Stach die Polizei in Sachsen das brisante Dokument durch? Im Internet kursiert der angebliche Haftbefehl gegen einen der mutmaßlichen Messerstecher von Chemnitz. In rechten Kreisen verbreitet sich das Dokument in Windeseile, Ministerpräsident Kretschmer spricht von einer Straftat, sein Stellvertreter weiß: Sollte der Haftbefehl geleakt worden sein, "haben wir ein dickeres Problem". Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft.

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Nach der Veröffentlichung des mutmaßlichen Haftbefehls gegen einen der Tatverdächtigen im Fall Chemnitz hat die Staatsanwaltschaft Dresden Ermittlungen eingeleitet.

Der Vorfall müsse "schnellstens aufgeklärt und die notwendigen strafrechtlichen Konsequenzen gezogen werden", teilte das sächsische Justizministerium am Mittwoch in Dresden mit.

Rechtspopulistische Organisation stellt Haftbefehl ins Internet

Zuvor hatte die rechtspopulistische Organisation Pro Chemnitz den mutmaßlichen Haftbefehl gegen einen der Beschuldigten ins Netz gestellt. Das Dokument tauchte dann Medienberichten zufolge teilweise geschwärzt auch auf anderen Portalen auf und wurde unter anderem von Pegida-Mitbegründer Lutz Bachmann veröffentlicht.

In dem Dokument werden demnach die Namen des Opfers, der Richterin und Einzelheiten zu den mutmaßlichen Tätern genannt. Zudem werde beschrieben, wie oft auf das Opfer eingestochen worden war. Der Eintrag wurde inzwischen wieder gelöscht. Woher das Dokument stammte, war unklar. Nach Angaben der rechten Organisation wurde dieser der Haftbefehl "zugespielt".

Stellvertretender Ministerpräsident: "Dann haben wir ein dickes Problem"

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hatte schon unmittelbar nach der Veröffentlichtung des Haftbefehls gefordert, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.

Die Veröffentlichung sei eine Straftat, sagte Kretschmer dem MDR. Sein Stellvertreter Martin Dulig (SPD) sprach von einem ungeheuerlichen Vorgang. "Wenn ich höre, dass der Haftbefehl wahrscheinlich aus der Polizei heraus in rechtsextreme Kreise geleakt wurde, haben wir ein dickeres Problem aufzuarbeiten."

Innenministerium ist beunruhigt

Die sächsischen Behörden prüfen derzeit die Echtheit. "Woher die Bilder kommen, ist für uns gegenwärtig nicht nachvollziehbar", twitterte das sächsische Innenministerium, nachdem der Haftbefehl im Netz die Runde machte.

Unter anderem hatte die rechtspopulistische Gruppe "Pro Chemnitz" den Haftbefehl geteilt. Inzwischen heißt es auf deren Facebook-Seite, die "Internet-Polizei" habe den Post gelöscht.

In Chemnitz hatte es am Sonntag eine tödliche Auseinandersetzung zwischen Deutschen und Ausländern gegeben. Ein 35 Jahre alter Deutscher starb. Gegen einen Syrer und einen Iraker wurden Haftbefehle erlassen. Rechtsextreme instrumentalisierten das Geschehen und zogen am Sonntag und Montag durch die Innenstadt. (szu/afp/dpa)

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