Hitlers Architekt und treu ergebener Vertrauter oder Gut-Nazi? Um Albert Speer ranken sich viele Geschichten. Wer war der Mann, der im Auftrag der Nazis baute?

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Er plante zahlreiche Monumentalbauten für Adolf Hitler, galt als dessen ergebener Unterstützer – fast schon als dessen Freund – und wurde bei den Nürnberger Prozessen als Kriegsverbrecher verurteilt. Dennoch gelang es Speer, sich lange Zeit als "guter Nazi" zu präsentieren, der kaum von den grauenhaften Verbrechen des Regimes gewusst haben will.

Doch wer ist der Mann, der sich mit Lügengeschichten vor der Welt in ein gutes Licht rücken wollte?

Die Anfänge als Architekt und Nazi-Verehrer

Der 1905 in Mannheim geborene Albert Speer, Sohn eines Architekten und spätere Lieblingsarchitekt von Adolf Hitler sowie dessen Rüstungsminister, begann sich früh für den Nationalsozialismus zu interessieren. Er trat 1931 der NSDAP und der SA bei, 1932 dann der Motor-SS.

Speer erhielt einige Aufträge, die ihn nach und nach in den Fokus Hitlers rücken ließen. So baute er eine Villa in Berlin-Grunewald für die NS-Kreisleitung West um und ebenso den Sitz der Gauverwaltung Groß-Berlin der NSDAP.

Nach der Machtübernahme Hitlers im Jahr 1933 baute er das Leopold-Palais als Ministeriumssitz aus und bekam im Mai 1933 seinen ersten großen Auftrag: Er sollte das Aufmarschgelände am Tempelhofer Feld für den "Tag der nationalen Arbeit" dekorieren.

Er widmete den Nazis eine gigantische Kulisse für einen der ersten großen NS-Massenaufmärsche. Sechs riesige Hakenkreuzflaggen, drei schwarz-weiß-rote Fahnen und eine riesige Tribüne für die gesamte Parteiführung machten ihn zum anerkannten und vor allem linientreuen NS-Architekten.

Aufschwung zum Star-Architekten Hitlers

Als Hitlers Leibarchitekt Paul Ludwig Troost im Jahr 1934 starb, wurde Albert Speer dessen Nachfolger. Er baute Goebbels und Hitlers Dienstwohnungen um und wurde Chefdekorateur für das Reichstagsgelände in Nürnberg.

Nach seiner Ernennung zum Generalbauinspektor im Jahr 1937 war Speer fortan nur noch Hitler unterstellt und gehörte damit zur Reichsregierung. Auch die Planung der Neuen Reichskanzlei in Berlin lag in seiner Hand.

Gemeinsam mit Adolf Hitler soll Albert Speer außerdem den Umbau von Berlin zur Welthauptstadt Germania geplant haben.

Dieses größenwahnsinnige Projekt, das aus Berlin ein Über-Rom und Über-Paris machen sollte, beinhaltete eine Paradestraße, die "Große Halle" als größten Kuppelbau der Welt, einen Triumphbogen und einen riesigen Platz.

Um den Umbau zu realisieren, wurden in Berlin etliche Wohnungen geräumt und Häuser abgerissen – und das obwohl eine erhebliche Wohnungsknappheit herrschte.

Erst nach Kriegsbeginn wurde der Häuserabriss gestoppt, Juden wurden jedoch weiter aus ihren Wohnungen vertrieben und deportiert.

Die Listen dafür sollen Speers Mitarbeiter gemeinsam mit der Gestapo angefertigt haben. Um den Bau von Germania weiter voranzutreiben, brauchte Speer Granit und Steine, die direkt aus Konzentrationslagern bezogen wurden.

Damit förderte die Behörde von Speer nun direkt den Ausbau des KZ-Systems und die Ausbeutung von Zwangsarbeitern. Von den Gräueltaten in den Konzentrationslagern will Albert Speer jedoch nichts gewusst haben.

Die Ernennung zum Rüstungsminister

Nachdem Hitlers Rüstungsminister Fritz Todt im Februar 1942 mit einem Flugzeug abstürzte, wurde Albert Speer zu dessen Nachfolger ernannt.

Er blieb auch weiterhin Generalbauinspektor und gehörte nun zum höchsten Führungskreis der Nationalsozialisten.

Er schaffte es, dass die Rüstungsproduktion ab 1942 kontinuierlich zunahm, indem er alles und jeden in der Rüstungsindustrie und der Wehrmacht einsetzte – allerdings sollen auch hier die Fakten stark geschönt worden sein.

So hatten Historiker im Jahr 2006 nachgewiesen, dass es nicht Speers Einfluss war, der für die Steigerung der Rüstungsproduktion und damit das sogenannte "Rüstungswunder" verantwortlich war.

Dennoch wurde Speer als Rüstungsminister enormes Organisationstalent bescheinigt – in Kombination mit absoluter Rücksichtslosigkeit und Durchsetzungsvermögen.

Trotz etlicher schwerer Luftangriffe erreichte die Rüstungsproduktion unter Speer im Jahr 1944 ihren absoluten Höhepunkt.

Das Ende des Krieges

Im letzten Kriegsjahr soll Speer Hitler immer wieder widersprochen haben, wodurch das Verhältnis sich deutlich verschlechterte.

Er behauptete später sogar, dass er einen Giftgasanschlag auf Adolf Hitler geplant hatte, was allerdings als unwahrscheinlich gilt.

Im Angesicht der anstehenden Niederlage forderte Speer von Hitler die Beendigung des Krieges, wollte jedoch im Widerspruch dazu noch sämtliche Kräfte auf die Rüstung konzentrieren.

Am Ende soll er es geschafft haben, Hitler von der Zerstörung der eigenen Industrieanlagen, Infrastruktur und Einrichtungen abzubringen, als die Eroberung durch die Alliierten kurz bevorstand.

Denn Hitler wollte zu diesem Zeitpunkt nur noch eines: Das Volk und das gesamte Land sollten mit ihm untergehen.

Die Verurteilung als Kriegsverbrecher

Kriegsverbrecher oder Gut-Nazi? Unpolitischer Technokrat oder manipulativer Lügner? Albert Speer zeichnete nach seiner Verhaftung und der Anklage als Kriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg viele Bilder von sich.

Er gab nur die Handlungen zu, die ihm wirklich nachgewiesen werden konnten und behauptete, von anderen Vorgängen wie zum Beispiel der Vorkommnisse in den Konzentrationslagern keine Kenntnis gehabt zu haben.

Durch diese Darstellung und sein Verhalten zum Ende des Krieges, entkam er wohl der Todesstrafe.

Verurteilt wurde Albert Speer wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, was ihm insgesamt 20 Jahre Haft einbrachte.

Diese Zeit saß er komplett im Kriegsverbrechergefängnis Spandau ab, bevor er 1966 entlassen wurde.

Während seiner Haftzeit schmuggelte Speer mithilfe eines Krankenpflegers etliche Notizen nach draußen, die als Grundlage für Veröffentlichungen dienten, in denen er sich als "Gut-Nazi" darstellte, der kaum von den Verbrechen der Nationalsozialisten gewusst haben wollte.

Ein komfortables Ende

Nach seiner Haft lebte Albert Speer in der Heidelberger Villa seines Vaters. Durch zahlreiche Interviews und Bücher war Speer wieder ein reicher Mann. Kurz vor seinem Tod verkaufte er gemeinsam mit einem Freund zahlreiche Gemälde, die als Nazi-Raubkunst galten und angeblich verschollen waren.

Hitlers Architekt starb 1981 in London an den Folgen eines Schlaganfalls.

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