• Eine Gebäudebegrünung verbessert das Mikroklima, speichert Wasser und spart Energiekosten.
  • Mit einfachen Systemen können auch bestehende Häuser oder Werkshallen begrünt werden.

Mehr zum Thema Klimakrise

Vor vierzig Jahren schuf der Künstler Hundertwasser in Wien einen mit Bäumen und Pflanzen bewachsenen Wohnblock. Was seinerzeit noch als Ökospinnerei belächelt wurde, wird langsam zum Standard. Architekten wie Stefano Boeri bepflanzen ihre Entwürfe mit allem was wächst und erhalten für den Bau von begrünten Hochhäusern internationale Anerkennung.

Nicht nur den Bewohnern seiner waldartigen Wohntürme "Bosco Verticale" in Mailand gefällt das. In seinem Positionspapier weist der Bundesverband GebäudeGrün (BuGG) auf den hohen ökologischen, medizinischen, wirtschaftlichen und gestalterischen Nutzen der Dach- und Fassadenbegrünung hin, um die Auswirkungen des voranschreitenden Klimawandels zu vermindern.

Begrünte Gebäude kühlen und befeuchten die Luft, besonders in städtischen Hitzeinseln. Auch die Innenräume bleiben dank der Laubmasse kühl und müssen im Sommer nicht durch eine Klimaanlage erträglich gemacht werden. Im Winter wiederum spart die grüne Dämmung Heizkosten. Die vertikale Pflanzenwelt ist Lebensraum für Insekten und Tiere, die sich gerade in den an Natur armen Städten über mehr Wohnraum freuen.

Lesen Sie auch: Physikalisch wären 1,5 Grad noch drin – gesellschaftlich nicht

Bodengebunden oder an der Fassade

Neben den Dachbegrünungen wächst das Interesse für bunte Pflanzenteppiche direkt an der Fassade. Wurden laut Marktreport des BuGG 2020 in Deutschland fast 8.000.000 Quadratmeter Dachfläche neu begrünt, kommen die grünen Wände mit etwa 55.000 Quadratmetern Neuanlagen langsam in Fahrt. Die wandgebundenen Begrünungssysteme kommen zudem ohne kostbare Bodenfläche aus.

Dafür wird eine knapp zwanzig Zentimeter dicke bepflanzte Sandwichpackung, bestehend aus einem Erdsubstrat zwischen zwei Platten, vor die Außenwand gestellt. So können auch bereits bestehende Gebäude nachträglich begrünt werden. Damit der blühende Teppich nicht austrocknet, sind die Elemente mit einem einfachen Bewässerungssystem versehen.

Wird für die Bewässerung der auf dem Dach ankommende Niederschlag in einer Zisterne gesammelt, entsteht ein ökologischer Kreislauf, der kein Regenwasser verschwendet und Starkregen abpuffern kann. Der Vorteil sind die geringen Kosten und die einfache Pflege: Nur zweimal im Jahr wird die Fläche wie eine normale Grünfläche von einem Fachbetrieb gepflegt, vertrocknete Pflanzenteile abgeschnitten und die Leitungen geprüft.

Gemeinden, die ihre Städte zukunftsfähig aufstellen wollen, fördern das Konzept: In jeder fünften deutschen Stadt mit über 20.000 Einwohnern gibt es direkte Förderzuschüsse für eine Bauwerksbegrünung. Aber auch größere Flächen sind kein Problem: Knapp 50 Meter hoch etwa ist der Green City Tower in Freiburg.

Begrünte Fertigbauteile für Industriehallen

Besonders effizient ist die Begrünung von Industrie- und Werkshallen. Die großflächig versiegelten Gewerbegebiete heizen sich stark auf und sind meistens mit wenig attraktiver Architektur bebaut. Ersetzt man die herkömmlichen Trapezblechfassaden durch bepflanzte Wänden, wird ein Stück Natur zurückgegeben.

Den Landschaftsbauer Klaus Wegenast motiviert daher der Naturgedanke: "Wir wollen einen ökologischen Mehrwert schaffen, der auch für die Zukunft gilt." Mit einem von ihm entwickelten Kombi-Bauteil, bestehend aus einer Betonscheibe mit integrierten Pflanzengittern, können in Fertigbauweise schnell und günstig komplett begrünte Fassaden gebaut werden. Die Pflanzkörbe werden mit dem am Bauplatz entfernten Mutterboden befüllt und enthalten dadurch regionale Samen, die in kürzester Zeit anfangen zu keimen. Schon im ersten Jahr blühen bunte Wildblumenwiesen anstelle einer eintönigen Betonwand.

Die Statik ist auch auf kleine Gehölze ausgelegt und es entsteht neuer Lebensraum für Mäuse, Eidechsen, selbst Vögel finden Nistmöglichkeiten. Von Weitem ist die Industriehalle von der benachbarten Wiese kaum zu unterscheiden, das Gewebegebiet verschwindet wohltuend im Grünen.

Über den Experten: Klaus Wegenast ist Landschaftsbauunternehmer und entwickelt seit über 10 Jahren Fassadenbegrünungen. Aus seinen Erfahrungen mit der greencityWall entstand das Fertigbauteil grünwand.de. Er ist Mitglied beim Bundesverband GebäudeGrün und setzt auf die Begrünung von Dächern und Fassaden: "Je mehr Grün, desto besser! Eine Begrenzung in Höhe oder Volumen eines Gebäudes sehen wir nicht."

Verwendete Quellen:

  • gebaeudegruen.info: BuGG Postitionspapier "Gebäudebegrüung als Klimafolgenanpassungsmaßnahme"
  • gebaeudegruen.info: BuGG-Marktreport Gebäudegrün 2021
  • Liste mit Förderprogrammen Fassadenbegrünung (Stand 11/2021)
  • persönliches Gespräch mit Klaus Wegenast, Inhaber flordesign, Freiburg
Interessiert Sie, wie unsere Redaktion arbeitet? In unserer Rubrik "So arbeitet die Redaktion" finden Sie unter anderem Informationen dazu, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte kommen. Unsere Berichterstattung findet in Übereinstimmung mit der Journalism Trust Initiative statt.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.