Eine Blutvergiftung, im Fachjargon Sepsis genannt, zählt zu den häufigsten Todesursachen in der westlichen Welt. Schon eine kleine Wunde kann am Ende zum Auslöser werden. Deshalb werden die Blutvergiftungen oft zu spät erkannt – und können nicht mehr rechtzeitig behandelt werden. Ein Überblick.

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Es kann verhältnismäßig harmlos anfangen – und dann zur lebensgefährlichen Bedrohung werden. Krankheiten oder Wunden können zu Blutvergiftungen führen. So war es nun den Fall bei Filmemacher Til Schweiger. Und damit ist er nicht allein.

"Ich bekomme seit vierzehn Tagen Antibiotika im Krankenhaus, weil ich seit August eine Wunde am Bein habe. Ich hatte mir damals das Schienbein angeschlagen und da sind dann Keime reingekommen. Jetzt habe ich ein 'offenes Bein', so nennt man das", erzählte Schweiger der "Bild"-Zeitung. "Leider wurde es immer schlimmer", fügt er hinzu. So habe er etwa Fieber bekommen.

Täglich sterben rund 190 Menschen in Deutschland an Sepsis

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtet, dass es weltweit rund 50 Millionen Fälle pro Jahr gibt und elf Millionen sepsisbedingte Todesfälle. Damit macht Sepsis fast 20 Prozent aller weltweiten Todesfälle aus.

In Deutschland erkranken laut aktuellen Schätzungen (Stand: 12. Januar 2024) jährlich mehr als eine halbe Million Menschen an einer Sepsis, davon sterben mehr als 140.000 Menschen an oder mit einer Sepsis, informiert die Sepsis-Stifung. "Das bedeutet, dass etwa 190 Menschen in Deutschland täglich unnötig versterben und 370 Betroffene schwerwiegende Langzeitfolgen erleiden."

"Die Sepsis ist inzwischen eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland. Dennoch wird sie immer noch unterschätzt und daher oft zu spät erkannt und nicht rechtzeitig behandelt." So drastisch beschreibt der Ärztliche Kreis- und Bezirksverband München (ÄKBV) die Blutvergiftung. Jede Stunde verzögerter antibiotischer Therapie erhöht die Sterblichkeit um sieben bis zehn Prozent, schreibt der ÄKBV.

Was ist eine Sepsis?

Eine Sepsis ist allgemein auch als Blutvergiftung bekannt. Sie tritt auf, wenn das körpereigene Immunsystem eine extreme Reaktion auf eine Infektion zeigt. Krankheitserreger gelangen durch Wunden oder Entzündungen im Körper in den Blutkreislauf. So können Erkrankungen wie Harnwegsinfekte, Lungen- oder Hirnhautentzündungen oder ein entzündeter Zahn zu einer Sepsis führen. Aber auch Bakterien, Einzeller, Viren oder Pilze können eine Blutvergiftung auslösen.

Normalerweise kann der Körper Infektionen selbst unter Kontrolle halten. Passiert das jedoch nicht, vermehren sich die Erreger und gelangen mit den produzierten Giftstoffen in den Blutkreislauf. Der Körper versucht daraufhin, die Erreger zu bekämpfen. Abwehrzellen schütten Stoffe aus, die beispielsweise Fieber bewirken können.

Wie eine Blutvergiftung im Körper entsteht und was die Folgen sind.
© dpa/dpa-infografik GmbH

Das kann jedoch andere Botenstoffe im Körper aktivieren, die dann eine Kettenreaktion hervorrufen. Dieses Phänomen nennt sich Systemic Inflammatory Response Syndrome, kurz SIRS. Wenn eine lokale Infektion das SIRS auslöst, sprechen Ärzte von einer Blutvergiftung.

Von einem septischen Schock spricht man, wenn zur Sepsis noch Organstörungen hinzukommen. Bei einem schweren septischen Schock muss zusätzlich eine Hypotonie, also ein dauerhaft extrem niedriger Blutdruck, eintreten.

Warum ist eine Sepsis so gefährlich?

Das SIRS ist sehr schwer zu stoppen und vor allem bei der aufgetretenen Infektion wenig hilfreich. Sie ist meistens so heftig, dass Stoffwechselvorgänge aus dem Gleichgewicht geraten können.

Die Abwehrreaktion des Körpers kann umliegendes Gewebe schädigen oder die Blutzirkulation des Gewebes stören. Die Abwehrzellen setzen bei einer Sepsis Stoffe zur Erreger-Bekämpfung frei. Diese schädigen jedoch auch die Wände von Blutgefäßen. So kann Flüssigkeit aus dem Blut ins Gewebe gelangen. Als Konsequenz werden auch Organe schlechter durchblutet, da der Blutdruck sinkt. Bleibe eine Sepsis unbehandelt, ende sie immer tödlich, warnt die Sepsis-Stiftung.

Wer ist besonders gefährdet?

Eine Sepsis könne jeden treffen, schreibt die WHO. Jeder, der von einer Infektion, einer schweren Verletzung oder einer schwerwiegenden nicht übertragbaren Krankheit betroffen ist, könne eine Sepsis entwickeln. Aber besonders diese Personengruppen sind gefährdet:

  • ältere Menschen
  • schwangere oder kürzlich schwangere Frauen
  • Neugeborene
  • hospitalisierte Patienten
  • Patienten auf Intensivstationen
  • Menschen mit geschwächtem Immunsystem (zum Beispiel HIV, Krebs)
  • Menschen mit chronischen Erkrankungen (zum Beispiel Nierenerkrankungen, Zirrhose)

Sepsis: Welche Symptome gibt es?

Am Anfang ist eine Blutvergiftung nicht leicht zu erkennen, denn die Symptome können auch bei anderen Erkrankungen auftreten. Genau das macht eine Sepsis besonders gefährlich. Diese Symptome können auftreten:

  • Ein nie gekanntes Krankheitsgefühl
  • Verwirrtheit, Desorientiertheit
  • Kurzatmigkeit, schnelle Atmung
  • Schneller Puls, Herzrasen
  • Fieber, Schüttelfrost
  • Feuchte Haus, Schwitzen, Schwäche
  • Extreme Schmerzen, starkes Unwohlsein
  • Körpertemperatur unter 36 Grad

Bei diesen drei Anzeichen ist eine Sepsis hoch wahrscheinlich:

  • Verwirrtheit, Wesensänderung, Apathie
  • Mehr als 20 Atemzüge pro Minute
  • Oberer Blutdruckwert ist kleiner als 100

Hinzu kommen Symptome der Ursprungsinfektion. Wenn Sie also eine Blutvergiftung aufgrund einer Hirnhautentzündung haben, kommen zu den oben genannten Symptomen in diesem Fall noch ein steifer Nacken und starke Kopfschmerzen hinzu.

"Bei einer Sepsis handelt es sich um einen medizinischen Notfall, der umgehend ärztlich behandelt werden muss."

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)

Wer sich unsicher ist, ob es sich um eine Blutvergiftung handeln könnte, kann auf der Seite www.sepsischeck.de seine Symptome eintragen und überprüfen lassen. Besteht der Verdacht auf eine Sepsis, ist schnelles Handeln angesagt: "Bei einer Sepsis handelt es sich um einen medizinischen Notfall, der umgehend ärztlich behandelt werden muss", informiert etwa infektionsschutz.de, eine Website der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

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Wie wird eine Blutvergiftung festgestellt und behandelt?

Um eine Sepsis feststellen zu können, wird dem Patienten Blut abgenommen. Im Labor können dann Entzündungsmarker im Blut gefunden werden. Auch die Zahl der roten Blutkörperchen sinkt typischerweise. Gerinnungsstörungen können ebenfalls auftreten.

Um eine Blutvergiftung zu heilen, muss vor allem der Infektionsherd behandelt werden. Das geschieht mit einer Antibiotikatherapie. Wie in vielen Fällen gilt auch bei einer Sepsis: Je früher sie behandelt wird, desto höher sind die Heilungschancen.

Wenn der Infektionsherd sehr groß ist, können behandelnde Ärzte auch versuchen, diesen zu entfernen. Das passiert beispielsweise bei einer entzündeten Gallenblase.

Langzeitfolgen nach einer überstandenen Sepsis

Wer eine Sepsis überstanden hat, ist damit nicht immer aus dem Schneider. Oft müssen Betroffene mit erheblichen Einschränkungen leben, die als "Post-Sepsis-Syndrom" bezeichnet werden. Rund 75 Prozent der Menschen, die eine Sepsis überleben, leiden danach darunter. Laut der Stiftung Sepsis kann es zu folgenden Spätfolgen kommen:

  • Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen
  • Abgeschlagenheit
  • Chronische Müdigkeit, Fatigue Syndrom
  • Beschwerden von Muskeln und Nerven, Muskelschwäche
  • Schlafstörungen, Albträume
  • Angst, posttraumatische Belastungsstörungen
  • Depressionen
  • Chronische Schmerzen
  • Herz-Kreislauf-Störungen
  • Atemstörungen, Luftnot bei Belastungen
  • Nieren- und Leberfunktionsstörungen
  • Hormon- und Stoffwechselstörungen
  • Blutarmut
  • Ernährungsprobleme, Gewichtsverlust
  • Probleme, den Alltag zu bewältigen

Wie kann ich mich vor einer Sepsis schützen?

Um sich vor einer Sepsis zu schützen, ist es wichtig, Infektionen zu vermeiden. Ein ganz entscheidender Punkt ist deshalb, Wunden zu desinfizieren und beobachten. Selbst die kleinste Infektion sollte ernst genommen werden. Das gilt auch für kleine, unscheinbare Wunden.

Auch die Hygiene allgemein spielt eine Rolle, wie etwa Hände waschen. Zudem wird empfohlen, chronische Krankheiten sachgerecht zu behandeln und empfohlene Impfungen wahrzunehmen. Bei Bedarf sollte man außerdem eine Atemschutzmaske tragen.

Verwendete Quellen

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  • Dies ist ein Artikel aus unserem Archiv, den wir aus aktuellem Anlass überarbeitet haben.
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