Der Bau der Tesla-Gigafactory in Brandenburg schreitet trotz der Proteste von Anwohnern und Umweltschützern zügig voran. Mit der neuen Fabrik will Tesla-Chef Elon Musk Rekorde brechen. Ein Überblick über die Konflikte um die Fabrik und den aktuellen Stand der Bauarbeiten.

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Erst Silicon Valley, dann Shanghai, jetzt Grünheide: In der rund 8.000 Einwohner großen Gemeinde im Südosten Berlins baut Tesla-Chef Elon Musk gerade seine vierte Produktionsstätte, die erste in Europa. Bereits ab 2021 sollen hier jedes Jahr rund 500.000 Elektrowagen vom Band rollen, vorrangig SUV-Modelle der Reihe Y.

Wer von oben auf Grünheide blickte, sah bislang vor allem: viel Wald, viel Grün, als Farbklecks und natürliche Trennlinie zur Nachbargemeinde dient allein die Spree. Hier, auf einem 300 Hektar großen Gelände, soll die Tesla-Fabrik entstehen, rund 40 Millionen Euro hat das Unternehmen für die Fläche gezahlt. Mitte Juli veröffentlichte Musk auf Twitter einen ersten Entwurf der Berliner Gigafactory: Getaucht in das warme Licht einer untergehenden Sonne, fügt sich die Fabrik dort idyllisch in die umliegende Waldlandschaft ein.

Das Dach der Fabrik ist bedeckt mit Sonnenkollektoren, die Schornsteine sind versteckt. Für Mitarbeiter und Gäste gibt es eine breite Terrasse mit Wasserbecken. Inzwischen wurde der Tweet gelöscht.

Gigafactory Berlin stößt auf Widerstände

Es gibt allerdings einige, die nicht nur diesen Entwurf, sondern die gesamte Idee der Tesla-Fabrik in der brandenburgischen Gemeinde wenig idyllisch finden. Früh gründete sich eine Bürgerinitiative, kurzzeitig wurden Rodungsarbeiten durch den Eilantrag eines brandenburgischen Umweltvereins gestoppt. Umweltschützer verweisen dabei vor allem auf den hohen Verbrauch an Wasserressourcen durch die geplante Fabrik.

Während Umweltschützer und Anwohner noch protestierten, rodete und planierte Tesla jedoch bereits erste Teile der Baufläche. Das Landesumweltamt hatte frühzeitig eine Erlaubnis für die Rodung erteilt, diese allerdings mit Auflagen verbunden: Aufforstung auf Ersatzflächen sowie Wasser- und Lärmschutz, hieß es aus dem Umweltamt. Im April reagierte Tesla auf die Einwände der Umweltschützer und kündigte an, eine Luft- statt einer Wasserkühlung zu verbauen, um den Wasserverbrauch zu minimieren. Zeitgleich brachte Elon Musk selbst allerdings auch einen möglichen Rave-Club auf dem Dach der Gigafactory ins Gespräch, seine Twitter-Follower jedenfalls stimmen mit großer Mehrheit für die Idee des Tech-Superstars.

Sowieso begleitet die große Fangemeinde des US-Unternehmers den Bau der Gigafactory äußerst aktiv. Auf Youtube veröffentlichen Tesla-Beobachter regelmäßig Fortschritte, nahezu täglich gibt es dort neue Drohnenvideos zu sehen, die das Grünheider Gelände zeigen - anfangs die gerodete Fläche, später Pfähle und Gerüste, mittlerweile scheinen erste Hallen zu stehen.

Fabrikbau im Eiltempo

Auch vonseiten des Unternehmens hört man, der Bau schreite zügig voran - immerhin wolle Tesla sich mit der Gigafactory in Berlin selbst übertreffen und den Baurekord der Fabrik in Shanghai knacken. Diese konnte nach rund einem Jahr Bauzeit in Betrieb gehen. Bislang zeigt sich Tesla zuversichtlich, dass dies auch in Berlin gelingen könnte. Das liege vor allem an dem intensiven Einsatz von Fertigbauteilen, heißt es aus dem Unternehmen. Die “Bürgerinitiative gegen Gigafactory Grünheide” sieht den schnellen Bauerfolg allerdings eher in “Ausnahmegenehmigungen” begründet, durch die eine Beteiligung der Bürger umgangen werden könne. Das Landesministerium Brandenburg betont, dass das Gebiet bereits seit zwanzig Jahren für eine Industrieansiedlung gesichert sei und dieser Umstand sowohl die Planung als auch die Umsetzung vereinfachen würde. Beobachter aus der Wirtschaft schätzen unter anderem die Risikofreudigkeit des Unternehmens als Erfolgsmittel, um in diesem Tempo voranzukommen.

Die Landesregierung Brandenburg sieht in dem Großprojekt jedenfalls nicht nur einen wirtschaftlichen Erfolg, sondern auch ein Symbol der “Internationalität, Weltoffenheit und Toleranz”.

Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz bekundete die Hoffnung, dass der Bau einer postfossilen Autofabrik möglicherweise die herkömmliche Autofabrik unter Druck setze und damit zur Verkehrswende beitragen könne.

Vorbehalte gegen die Person Elon Musk

Druckgeladen bleibt der Bau der Gigafactory Berlin jedenfalls, und Tesla-Beobachter schwanken dabei immer wieder zwischen Faszination und Skepsis.

In die Geschichte vom brandenburgischen Dorf, das plötzlich zum Zukunftsort der Elektromobilität werden soll, mischen sich alte Diskussionen rund um das Unternehmen Tesla, vor allem aber um die Person Elon Musk: Den einen gilt er als visionärer Vordenker, den anderen als skrupelloser Provokateur. Unter anderem sah sich Musk in der Vergangenheit mit Vorwürfen um die Arbeitsbedingungen in Tesla-Werken konfrontiert.

Hinzu kommt das Bild eines Chefs, den sein Ehrgeiz zu ständig neuen Rekorden treibt: Zu Musks Philosophie gehört der Wille, stets ungebremst voranzukommen. Ob dahinter nun eher Wahnsinn oder eher Genie steckt? In Grünheide züchtet man jedenfalls ein europäisches Testlabor für diesen Unternehmerstil - und das bislang zumindest in visionärem Tempo.

Verwendete Quellen:

  • Reuters, dpa
  • Bürgerinitiative Grünheide
  • Landesregierung Brandenburg
  • Elon Musk ,Twitter-Profil
  • Frankfurter Allgemeine Zeitung: “Ein Riss namens Tesla”
  • Rundfunk Berlin-Brandenburg: “Das hat die Bürgerinitiative gegen die Tesla-Fabrik bisher bewirkt”
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