Knapp 23 Jahre nach Michelles achtem Platz beim Eurovision Song Contest kämpft die Tochter der Schlagerikone, Marie Reim, am 16. Februar im deutschen Vorentscheid um das ESC-Ticket. Im Interview gewährt die 23-Jährige erste Einblicke in ihren bevorstehenden Auftritt und spricht über den Support ihrer berühmten Eltern.

Ein Interview

Frau Reim, am 16. Februar werden Sie beim deutschen Vorentscheid antreten, um sich das Ticket für den Eurovision Song Contest 2024 in Malmö zu sichern. Welches Gefühl überwiegt: die Vorfreude oder die Anspannung?

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Marie Reim: Es ist eine Mischung aus allem. Und natürlich ist alles unfassbar aufregend für mich. Wer davon ausgeht, dass sich das bei mir noch legen wird, weil ich Bühnenerfahrung mitbringe, liegt leider falsch. Ich kann mich einfach nur gut vorbereiten, alles geben und versuchen, die Chance zu nutzen. Dann werden wir sehen, wie weit ich damit komme.

Warum ist jetzt der richtige Zeitpunkt für eine Teilnahme?

Tatsächlich habe ich, noch bevor eine ESC-Bewerbung im Raum stand, den Song geschrieben. Schon beim Schreiben hatte ich ein sehr gutes Bauchgefühl – eine Hit-Garantie ist das aber noch lange nicht. Nach der Fertigstellung habe ich den Titel dann ein paar Leuten präsentiert und gemerkt, dass alle "Naiv" lieben. Erst aufgrund dieses Feedbacks kamen wir auf die Idee, dass ich mich für den Vorentscheid bewerben könnte. Denn wenn ich antrete, dann nur mit einem Titel, den ich zu 100 Prozent aus tiefstem Herzen fühlen und vertreten kann. Hinzu kommt, dass uns ein absoluter Vollschlager gelungen ist …

Wieso musste es unbedingt ein "Vollschlager" sein? Die meisten Teilnehmer setzen auf internationale Popsongs.

Weil ich eben genau das komplett vertrete. Wenn meine Eltern (Michelle und Matthias Reim; Anm. d. Red.) 100 Prozent Schlager sind, dann bin ich vermutlich 200 Prozent Schlager. Ich habe Schlager im Blut, bin damit groß geworden. Und wenn ich nun schon für Deutschland antrete: Was ist musikalisch gesehen bitte typischer für Deutschland als der Schlager? Ob das jedem gefällt, steht wiederum auf einem anderen Blatt. Aber: Es ist typisch deutsch! Ich wäre jedenfalls sehr stolz, diese große Schlagerfamilie beim ESC vertreten zu dürfen.

ABBA-Sänger Björn Ulvaeus, der 1974 mit "Waterloo" den Grand Prix gewann, sagte kürzlich in einem Podcast: "Vielleicht sollte Deutschland zu seinen Wurzeln zurück, statt zu versuchen, etwas nachzumachen, was irgendjemand anderes macht." Entspricht Ihr Song also diesem Back-to-the-roots-Gedanken?

Absolut. Dieser Gedanke steckt definitiv mit drin. Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass sich der Schlager beim ESC schon sehr oft beweisen konnte. Wir sollten dazu stehen und müssen nicht alles nachmachen, was nach US-amerikanischem Pop klingt. Helene Fischer ist das beste Beispiel: Sie hat in den vergangenen Jahren maßgeblich dazu beigetragen, den deutschen Schlager noch größer zu machen.

Glauben Sie, dass die Zuschauer das ähnlich sehen und sich "trauen" werden, für einen Schlager-Beitrag zu voten?

Ich bin sehr gespannt, ob die Zuschauer auch mal wieder einen deutschsprachigen Beitrag zum ESC schicken wollen. Soweit ich es mitbekommen habe, gibt es beim Vorentscheid nur einen weiteren Song auf Deutsch ("Katze" von Galant; Anm. d. Red.). Außerdem sind diesmal viele Männer dabei.

Dürfen wir davon ausgehen, dass Sie – um mit Ihrem Songtitel zu sprechen – nicht so "naiv" sind und glauben, dass Sie Deutschland nur zum ESC schicken wird, weil wir mit Ihrer Mutter bereits vor 23 Jahren gute Erfahrungen sammeln durften? Sie wurde 2001 mit "Wer Liebe lebt" Achte.

Das ist ja mal eine coole und erfrischende Frage (lacht). Grundsätzlich ist es doch etwas total Schönes, sich daran zurückzuerinnern, wie meine Mama damals einen stolzen achten Platz belegt hat. Und zu sehen, dass die Leute offensichtlich anerkennen, dass ich auf einem ähnlich erfolgreichen Weg bin, der mich vielleicht dazu berechtigt, Deutschland ebenfalls zu vertreten. Für mich ist das ein riesiges Kompliment.

Lastet auch ein gewisser Druck auf Ihnen?

Nein, es gibt weder ein Konkurrenzdenken noch irgendeinen Druck. Meine Eltern sind so oder so stolz auf mich – unabhängig davon, welchen Platz ich belegen werde. Wir sind eine tolle, kreative Familie. Jeder für sich ist super erfolgreich. Dieses Mal wurde ich ausgewählt, und ich bin wirklich sehr gespannt, wie die Leute mich und meinen Song aufnehmen werden. Schon jetzt hat sich für mich alles um 180 Grad gewendet. Zum Beispiel bekommen wir viele TV-Anfragen außerhalb der typischen Schlagerformate. Sollte ich mir am 16. Februar obendrein das ESC-Ticket holen: na, dann aber Rambazamba! Ich bin ready (lacht).

Michelle ging einst in Kopenhagen an den Start, Sie möchten nach Malmö und damit ebenfalls in Skandinavien ESC-Luft schnuppern. Sie waren damals rund um Ihren ersten Geburtstag an der Seite Ihrer Mutter in Dänemark sogar dabei. Würde sich demnach ein Kreis schließen?

Oh, ja. Dieses Jahr würde ich meinen 24. Geburtstag in Schweden feiern, sollte es so weit kommen. Ein größeres Geburtstagsgeschenk könnte man mir gar nicht machen – und damit meine ich alleine die Teilnahme, unabhängig von dem Platz, den ich belegen würde.

Welche Tipps haben Ihnen Ihre Eltern mit auf den Weg gegeben?

Vor allem mit meinem Vater tausche ich mich sehr regelmäßig aus, da er ja nicht nur Sänger, sondern auch Produzent und Songwriter ist. Auch ich bin mittlerweile stark im Songwriting unterwegs und produziere meine Alben nur noch mit maximal einer Person an meiner Seite. Wenn ich musikalisch etwas teile, dann mit meinem Vater.

Wie ist Matthias Reim in der Rolle als Kollege?

Mein Vater ist der härteste Kritiker. Von meinen letzten Projekten und Produktionen war er aber total begeistert – so nach dem Motto: "Marie, wenn du damit rausgehst, müssen sich alle anderen warm anziehen." So etwas von einem Kritiker wie ihm zu hören, der mich früher teilweise auch mal ganz anders gesehen hat, ist für mich ein unfassbar großes Lob. Meine Mama hat schon immer an ihre Tochter geglaubt, während mein Papa eher realistisch an die Sache herangegangen sind. Aber beide sind wirklich sehr stolz auf mich.

Das wird umgekehrt vermutlich nicht anders sein, oder?

Ganz genau. Ich bin auch wirklich stolz auf meine Eltern. Dank ihnen durfte ich bereits sehr früh Bühnenluft schnuppern. Mich hat es damals voll erwischt. Eines darf ich bereits verraten: Ich habe ausschließlich für diesen Vorentscheid eine besondere Aktion geplant. Mehr möchte ich aber noch nicht verraten. Nur so viel: Es wird sehr emotional und es wird auch mit meiner Mama zu tun haben. Das wird man einmal im Leben von mir sehen – und danach nie wieder!

Es lohnt sich also, in jedem Fall ganz genau hinzuschauen. Wie glamourös und/oder sexy wird denn Ihr Auftritt?

Ich war ja schon immer ein Paradiesvogel. Aber: Es wird keinen quietschepinken Glitzer-Diven-Auftritt von mir zu sehen geben. Wir geben uns bereits seit Wochen sehr viel Mühe und haben richtig viel geplant. Gerade outfittechnisch verspreche ich ein emotionales Highlight. Haltet Euch fest!

Sie müssen sich im Vorentscheid unter anderem gegen Max Mutzke beweisen, der vor 20 Jahren den achten Platz Ihrer Mutter beim ESC wiederholen konnte. Hätten Sie sich ihn als Konkurrenten gerne erspart?

Nein, überhaupt nicht. Ich sehe die anderen Kandidaten nicht als Konkurrenten. Alle Künstler, die für den Vorentscheid ausgewählt worden sind, sollten doch ein großes Talent haben. Denn am Ende soll der Sieger oder die Siegerin des Vorentscheids Deutschland beim ESC würdig vertreten. Ich wünsche mir für mein Heimatland, dass es in Malmö den bestmöglichen Platz erreicht.

Dann anders gefragt: Warum wären Sie die Richtige, um Deutschland in Malmö gut zu vertreten? Was zeichnet Sie besonders aus?

Ich meine das, was ich tue, ernst. Und ich trete mit etwas an, das ich liebe – erst einmal ganz egal, wie andere darüber denken. Mein Aspekt liegt weniger auf Showeffekten, sondern vielmehr auf dieser emotionalen Reise – eben auch mit Blick auf meine Mutter, in deren Fußstapfen ich ein Stück weit treten darf. Diese Emotionalität in Kombination mit einem kraftvollen, rockigen Schlagertrack wird das Publikum ganz sicher spüren.

In "Naiv" singen Sie: "Da seh' ich an deinen Hals, dieses Liebestattoo. Dort steht 'Vanessa, für immer nur du'". Wer ist eigentlich Vanessa?

(lacht). Meine Songs sind ja alle ein Stück weit autobiografisch beziehungsweise möglichst nah an der Realität. Aber natürlich habe ich die Namen ein wenig abgewandelt. Schließlich möchte nicht jeder Mensch in der Öffentlichkeit stehen und bei Google gefunden werden.

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