• Der Klimawandel lässt den Meeresspiegel stetig steigen, was Überschwemmungen zur Folge hat.
  • Überschwemmungen werden Ursachen zahlreicher Klimaflüchtlinge sein.
  • Hauptsächlich Industrieländer tragen Schuld an der sich anbahnenden Katastrophe.

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Nach einer anstrengenden Arbeitswoche noch schnell in die Badewanne hüpfen und sich danach der Lieblingsserie erfreuen. Nun stellen Sie sich vor, dass an diesem Abend alles anders ist. Man hockt im lauwarmen Wasser und will den Hahn zudrehen, aber der Griff klemmt.

Immer mehr Wasser strömt unkontrolliert aus der Leitung und Sie können nicht einmal die Badewanne verlassen. Unfähig etwas zu tun, bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als darauf zu warten, dass Sie untergehen. Was wie eine Szene aus einem mittelmäßigen Horrorfilm klingt, ist schon längst Realität. 

Der Meeresspiegel steigt und steigt

Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), in Deutschland besser als der Weltklimarat bekannt, warnt vor einem Anstieg des Meeresspiegels von durchschnittlich 60 bis 100 Zentimetern bis zum Jahr 2100, wenn keine Klimaschutzmaßnahmen ergriffen werden. Selbst im Falle globaler Bemühungen, den Trend zu stoppen, ist dennoch mit einem Anstieg von rund 30 bis 60 Zentimetern im Schnitt zu rechnen.

Zum Vergleich: In den letzten 100 Jahren ist der Meeresspiegel an deutschen Küsten "nur" um 15 bis 20 Zentimeter angestiegen. Schuld daran ist vor allem die thermale Expansion des Meerwassers durch die Erwärmung der Ozeane und die Zunahme des Wasservolumens durch das Abschmelzen von Eis auf dem Land. So weit, so schlecht.

Wohl die meisten von uns haben diese Hiobsbotschaften gehört und dennoch sind sie nicht wirklich greifbar. Was bedeutet es überhaupt, wenn der Meeresspiegel ansteigt? Land geht verloren, das ist klar – aber wo und wie viel? 

Climate Central bezeichnet sich selbst als gemeinnützige Nachrichtenorganisation, die Klimaforschung analysiert und darüber berichtet. Das Team besteht aus Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen und Journalisten und Journalistinnen. Um die Problematik des Meeresspiegelanstiegs zu visualisieren, entwickelte Climate Central eine interaktive Karte basierend auf 51 Millionen Datensätzen.

Sie markiert Regionen rot, die in einigen Jahr(zehnten) bereits unter Wasser liegen könnten. Diejenigen, die die interaktive Karte nutzen, können nicht nur auf die Daten der ganzen Welt zugreifen, sondern auch eine Jahreszahl von 2030 bis 2150 einstellen. 

Städte unter Wasser und Klimaflüchtlinge

Die Situation heute zeichnet bereits ein düsteres Bild. Weltweit hungern laut einem Bericht der Vereinten Nationen 820 Millionen Menschen, bereits 2017 waren es knapp 40 Millionen Menschen, deren Not eindeutig alleine auf Klimaveränderungen zurückzuführen waren. Bereits bestehende Spannungen zwischen Bevölkerungsgruppen und Ländern werden durch den Klimawandel noch verschärft und zwingen Menschen ihre Heimat zu verlassen.

Regelmäßige und häufiger werdende Überschwemmungen werden bis 2050 die Heimat von 300 Millionen Menschen betreffen, bis 2100 wäre die Wohnfläche von heute rund 200 Millionen Menschen ganz vom Meer verschluckt. Besonders hart trifft es dabei den asiatischen Raum, allen voran Bangladesch, das allein für 160 Millionen Menschen eine Heimat bietet.  

In Amerika wappnet man sich bereits gegen mögliche Folgen des Klimawandels. Neben San Francisco, Charleston oder New York bleibt auch das unter dem Meeresspiegel liegende New Orleans in Louisiana trotz bereits errichteter Deiche mit einer 89-prozentigen Wahrscheinlichkeit von Überschwemmungen von mindestens 1,80 Meter nicht verschont. 

Doch betroffene Orte befinden sich nicht nur tausende Kilometer von Europa entfernt, sondern auch direkt vor unserer Haustür. Von den EU-Mitgliedsstaaten sind die Niederlande, insbesondere Amsterdam oder Rotterdam, am stärksten betroffen.

In Deutschland werden die Auswirkungen als erstes in den Großstädten Bremen oder Hamburg zu spüren sein. Falls Sie sich selbst ein genaueres Bild von den Auswirkungen machen möchten, kann ich Ihnen nur empfehlen die interaktive Karte von Climate Central einmal selbst auszuprobieren. 

Die Verantwortung der Industrieländer

Während sich für den Klimawandel als solches nicht der eine schuldige Staat findet, so tragen gerade augenscheinlich die Industrieländer den größten Anteil daran.

Die Bundeszentrale für politische Bildung schreibt in diesem Zusammenhang: "Eine Person, die aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels ihre Heimat verlässt und in einem Land des globalen Nordens Asyl beantragt, flieht vor den Akteuren jener Staaten, die es gleichzeitig um Schutz ersucht: Die Industriestaaten."

Die Politik der kommenden Jahrzehnte wird sich fundamentalen Fragen stellen müssen. Nicht nur wird es darum gehen besonders stark betroffene Regionen effektiver zu schützen und präventive Maßnahmen zu ergreifen, es wird um die Behauptung ethischer Grundwerte gehen, deren Standhaftigkeit sich in der Krise beweisen muss. 

Und bei allen dystopischen Zukunftsbildern in diesem Artikel darf nicht vergessen werden: Es sind Szenarios, die, wenn sie auch nicht verhindert, immerhin abgeschwächt werden können. Aber das entscheidet sich nicht morgen, sondern heute. 

Verwendete Quellen:

  • ipcc.ch: Sea Level Rise and Implications for Low-Lying Islands, Coasts and Communities
  • climatecentral.org
  • un.org: Over 820 million people suffering from hunger; new UN report reveals stubborn realities of ‘immense’ global challenge
  • coastal.climatecentral.org: Land projected to be below annual flood level in 2050
  • bpb.de: Rechtliche Schutzmöglichkeiten für "Klimaflüchtlinge"
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