Es wird noch immer diskutiert, wann die ersten Menschen nach Amerika gekommen sind. Zwei neue Studien legen nun nahe, dass der amerikanische Kontinent bereits vor mehr als 30.000 Jahren besiedelt worden ist. Für viele Experten dürften diese Erkenntnisse nur sehr schwer zu akzeptieren sein.

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Menschen könnten den amerikanischen Kontinent neuen Erkenntnissen zufolge bereits vor mehr als 30.000 Jahren besiedelt haben - und damit wesentlich früher als landläufig angenommen. Zu diesem Schluss kommen zwei Studien, die im Fachblatt "Nature" erschienen sind.

Die Einschätzung basiert sowohl auf der Untersuchung einer Höhle in Mexiko als auch auf Daten von Dutzenden über den Kontinent verstreuten Ausgrabungsstätten. Ein deutscher Fachmann hält die Ergebnisse für belastbar.

Region könnte bereits vor über 30.000 Jahren bewohnt gewesen sein

Über die ersten Menschen auf amerikanischem Boden wird unter Wissenschaftlern teils leidenschaftlich diskutiert. Lange Zeit war angenommen worden, dass die ersten Siedler vor rund 13.000 Jahren über die Bering-Straße im äußersten Norden nach Amerika kamen, damals gab es zwischen Sibirien und Alaska eine Landbrücke.

Mittlerweile gilt es allerdings als widerlegt, dass diese sogenannte Clovis-Kultur am Anfang der Besiedelung Amerikas stand. Mehrere Studien wiesen frühere menschliche Spuren auf dem Kontinent nach.

Ciprian Ardelean von der englischen Uni Exeter und sein Team legten nun neue Daten aus der Chiquihuite-Höhle in Zentralmexiko vor. Die Höhle, die auf 2.740 Metern Höhe liegt, besteht aus zwei verbundenen Kammern, die beide mehr als 50 Meter breit und 15 Meter hoch sind.

Insgesamt gruben die Forscher 1.930 Steinwerkzeuge aus, darunter Klingen und Spitzen. Die Forscher bestimmten mit Hilfe der Radiocarbonmethode das Alter von Tierknochen, Holzkohle und Sedimenten. Demnach könnte die Region bereits vor 31.000 bis 33.000 Jahren bewohnt gewesen sein.

Daten werden genaustens unter die Lupe genommen

DNA-Analysen weisen auf Überreste von Fledermäusen, Bären aber auch Ziegen und Schafen in der Höhle hin. Erbgut von Menschen konnten die Forscher um Ardelean allerdings nicht finden.

"Das heißt aber nicht, dass es nicht Menschen in der Chiquihuite-Höhle gab", schreiben die Wissenschaftler. Die Wahrscheinlichkeit, uralte menschliche DNA in Höhlensedimenten nachweisen zu können, sei gering.

Für die meisten Experten auf diesem Gebiet dürfte die von Ardelean und Kollegen postulierte frühe Besiedlung Amerikas nur sehr schwer zu akzeptieren sein, schreibt Ruth Gruhn, emeritierte Anthropologin der Universität Alberta (USA), in einem "Nature"-Kommentar.

"Ohne Zweifel wird diese Interpretation infrage gestellt werden." Die Daten würden auf jeden Fall genauestens unter die Lupe genommen werden. Schließlich sei bislang die These weit verbreitet gewesen, dass die Besiedlung erst vor etwa 16.000 Jahren begann.

Ausbreitung könnte zum Aussterben großer Tiergattungen geführt haben

In einer weiteren "Nature"-Studie konzentrierten sich Lorena Becerra-Valdivia und Thomas Higham von der Universität Oxford (UK) auf die Auswertung von Daten aus 42 Ausgrabungsstätten in Nordamerika und Sibirien. Ihre Auswertung ergab, dass es in Nordamerika vermutlich bereits erste Menschen vor dem sogenannten Letzteiszeitlichen Maximum gab, also vor mehr als 26.500 Jahren.

Eine Besiedlung des Kontinents in größerem Stil habe es aber erst später während einer wärmeren Periode gegeben. Die Forscher fanden Hinweise darauf, dass die Ausbreitung der Menschen zum Aussterben mehrerer großer Tiergattungen in Amerika geführt haben könnte, darunter Mammuts, Kamele und Ur-Pferde.

Angenommen wird, dass die ersten Menschen aus dem Nordosten Asiens über den Bereich der Behringstraße nach Amerika kamen. Unklar ist, wie sie sich von dort aus in Richtung Süden ausbreiteten. Denn der naheliegende Weg durch das Tiefland östlich der Rocky Mountains sei über einen langen Zeitraum von einem Eisschild versperrt gewesen, schreibt Gruhn in ihrem Kommentar.

Es sei denkbar, dass Menschen gut angepasst an das Leben am Meer waren und sich entlang der Pazifikküste nach Süden bewegten. Möglicherweise schafften es die Menschen aber auch zu einem frühen Zeitpunkt durch einen eisfreien Korridor nach Süden.

Menschen schon viel früher in Mexiko

"Es liegen nun robuste Daten vor, dass es in Mexiko schon viel früher Menschen gab als gedacht", sagt Patrick Roberts vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte, der nicht an der Studie beteiligt war.

Dass die ersten Menschen am späteren Aussterben einiger großer Tierarten schuld waren, sei zwar möglich - "es ist aber auch noch ein bisschen Spekulation", sagt Roberts. Es gebe zwar einen zeitlichen Zusammenhang, aber noch keinen Nachweis. (ff/dpa)

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