• Die aktuellen Geschehnisse in der Ukraine lassen die Angst vor einem Atomkrieg wachsen.
  • Als Schutz vor radioaktiver Strahlung schlucken daher viele Menschen vorbeugend Jodpräparate.
  • So sinnvoll ist die Einnahme - und das müssen Sie dringend beachten.

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Der Einmarsch Russlands in die Ukraine und die Drohungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin haben viele Menschen in Alarmbereitschaft versetzt - die Angst vor einem Atomkrieg ist zurück. Infolgedessen ist etwa in Polen die Nachfrage nach Jodtabletten und hochkonzentrierten Jodlösungen gestiegen, wie die "Deutsche Apotheker Zeitung" meldet. Solche Präparate kamen bereits bei der Nuklearkatastrophe 1986 zum Einsatz.

Tatsächlich kann die Einnahme von Jod im Falle eines Atomunglücks Sinn machen, wie das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) schreibt: "Jodtabletten verhindern das Einlagern von radioaktivem Jod in der Schilddrüse. Bei rechtzeitiger Einnahme von Jodtabletten ist die Schilddrüse bereits mit nicht-radioaktivem Jod gesättigt, bevor radioaktives Jod durch Einatmen aufgenommen werden kann." Das Risiko, an einer Schilddrüsenunterfunktion oder Krebs zu erkranken, werde so gemindert.

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BfS warnt vor Selbstmedikation mit Jodtabletten

Entscheidend für die Wirksamkeit ist eine zeitnahe Einnahme einer 100- bis 1.000-mal höheren Menge Jod als die empfohlene Tagesdosis. Bei der Überdosierung ist allerdings Vorsicht geboten: Ab 45 Jahren "ist das Risiko einer sogenannten Schilddrüsenautonomie höher, bei der Patienten durch die Überfunktion Herzrasen bekommen und im schlimmsten Fall an einem Herztod sterben würden", erklärt Wolfgang Schäfer, Chefarzt für Nuklearmedizin in den Kliniken Maria Hilf in Mönchengladbach gegenüber "RP Online".

Laut Strahlenschutzkommission macht das Schlucken von Jodtabletten bei Personen fortgeschrittenen Alters auch keinen Sinn, da das Risiko, nach einer Strahlenexposition an Schilddrüsenkrebs zu erkranken "deutlich geringer" sei als bei Kindern und Jugendlichen respektive Schwangeren und Stillenden.

Von einer Selbstmedikation rät das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) "dringend ab". Sie berge "erhebliche gesundheitliche Risiken" und habe hierzulande "aktuell keinerlei Nutzen".

Keine Universallösung

Joachim Feldkamp, Chefarzt der Klinik für Endokrinologie im Klinikum Bielefeld, betont im Gespräch mit "RP Online" zudem den Unterschied zwischen einem Reaktorunfall und einem Nuklearangriff. Denn Atomwaffen enthielten nicht nur radioaktives Jod, sondern noch weitere schädliche Elemente wie Cäsium, Plutonium oder Strontium. "Vor den Folgen des Kontakts mit diesen hochgiftigen Stoffen – wie Strahlungsschäden oder später auftretenden Krebserkrankungen und Leukämie - schützt die Einnahme von Jodtabletten nicht", sagt er.

Verwendete Quellen:

  • DAZ Online: Nachfrage nach Iodtabletten und Lugolsche Lösung steigt
  • Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz: Aktueller Hinweis zur Einnahme von Jodtabletten in Zusammenhang mit den Ereignissen in der Ukraine
  • RP Online: Wann schützen Jodtabletten vor radioaktiver Strahlung?
  • Strahlenschutzkommission: Verwendung von Jodtabletten zur Jodblockade der Schilddrüse bei einem Notfall mit Freisetzung von radioaktivem Jod
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