Für viele Menschen gehören Delfine zu den absoluten Sympathieträgern im Tierreich. Wenig bekannt ist, dass die Tiere auch für den Kriegseinsatz trainiert werden. Wie geht das zusammen?

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Delfine kennen wir meist aus TV-Serien wie "Flipper". Sie sind intelligent, schnell, gehorsam und ihre Fähigkeiten unter Wasser sind enorm. Doch taugt der süße und nette Meeresbewohner auch als Kriegswaffe?

"Unter dem Oberbegriff Kampfdelfine versteht man Große Tümmler. Da kann man also überspitzt sagen, Flipper wird zum Killer gemacht", erklärt Ulrich Karlowski von der Deutschen Stiftung Meeresschutz der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Setzt Putins Armee vor der Krim auf Kampfdelfine?

Aktuell soll Russland Kampfdelfine im Schwarzen Meer im Einsatz haben. Die britischen Geheimdienste berichteten kürzlich, damit soll die Marinebasis auf der annektierten ukrainischen Halbinsel Krim geschützt werden. Aufnahmen des Hafens von Sewastopol, dem Stützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte, zeigten eine beinahe Verdopplung der schwimmenden Gehege, in denen höchstwahrscheinlich Große Tümmler gehalten werden, um feindliche Taucher abzuwehren, teilte das britische Verteidigungsministerium Ende Juni mit.

Beweise für den Kampfeinsatz von Delfinen dort fehlten aber, sagt Biologe Karlowski und erklärt: "Zunächst sind erst mal mehr Netzkäfige da, wo Tiere drin sein könnten. Nachweise, dass Russland über diese biologischen militärischen Systeme verfügt, gibt es aber nicht."

Wettrüsten mit Delfinen im Kalten Krieg

Unzweifelhaft ist dagegen, dass sich sowohl die USA als auch die ehemalige Sowjetunion viele Jahrzehnte lang bemüht haben, Delfine zu militärischen Zwecken zu trainieren. "Es gab eine Art Wettrüsten im Kalten Krieg. Die Amerikaner sollen dabei bis zu 140, die Russen etwa 120 Delfine besessen haben", sagt Karlowski.

"Delfine orientieren sich hauptsächlich akustisch. Sie sehen quasi mit ihren Ohren und haben dadurch überragende Ortungsfähigkeiten unter Wasser", erklärt der Experte. Das mache sich der Mensch im Krieg zunutze. Zum Einsatz kamen die intelligenten Meeressäuger nach Worten des Biologen, um Patrouillendienste zu leisten und feindliche Kampftaucher oder Seeminen aufzuspüren.

"Selbst wenn es trüb oder Nacht ist und die Sicht schlecht, sind sie mit ihren Fähigkeiten allen technischen Geräten, die der Mensch erfunden hat, weit überlegen", fasst Karlowski zusammen. Während ihrer Patrouillen könnten die Tiere aber auch mit an den Flossen angebrachten Kameras Live-Bilder liefern.

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Gerüchte und Mythen um militärischen Einsatz

Um Delfine im Kampfeinsatz gebe es allerdings auch viele Mythen und Legenden. "Die Geschichten, dass Delfine feindliche Kampftaucher angreifen und töten oder auch Haftminen an feindlichen Booten anbringen können, sind für mich eher Gerüchte", sagt Karlowski über die nach seinen Worten "Soldaten aus dem Meer".

Die tatsächlich bekannten Kriegseinsätze der Großen Tümmler sind überschaubar. Die US-Navy habe einige Kampfdelfine etwa im Vietnamkrieg und Jahre später 1991 im Persischen Golf während des zweiten Golfkriegs eingesetzt. 2012 hätten Delfine einer amerikanischen Spezialeinheit vor Montenegro bei der Minenräumung geholfen, sagt Karlowski. Grundsätzlich sei aber wenig über die Einsätze bekannt. "Die Programme standen und stehen unter strengster Geheimhaltung."

Delfine sind trainierbar wie Hunde

Bekannt ist, dass Delfine lernen können, auf menschliche Befehle wie Signaltöne oder Handzeichen zu reagieren. Doch der militärische Einsatz der Kampfdelfine ist mit hohem Aufwand verbunden. "Wenn sie gute Trainer haben, braucht es ein paar Jahre, damit Delfine zuverlässig Aufgaben ausführen", sagt der Verhaltensbiologe und Experte für Delfinhaltung, Lorenzo von Fersen. Grundsätzlich seien Delfine aber gut trainierbar und zuverlässig.

Die Ausbildung sei mit der von Hunden vergleichbar. "So wie man einen Schäferhund trainiert, um als Wachhund zu funktionieren, so kann man auch Delfine trainieren", sagt Verhaltensbiologe von Fersen. Große Tümmler könnten sich als nur eine von wenigen Tierarten Fähigkeiten durch Anschauen merken und reproduzieren.

Im Einsatz wartet der Delfin auf ein Signal vom Trainer und erhält für jede richtig ausgeführte Übung eine Streicheleinheit oder auch einen kleinen Fischhappen. Richtig trainiert, könnten die Tiere ihre Trainer dann auf feindliche Taucher oder aufgespürte Minen aufmerksam machen, erklärt Karlowski, der bei Delfinen von "hochgradig lernfähigen Tieren" spricht.

Ethische Kontroversen um den Delfineinsatz

In den USA soll es laut Delfin-Experte von Fersen noch rund 70 der Meeressäuger bei der US-Navy in San Diego geben. Der Verhaltensbiologe weiß: "Sie werden nicht mehr für militärische Zwecke ausgebildet, sondern hauptsächlich für Forschung."

Delfine für militärische Zwecke einzusetzen, findet er nicht mehr zeitgemäß. "Früher waren die technischen Hilfsmittel der Marine begrenzt", sagt von Fersen. Daher zweifelt der Experte auch an den Berichten über Delfine im Einsatz der Russen.

Karlowski von der Deutschen Stiftung Meeresschutz geht mit dem Einsatz von Kampfdelfinen hart ins Gericht. Sie würden "für menschliche Missetaten missbraucht". Der Biologe ist verärgert: "Wir nutzen die dem Menschen freundlich gesinnten Tiere für unsere aggressiven Zwecke aus."

Tiere im militärischen Umfeld

Nicht nur Delfine traten bereits im Krieg in Erscheinung. Auch andere Tiere setzte der Mensch für seine Zwecke ein. Eine Auswahl:

Seelöwen: Die Säugetiere sollen Terroristen, Spione oder feindliche Marinetaucher unter Wasser aufspüren und Alarm schlagen. Zudem werden sie bei der Minensuche eingesetzt.

Hunde: Die Vierbeiner erschnüffeln mit ihrem feinen Geruchssinn den explosiven Duft von Sprengstoffen und anderen Chemikalien in Landminen. Sie werden intensiv darauf trainiert, sowohl Metall- als auch Plastikminen aufzuspüren.

Ratten: Auch sie werden in verminten Gebieten eingesetzt. Eine Gruppe Ratten ist nach Einschätzung des Genfer Internationalen Zentrums für Humanitäre Minenräumung genauso produktiv wie ein Rudel von Spürhunden, spart allerdings erheblich an Kosten.

Bienen: Die Insekten sollen bei der Minensuche effektiver als teure Suchgeräte und sensible Schnüffelhunde sein. Zehntausende Bienen können eine große Fläche in kurzer Zeit absuchen, ohne versehentlich Minen auszulösen. Die Bienen werden darauf trainiert, den Geruch des Explosionsmaterials mit Nahrung zu verbinden.

Pferde: Sie kommen für den militärischen Transport zum Einsatz. Die Gebirgsjäger der Bundeswehr etwa manövrieren mit ihren Maultieren und Haflingern durch entlegenste Passagen. Maultiere können bis zu 140 Kilogramm an Waffen und Ausrüstung tragen. (dpa/mbo)

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