Bei der Handball-EM kommt die deutsche Nationalmannschaft noch nicht richtig in Tritt. Zwischen Christian Prokop und den "Bad Boys" scheint es nicht zu stimmen. Trainer und Team verunsichern sich offenbar gegenseitig.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Sabrina Schäfer sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Handball-Bundestrainer Christian Prokop war nach dem EM-Spiel gegen Mazedonien sichtlich verärgert und er hatte auch allen Grund dazu.

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Leichtfertig hatten seine "Bad Boys" den Sieg in den letzten Sekunden der Partie vergeben, schon während des Spiels leistete sich die Mannschaft zu viele Phasen der Unkonzentriertheit.

"Mir geht es nicht ganz so gut. Wir hatten die Chance auf den Sieg, spielen es aber zu undiszipliniert in der letzten Szene", ärgerte sich Prokop in der ARD. Ein Diagonalpass sei von den Optionen sicherlich die schlechteste gewesen.

Philipp Weber hatte auf Patrick Groetzki gepasst, der schließlich nicht mehr zum Wurf gekommen war.

Bundestrainer rügt ganze Mannschaft

Doch nicht nur die vergebene Chance kurz vor Schluss war laut Prokop kritikwürdig. "Da sind zu viele unter ihren Möglichkeiten geblieben", rügte der Bundestrainer seine Schützlinge.

Zwischen Mannschaft und Trainer scheint es schon in dieser frühen Phase des Turniers zu brodeln.

Wer sich die Spiele der "Bad Boys" bei dieser EM bislang angesehen hat, bekommt den Eindruck, dass einige Spieler mit den Ansagen ihres Trainers in den Timeouts nicht allzu viel anfangen können.

Bereits im Spiel gegen Slowenien (Endstand 25:25) hatten die Defensivkräfte Hendrik Pekeler und Patrick Wiencek - offenbar ohne Absprache mit Prokop - ihre Abwehraufgaben in Halbzeit zwei neu interpretiert.

Im Spiel gegen Mazedonien nun hatte Prokop seine Mannschaft in der letzten Auszeit kurz vor Schluss angewiesen, Linksaußen Uwe Gensheimer den Abschluss zu ermöglichen.

Hören die Spieler nicht ordentlich zu?

Entweder hatte ihm Weber nicht ordentlich zugehört, oder er hielt die Idee seines Trainers für fehlgeleitet, jedenfalls torpedierte der Rückraumspieler Prokops Ansage noch während des Timeouts - für alle Zuschauer an den Fernsehgeräten gut hörbar.

Immer wieder fällt in den Auszeiten auf, dass die Spieler ihrem Trainer scheinbar schlecht bis gar nicht zuhören. Während Prokop wild auf seiner Taktiktafel herumdeutet, wirkt es häufig so, als wären Uwe Gensheimer und seine Kollegen mit den Gedanken woanders.

Und es wird ständig durcheinander geredet. Das muss nicht unbedingt etwas heißen, auch unter Dagur Sigurdsson brachten die "Bad Boys" ihre eigenen Ideen mit in die Pausen, doch damals ließen sie ihren Trainer zumindest ausreden. Prokop hingegen scheint immer wieder Probleme haben, sich Gehör zu verschaffen.

Team und Trainer nicht auf Augenhöhe

Das ist problematisch, denn es weist darauf hin, dass die Spieler mit ihrem Trainer offenbar nicht an einem Strang ziehen. Für die Verteidigung des EM-Titels eine denkbar schlechte Voraussetzung.

"Der Trainer hat es nicht geschafft, den Spielern Sicherheit zu geben", meint Ex-Nationalspieler Daniel Stephan laut "n-tv". Das gilt aber gleichermaßen andersherum. Die Spieler scheinen ihren Trainer mit ihrem Verhalten nachhaltig zu verunsichern.

Und so stimmt es, wenn Stephan sagt: "Der Bundestrainer muss sich steigern." Die Spieler dürfen sich jedoch ruhig auch an die eigene Nase packen.

In der Hauptrunde geht es am Freitag für Deutschland gegen Tschechien (18:15 Uhr, live bei uns im Ticker), dann warten Dänemark und Spanien.

Gegen Mannschaften diesen Kalibers ist es zwingend notwendig, dass die Unruhe aus dem Nationalteam verschwindet und stattdessen alle - Trainer wie Spieler - für den Erfolg zusammenarbeiten. Oder um es mit den Worten von DHB-Vize Bob Hanning zu sagen: "Wir sind zum Siegen verdammt."

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