Die Brandursachen können in den meisten Fällen nicht geklärt werden. In 42 Prozent der Fälle, so das Landwirtschaftsministerium, sei die Ursache nicht feststellbar. An zweiter Stelle folgt mit 36 Prozent Brandstiftung. Daneben gibt es Brände, die durch äußere Einflüsse entstehen, ohne dass eine böse Absicht dahinter steckt. Hierzu zählt beispielsweise die Selbstentzündung von im Wald gelagerter Munition.

Böden in Ostdeutschland sind aktuell sehr trocken

Für die aktuelle Situation veröffentlicht der Deutsche Wetterdienst den Waldgefahrenindex. Dort sind derzeit für ganz Deutschland keine erhöhten Gefahren zu erkennen, was vor allem am derzeitigen Regenwetter liegen dürfte. Ein anderes Messinstrument ist der Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums. Dieser zeigt allerdings, besonders in Ostdeutschland, bereits tiefrot eingefärbte Flächen an. Das bedeutet, dass sich dort die Böden in einer extremen, oder außergewöhnlichen Dürre befinden.

Besondere Risikofaktoren für Waldbrände seien sandige Böden, Kiefernforste sowie trockene und warme Bedingungen im Frühjahr und Sommer, sagt Christopher Reyer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Neben diesen klimatischen und ökologischen Gründen gebe es aber auch den Faktor Mensch als Brandursache. Vor allem Feiertage und lange Wochenenden erhöhten die Waldbrandgefahr, weil dann viel gegrillt und oft gezeltet werde, so Reyer.

Mit den aktuellen Brandregionen in Südeuropa seien die besonders gefährdeten Gebiete in Deutschland aber nicht vergleichbar, sagt der Potsdamer Klimaforscher. Brandenburg zum Beispiel habe zwar ähnliche Baumarten wie südeuropäische Regionen. Das ostdeutsche Bundesland sei aber ein flache Landschaft.

Diese Beschaffenheit mache das Löschen von Bränden etwas einfacher, als dies in den bergigen Gebieten in Griechenland oder Teilen Spaniens der Fall ist. Ebenfalls gebe es in Deutschland weniger aufgegebene Agrarflächen, die dann in Wald umgewandelt worden seien. Auch seien Wälder in Deutschland stärker von Straßen durchschnitten. "Dennoch sind auch hier, zum Beispiel gerade auf Truppenübungsplätzen oder auch in anderen besonders trockenen Gebieten im Zusammenspiel mit Wind durchaus größere Feuer möglich", sagt Reyer.

Auswahl der angepflanzten Baumsorten kann Feuergefahr reduzieren

Der Klimawandel spiele bei der Zunahme der Brandgefahr eine wichtige Rolle, so der Potsdamer Klimaforscher. Höhere Temperaturen und trockenere Bedingungen führten zu einem Anstieg des "Feuerwetters". Damit sind Wetterbedingungen gemeint, die Brände begünstigen.

Ebenso wirke sich der Klimawandel auf das Wachstum von Bäumen, Sträuchern und der Begleitvegetation aus, erklärt Reyer. Dies führe in feuchteren Jahren zu einem erhöhten Brandrisiko. Nicht zuletzt könne es durch den Klimawandel in einigen Regionen künftig mehr Blitze bei Gewittern geben, sagt Reyer. Auch diese mögliche Entwicklung würde dann zu mehr Bränden führen.

Die Frage, wie sich die Menschen am besten vor Waldbränden schützen können, sei nicht einfach zu beantworten, sagt Christopher Reyer. Vielmehr komme es auf die lokalen Gegebenheiten an. Reyer weist darauf hin, dass Brände in Wildnisgebieten auch Teil der natürlichen Dynamik und als solche erwünscht sein können. Darüber hinaus gebe es viele verschiedene Maßnahmen, um das Waldbrandrisiko und die Gefahren von Waldbränden zu reduzieren. Dazu gehörten die "konventionelle Feuerbekämpfung", aber auch das "proaktive Abbrennen besonders gefährdeter Bereiche".

Lesen Sie auch:

Weiterhin könnten die Menschen auch ganz gezielt im Vorfeld Einfluss auf das Feuerrisiko nehmen. Dies gelänge besonders über die Waldbewirtschaftung. Entscheidend sei hier etwa, welche Bäume angepflanzt würden. Und auch zum Faktor Menschen hat Reyer noch einen Hinweis: "Außerdem ist es natürlich wichtig, das Bewusstsein der Bevölkerung für ein höheres Feuerrisiko zu sensibilisieren, um Feuer aus Unachtsamkeit zu reduzieren."

Zur Person: Dr. Christopher P.O. Reyer ist Arbeitsgruppenleiter am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Er beschäftigt sich dort unter anderem mit den Auswirkungen des Klimawandels auf Wälder und andere ökologische Systeme.

Verwendete Quellen:

  • Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: Waldbrandstatistik 2022
  • Helmholtz Zentrum für Umweltforschung: Dürremonitor Deutschland
  • Deutscher Wetterdienst: Waldbrandgefahrenindex
Interessiert Sie, wie unsere Redaktion arbeitet? In unserer Rubrik "So arbeitet die Redaktion" finden Sie unter anderem Informationen dazu, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte kommen. Unsere Berichterstattung findet in Übereinstimmung mit der Journalism Trust Initiative statt.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.