"The Biggest Loser"-Gewinner Saki aus Nürnberg nimmt in wenigen Wochen 94,5 Kilo ab, reduziert sein Gewicht damit um die Hälfte. Doch wie gesund ist so eine radikale Abspeck-Kur und wie nachhaltig? Dauerhaft schlank und fit mithilfe einer TV-Show – geht das überhaupt?

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Die Abnehm-Show "The Biggest Loser" hat zum Staffelfinale noch einmal richtig zugelegt. Die Soap konnte ihren Marktanteil auf 7,4 Prozent steigern. Im Schnitt wollten 2,56 Millionen Zuschauer sehen, wer Gewinner der großen Abnehm-Challenge von Sat.1 geworden ist.

Der größte Verlierer und damit Gewinner ist Saki aus Nürnberg. Er speckte in wenigen Wochen ganze 94,5 Kilogramm ab und halbierte damit sein Körpergewicht.

Der Franke wog zu Beginn der Show 189,6 Kilogramm. Damit galt Saki als schwer adipös. "Ich hätte mich schon viel früher bei 'The Biggest Loser' bewerben sollen. Die Show hat mir ein neues Leben geschenkt! Und dafür danke ich den Coaches Christine Theiss, Ramin Abtin und Mareike Spaleck von Herzen", erklärte der 40-Jährige.

Auch die anderen Teilnehmer nahmen in der Sendung extrem ab. Der 26 Jahre alte Benny aus Bürstadt verlor 65,8 Kilo (-39,88 Prozent; Startgewicht: 165 Kilo) und landete auf Platz zwei. Der 23-jährige Christos aus Ketsch nahm 70,8 Kilo (-39,46 Prozent; Startgewicht: 179,4 Kilo) und folgte auf Rang drei.

Auf den ersten Blick sind die Abnehmerfolge der Teilnehmer beeindruckend. Sie hungern sich den Speck weg, sporteln ihrem Idealgewicht entgegen und stellen sich dem Klassen-Wiegen – und das alles von Kameras begleitet. Sport, gesunde Ernährung und reichlich Willen – so die Botschaft – reichen aus, um aus schwer adipösen Menschen schlanke, gesündere Fitness-Workaholics zu machen.

Doch wie lange werden sich Saki und seine Mitstreiter über ihre Erfolge freuen können? Denn eine radikale Abspeckkur birgt immer auch gesundheitliche Gefahren – und das Risiko, dass nach der Show die Kilos schneller wieder drauf sind als gewünscht.

Wir haben mit der Ernährungsexpertin Aline Emanuel von der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement über die Vor- und Nachteile der Wunder-Abspeck-Show gesprochen.

Frau Emanuel, die Abnehmerfolge sind bei "The Biggest Loser" ziemlich beeindruckend: In nur wenigen Wochen verlieren die Kandidaten extrem an Gewicht. Inwiefern ist eine solche Gewichtsreduktion gut?

Eine Gewichtsreduktion bei einer bestehenden Adipositas, also einer krankhaften Fettleibigkeit, ist sinnvoll. Damit minimieren sie ihr Risiko für Folge- und Begleiterkrankungen. Doch die kurze Zeit, in der die Kandidaten abspecken, ist kritisch zu sehen.

Warum?

Es gibt eine grobe Faustregel: Pro Woche sollte nicht mehr als ein halbes Kilo an Gewicht reduziert werden, denn das ist die Menge, die der Körper an Fett verlieren kann, ohne zeitgleich viel Muskelmasse abzubauen. Im Monat sind das etwa zwei Kilo, im Jahr zehn bis 15 Kilogramm. Bei einer schnelleren Gewichtsreduktion wird neben der Fettmasse auch viel Muskelmasse abgebaut und Wasser ausgeschieden. Diese Masse wird im weiteren Verlauf wieder aufgebaut und führt zum bekannten Jojo-Effekt.

Verhält sich das bei schwer adipösen Menschen genauso wie bei Menschen, die leicht übergewichtig sind?

Adipöse Menschen müssen anders betrachtet werden als Menschen mit leichtem Übergewicht. Für sie gelten andere Berechnungsgrundlagen bezüglich des Grundumsatzes. Adipöse verlieren in der Anfangsphase prozentual gesehen viel mehr Gewicht. Die Empfehlungen von zwei Kilogramm pro Monat gelten für Normal- und leicht Übergewichtige, nicht aber für Adipöse.

Die Kandidaten treiben während der Aufzeichnung der Sendung viel Sport. Wie gefährlich ist dieses extreme Training für stark Übergewichtige? Wie wirkt sich das etwa auf Herz und Gelenke aus?

Das kann extrem gefährlich sein. Nicht umsonst werden die Kandidaten dort ärztlich betreut. Gefährlich ist es, da das Herzinfarktrisiko der Adipösen stark ansteigt. Durch das starke Kaloriendefizit kann auch der Herzmuskel abbauen. Bei einer starken Gewichtsreduktion wird die gesamte Muskulatur in Mitleidenschaft gezogen. Es werden auch Giftstoffe aus dem Fettgewebe freigesetzt. Diese wiederum reichern sich im Blut an und können zu Organschäden führen. Und auch die Gelenke können einen Schaden davon tragen. Ein solches Sportprogramm kann später zu Arthrosen oder Knorpelschäden führen. Im Zeitraum der Intervention fällt das zunächst vielleicht nicht auf. Die Langzeitfolgen sind hier schwer abschätzbar.

Wer abnehmen will, sollte es den Kandidaten also nicht nachmachen?

Ohne dauerhafte ärztliche und therapeutische Betreuung ist das auf keinen Fall zum Nachmachen geeignet. Wer adipös ist und abnehmen will, sollte sich in ärztliche Betreuung begeben. Eine Adipositastherapie wird von Fachkräften wie Physiotherapeuten, Diätassistenten und Psychologen in speziellen Einrichtungen leitlinienkonform durchgeführt. Nur durch eine solche interdisziplinäre Betreuung können adipöse Personen dauerhaft ihr Verhalten ändern und einer erneuten Gewichtszunahme entgegenwirken.

Klar abzugrenzen ist an dieser Stelle eine Gewichtsreduktion von zwei bis fünf Kilogramm bei normal- oder übergewichtigen Personen. Diese können durchaus durch ein intensives Sportprogramm und eine Ernährungsumstellung selbstständig Gewicht verlieren. Die Studienlage zeigt aber eindeutig, dass ein Gewichtsreduktionsprogramm zum Beispiel mit individuellem Trainingsplan im Fitnessstudio und Ernährungsberatung, welches von Fachpersonal betreut wird, effektiver als eine selbstständige Durchführung zu Hause ist.

Die Kandidaten werden im Wettbewerb öffentlich gewogen. Es gibt Experten, die raten vom täglichen Wiegen ab. Wie sehen Sie das? Schafft das mehr Frust als Lust?

Diesbezüglich gehen die Meinungen extrem auseinander. Einige Spezialisten raten vom täglichen Wiegen ab, weil es Schwankungen im Wasserhaushalt gibt. Man weiß aber auch aus einer großangelegten Studie aus den USA, dass Probanden, die sich regelmäßig wogen, ihr reduziertes Gewicht dauerhaft besser stabilisieren konnten.

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Kandidaten, wenn sie nicht mehr von den Ärzten und Trainern der Show betreut werden, wieder zunehmen?

Dazu gibt es eine Studie des US-amerikanischen National Institutes of Health. Es zeigte sich, dass ehemalige Teilnehmer nach sechs Jahren einen Großteil ihrer verlorenen Kilos wieder zurück hatten – fast 80 bis 90 Prozent haben wieder zugenommen. Durchschnittlich hatten sie 58 Kilo verloren und nach sechs Jahren im Schnitt wieder 41 Kilo zugenommen.

Woran liegt das?

Hauptsächlich weil deren Grundumsatz unter anderem durch den Muskelmassenverlust stark gesunken war. Der Grundumsatz ist die Energie, die der Körper in Ruhe benötigt, um lebenswichtige Funktionen aufrechtzuerhalten. Darm, Herz, Lunge verbrauchen alle Energie, um ihren Aufgaben nachgehen zu können.

Der Grundumsatz sinkt, wenn man kalorischen Restriktionen nachgeht. Der Stoffwechsel fährt runter. Viele Experten raten daher von Diäten, die auf kalorische Defizite abzielen, ab...

Richtig. Sinnvoller ist es daher, auf die Makronährstoffzufuhr zu achten. Das heißt, man sollte auf eine gute Verteilung der Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette achten. Heute wissen wir, dass Kalorien unterschiedlich bewertet werden müssen. Die Energie etwa aus Kohlehydraten wird anders verstoffwechselt als die aus Proteinen. Deshalb heißt es: weg vom typischen Kalorienzählen.

Was halten Sie persönlich von solchen Abnehm-Shows?

Prinzipiell finde ich die Shows gut, weil sie das Bewusstsein für die Problematik Übergewicht in den Vordergrund rücken. 60 Prozent der Deutschen sind übergewichtig. Wenn der eine oder andere also einen Anstoß zum Abnehmen bekommt, ist das gut. Nur: Es führt eben auch schnell zu Fehlannahmen und Fehlern. Wer also schwer übergewichtig ist, sollte sich immer in die Hände von Ärzten und Fachpersonal begeben und nicht auf eigene Faust ein solches Programm starten.

Info: Aline Emanuel von der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement ist Expertin für die Bereiche Ernährung, Zielgruppen und Gewichtsreduktion.

(fab)

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