• 1972 hat der Club of Rome in einer Studie auf die "Grenzen des Wachstums" hingewiesen.
  • 50 Jahre später fordern Expertinnen und Experten die Weltgemeinschaft erneut zur Umkehr auf. Sie warnen vor allem vor sozialen Spannungen als Folge von großer Ungleichheit.
  • Der Club of Rome schlägt fünf Kehrtwenden vor – und eine stärkere Besteuerung der reichsten zehn Prozent.

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Jorgen Randers hat 1972 an einem aufsehenerregenden Bericht mitgeschrieben. "Grenzen des Wachstums" hieß die Studie, die weltweit millionenfach gelesen wurde. Die Autorinnen und Autoren aus dem Club of Rome stellten darin fest: Wenn die Menschheit weiter so wächst, produziert, konsumiert, verschmutzt wie bisher, wird sie ihre eigene Lebensgrundlage zerstören.

50 Jahre später hat Randers es noch einmal getan. Noch einmal fordert der norwegische Zukunftsforscher die Weltgemeinschaft zu einer Umkehr auf. Noch einmal hat er an einem Buch mitgeschrieben: "Earth4All" heißt es: Erde für alle. Die Hoffnung hat Randers offenbar nicht aufgegeben: Zum Teil sei es bereits zu spät: Zukünftige Generationen werden aus seiner Sicht in einer weniger angenehmen Welt leben als er selbst. Doch einen Kollaps könne die Welt noch verhindern. "Ich glaube weiter verzweifelt daran."

Club of Rome stellt neuen Bericht vor

Randers und drei weitere Autoren haben den neuen Bericht des Club of Rome am Dienstag in der Bundespressekonferenz in Berlin vorgestellt. Der Club of Rome ist ein Zusammenschluss von Expertinnen und Wissenschaftlern, die Lösungen für weltweite Probleme aufzeigen wollen.

Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, verweist auf die jüngsten Notlagen in der Welt: In Pakistan droht einer Million Menschen nach Überflutungen die Obdachlosigkeit. Am Horn von Afrika herrscht die schlimmste Dürre seit 40 Jahren. "80 Prozent der Weltbevölkerung wissen, dass die Klimakrise vom Menschen verursacht wird, und sie wollen Lösungen – aber sie werden nicht gehört", sagt Rockström.

Warnung vor "sozialem Kollaps"

Im aktuellen Bericht warnt der Club of Rome nicht nur vor einer Klimakrise. Sondern auch vor sozialen Spannungen als Folge von Umweltzerstörung und ungleich verteilten Einkommen.

In Ländern, in denen die Zufriedenheit der Bevölkerung sinke, sieht Jorgen Randers die Gefahr von einem "regionalen sozialen Kollaps", also vom Zusammenbruch ganzer Gesellschaften. Randers nennt Afghanistan und Somalia als typische Beispiele. Doch er warnt vor sozialen Spannungen in allen Ländern, in denen das gefühlte Wohlergehen der Menschen zurückgeht. Auch in den USA zum Beispiel hält er das für möglich.

1972: Schlüsseljahr der Umweltbewegung

Ein kurzer Rückblick: 1972 veröffentlichte der Club of Rome seine aufsehenerregende Studie "Die Grenzen des Wachstums" – und setzte damit eine Kettenreaktion in Gang.

1972 wurde zum Schlüsseljahr der Umweltbewegung. In Paris forderten 20.000 Demonstrierende eine Fahrrad-Revolution. In Stockholm fand die erste Umweltkonferenz der Vereinten Nationen (UN) statt. Dort wurde auch das UN-Umweltprogramm UNEP ins Leben gerufen. Überall auf der Welt demonstrierten Menschen für eine sauberere Umgebung, überall auf der Welt erließen Staaten Umweltgesetze.

50 Jahre später: Klima-Indikatoren auf Rekordniveau

Ein halbes Jahrhundert später gehören Klima- und Umweltschutz erneut zu den wichtigsten politischen Themen. Doch die fortschreitende Erderwärmung ist unvermindert weitergegangen. Den Helmholtz-Forschungszentren zufolge ist der Meeresspiegel seit 1993 um etwa 94 Millimeter gestiegen. In Deutschland lagen neun der zehn bisher wärmsten gemessenen Jahre im Zeitraum nach dem Jahr 2000. Weltweit haben die Erwärmung der Meere und die Konzentration von klimaschädlichen Gasen in der Atmosphäre Höchststände erreicht.

Diese fünf Kehrtwenden fordert der Club of Rome

Wie erwähnt, warnt der Club of Rome nun insbesondere vor sozialen Spannungen. "Unsere Wirtschafts- und Finanzsysteme sind kaputt, und wir erreichen ein gefährliches Maß an Ungleichheit", sagt die Belgierin Sandrine Dixson-Declève, Co-Präsidentin des Club of Rome. Die Experten fordern Staaten, Wirtschaft und Weltgesellschaft daher zu fünf Kehrtwenden auf:

  • Überwindung der Armut durch eine Reform des internationalen Finanzsystems
  • Verringerung der Ungleichheit, indem die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung nicht mehr als 40 Prozent des Nationaleinkommens eines Staates erhalten
  • Stärkung der Stellung von Frauen in der Gesellschaft
  • Umstellung der Nahrungsmittelproduktion auf einen nachhaltigen Anbau
  • Umstellung auf eine Energieproduktion ohne den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen

Das klingt nach sehr großen Zielen, an denen die Welt bisher immer gescheitert ist. Um sie zu erreichen, führt der Club of Rome in seinem Buch auch 15 politische Empfehlungen auf. Eine zentrale Rolle spielt aus Sicht von Jorgen Randers eine gerechtere Verteilung von Einkommen. Die Staaten müssen aus seiner Sicht die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung zur Kasse bitten, um die Kehrtwenden zu finanzieren: "Wenn die Reichen nicht die Rechnung zahlen, werden wir die Welt nicht retten."

Johan Rockström: Deutschland hat eine Vorreiter-Rolle

Trotz aller beängstigender Szenarien wollen die Expertinnen und Experten auch Optimismus vermitteln. Die Weltbevölkerung wachse langsamer als früher – und viel mehr Frauen haben Zugang zu Bildung, sagt der norwegische Psychologe Per Espen Stoknes.

Klimaforscher Johan Rockström sieht Deutschland bei der sozialen und ökologischen Transformation besonders in der Pflicht. Das Land müsse als viertgrößte Volkswirtschaft der Welt beweisen, dass man die eigene Wirtschaft auf sozialverträgliche Weise emissionsfrei machen kann. "Wenn das gelingt, wird das auch auf die skeptischeren Länder übergreifen", sagt er.

Verwendete Quellen:

  • Pressekonferenz Earth4All in der Bundespressekonferenz
  • Hemholtz Klima Initiative: Hintergrundwissen Klima
  • Clubofrome.org
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