• Die Signale stehen auf Grün: In der EU wird die Zulassung des Astrazeneca-Impfstoffs erwartet.
  • Doch noch gibt es wenig Grund zum Jubel: Hersteller Astrazeneca hat weiter Lieferprobleme.
  • In Deutschland könnten dennoch einige eher die Spritze gegen das Coronavirus bekommen.

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An diesem Freitag wird die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) voraussichtlich die bedingte Zulassung des Impfstoffes des Herstellers Astrazeneca empfehlen. Dann muss nur noch die EU-Kommission zustimmen.

Das gilt als Formsache und könnte ebenfalls noch an diesem Freitag geschehen. Damit hätte die EU den dritten Impfstoff gegen COVID-19 - und das ungefähr ein Jahr nach Ausbruch der Coronakrise in Europa.

Bislang sind in der EU nur die Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna zugelassen. Gerade der Wirkstoff des schwedisch-britischen Herstellers Astrazeneca ist für viele EU-Staaten vielversprechend.

EMA wird Astrazeneca-Impfstoff wohl nur für unter 65-Jährige zulassen

Der Impfstoff, den der Konzern gemeinsam mit der Universität Oxford entwickelt hatte, wird bereits in großem Stil seit Januar in Großbritannien eingesetzt.

Vorteile des Präparates sind: Er ist vergleichsweise preiswerter als die beiden anderen und sehr viel handlicher gerade für Massenimpfungen. So muss er nicht tiefgefroren aufbewahrt werden.

Doch es gibt Lieferprobleme, und unklar ist noch die Wirksamkeit bei Älteren. Beobachter rechnen damit, dass die EMA-Experten den Impfstoff vorerst nur für Personen von 18 bis 65 Jahren zulassen werden.

Eine solche Altersbeschränkung empfiehlt etwa auch die Ständige Impfkommission (Stiko), wie das Bundesgesundheitsministerium mitteilte. Denn die derzeit verfügbaren Daten reichten nicht aus für eine Zulassung für Ältere. Der Hersteller Astrazeneca hatte aber zuvor entschieden Berichte als falsch zurückgewiesen, dass der Impfstoff bei über 65-Jährigen nur zu acht Prozent wirksam sei.

Auch der britische Premier Boris Johnson wies Bedenken beim Astrazeneca-Impfstoff für über 65-Jährige zurück. Die britische Zulassungsbehörde sei der Meinung, dass das Vakzin in allen Altersgruppen eine gute Immunantwort erziele, sagte Johnson am Donnerstag.

Astrazenecas Lieferproblem: ungelöst

Noch ungelöst ist das Lieferproblem. Die EU-Kommission ist in einen heftigen Streit mit dem Hersteller verstrickt. Der hatte angegeben, wegen Produktionsproblemen etwa 60 Prozent weniger liefern zu können.

Daher könnten große Mengen des Impfstoffes für Deutschland und andere EU-Länder erst Wochen oder Monate später zur Verfügung stehen. Dadurch aber drohen Impfprogramme vieler EU-Länder ins Stocken zu geraten. Die EU hatte insgesamt 400 Millionen Impfdosen geordert und besteht auf die Lieferung.

Die EMA hatte schon seit Monaten die Studien und Daten von Astrazeneca im sogenannten Rolling-Review-Verfahren geprüft. Danach bewerten die Experten die Daten, auch wenn die Versuche noch nicht abgeschlossen sind und auch noch nicht der Antrag auf Zulassung gestellt wurde.

Das Verfahren kann dadurch erheblich verkürzt werden. Die Prüfungen gehen übrigens auch nach Zulassung weiter. Denn Meldungen über Nebenwirkungen oder Daten zum Langzeitschutz werden weiterhin bewertet.

Die Behörde erteilt zunächst nur eine bedingte Marktzulassung. Der Hersteller ist weiterhin verpflichtet, Daten anzuliefern.

Systemrelevante Berufe sollen zuerst geimpft werden

Nach der Empfehlung der Stiko, mit dem Astrazeneca-Mittel nur Erwachsene unter 65 Jahren zu impfen, fordern Politiker in Deutschland Konsequenzen.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken und FDP-Vize Wolfgang Kubicki forderten in den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag), Klinik- und Pflegepersonal prioritär den Astrazeneca-Impfstoff zu verabreichen.

FDP-Chef Christian Lindner empfahl im TV-Sender Phoenix, Erzieher und Lehrer eher zu impfen. "Das sind ultra-systemrelevante Berufe. Die sollten früher ein Impfangebot bekommen als geplant" sagte Lindner.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach erwartet, dass Medizinpersonal und Polizisten schneller geimpft werden, weil die ersten zwei Risikogruppen hauptsächlich aus über 70-jährigen bestünden. "Aber auch die Bundestagsabgeordneten und die Regierungsmitglieder zählen zur dritten Impfgruppe. Ich selbst auch", sagte Lauterbach der "Augsburger Allgemeinen".

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger bezeichnete es in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Freitag) als ein vertrauenstärkendes Signal, "wenn sich zum Beispiel die Bundeskanzlerin oder der Bundespräsident öffentlich impfen lassen würde".

Impfgipfel am Montag soll Vertrauen schaffen

Mit einem Impfgipfel am kommenden Montag wollen Bund und Länder um Vertrauen der Bevölkerung für die schleppend anlaufenden Massenimpfungen werben.

Am Freitag (10 Uhr) wollen sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, und der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, Klaus Cichutek, in Berlin zur aktuellen Lage äußern.

SPD-Chefin Esken nannte das Impftreffen dringlich. "Die Impfstoffbeschaffung und -verteilung muss endlich zur Chefsache gemacht werden", forderte sie.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte in der ZDF-Sendung "maybrit illner", das Treffen sei nicht symbolisch. Es gehe darum, dass neue Ideen und Lösungen gefunden werden. Aber man müsse auch realistisch sein, "es wird keine schnelle Lösung geben".

Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, begrüßte den Impfgipfel, um mit den Impfstoffherstellern praktische Lösungen zu finden. "Dringend geprüft werden sollte zum Beispiel, ob und wie die EU-Kommission sowie Bund und Länder Kooperationen zwischen Pharmaherstellern unbürokratisch durch schnelle Genehmigungsverfahren für Produktionsanlagen fördern und intensivieren können", forderte Reinhardt in der "Rheinischen Post".

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