• Um Matthäi, den neuen Trikotsponsor bei Werder Bremen, gab es Aufruhr.
  • Dem Unternehmen wurde vorgeworfen, seine Nazivergangenheit nicht zu thematisieren – mittlerweile hat es reagiert.
  • Bereits in der Vergangenheit gab es bei Werder Probleme mit Trikotsponsoren.

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Zwei Wochen ist es her, da präsentierte der SV Werder Bremen einen neuen Trikotsponsor: Ab der neuen Saison wird das Bauunternehmen Matthäi auf dem Trikot der Bremer zu sehen sein. "Matthäi steht für Werte wie Nachhaltigkeit, regionale Verbundenheit, einen verantwortungsvollen Umgang mit seinen Mitarbeiter:innen und viele mehr, die mit den Werten des SV Werder übereinstimmen", erklärte Bremens Geschäftsführer Klaus Filbry. Was man bei einem neuen Sponsorendeal eben so sagt.

Matthäi hat seinen Hauptsitz im etwa 40 Kilometer von Bremen entfernten Verden/Aller und spezialisiert sich auf den Erd- und Tiefbau sowie Straßenbau, Gleis- und Hochbau. Schon seit 2019 ist das mittelständische Unternehmen laut eigener Website CSR-Partner des SVW. Auch beim Abschiedsspiel von Claudio Pizarro im September 2022 liefen der peruanische Stürmerstar und sein Team in einem Dress mit dem Schriftzug des Unternehmens auf. Seit 2016, also noch länger, engagiert sich Matthäi übrigens bei der HSV-Stiftung "Der Hamburger Weg".

Werder Bremens neuer Trikotsponsor reagiert auf Vorwürfe

Ansonsten findet sich im öffentlichen Auftritt des Unternehmens nichts, was Fußballfans bei einem neuen Trikotsponsor aufstoßen könnte. Alles gut also? Nicht ganz.

Denn schon kurz nach der Verkündung des neuen Trikotsponsors kursierten bereits Details über die NS-Vergangenheit des Unternehmens im Internet. Tatsächlich wurde Matthäi im Jahr 1933 gegründet und war kurz nach seiner Gründung schon am Bau der nationalsozialistischen Gedenkstätte Sachsenhain beteiligt – im Auftrag des Reichsführer-SS, Heinrich Himmler.

"Der Leitspruch 'Wir übernehmen Verantwortung' steht überall auf der Webseite. Eine Aufarbeitung der Unternehmensgeschichte während der NS-Zeit sucht man vergeblich", bemängelte ein Werder-Fan auf Twitter. Das Unternehmen nahm die Kritik ernst und reagierte schnell. Mittlerweile gibt es auf dessen Website einen eigenen Menüpunkt mit der Überschrift "Aus der Geschichte lernen".

Dort thematisiert Matthäi nun seine Vergangenheit: "Unser Unternehmen trägt die Verantwortung, das nationalsozialistische Regimes unterstützt und davon wirtschaftlich profitiert zu haben. Diese Verantwortung werden wir nicht vergessen. Sie ist eine bleibende Verpflichtung, der wir durch unser Handeln seither gerecht zu werden versuchen", erklärt das Unternehmen.

Warum es Trikotsponsoren bei Werder Bremen nicht leicht haben

Dass die Bremer Fans beim neuen Trikotsponsor genauer hinguckten, liegt wohl auch daran, dass die Geschichte der Trikotsponsoren bei Werder Bremen etwas schwieriger ist als bei anderen Fußballvereinen. Noch in der Saison 2001/02 war der Verein einer der letzten Bundesligavereine in Deutschland, die eine komplette Saison ganz ohne Trikotsponsor auf der Brust aufliefen.

Danach gab es um fast jeden Sponsor Aufregung. "Werders Trikotsponsoring-Geschichte ist eine besondere. Werder hat da vielleicht ein unglückliches Händchen", befand PR-Marketing-Experte Peter Rohlmann schon 2009 im Weserkurier.

Bereits der Textildiscounter Kik (von 2004 bis 2006) sowie die später in Targobank umbenannte Citibank (2007 bis 2012) waren bei den Fans mit ihren umstrittenen Geschäftsmodellen nicht wirklich beliebt. Und in der Saison 2006/07 wurde es dem Verein sogar kurzerhand verboten, für seinen damaligen Trikotsponsor, den Sportwettanbieter Bwin, zu werben. Der SV Werder lief im Anschluss mit dem Schriftzug "We win" auf, der Sponsorenvertrag wurde nach der Saison nicht weitergeführt.

Alter Trikotsponsor sorgte für Proteste bei den Fans

Für die größten Proteste unter den Fans sorgte aber vor elf Jahren die Entscheidung, mit dem Geflügelfleischhersteller "Wiesenhof" als Trikotsponsor zusammenzuarbeiten, der unter anderem wegen Massentierhaltung in der Kritik steht. Unter anderem sprach sich die Tierrechtsorganisation Peta und sogar Mitglieder der Bremischen Bürgerschaft öffentlich gegen Wiesenhof aus. Erfolglos, denn das Logo ist noch immer auf den Trikots der Bremer zu sehen – so lange wie bei keinem Trikotsponsor des SV Werder Bremen zuvor.

Und auch wenn es kein Trikotsponsor war, stößt auch der Verkauf der Namensrechte des Weserstadions ausgerechnet an die Immobilienfirma Wohninvest noch immer auf starke Ablehnung in Teilen der Bremer Fanszene. Die Bremer Ultragruppierungen protestierten gegen die Umbenennung der Spielstätte zu Beginn mit Spruchbändern, in denen vor "Immobilienhaien" gewarnt wurde.

Vermarktungsunternehmen für Sponsorensuche bei Werder zuständig

Ganz alleine kann Werder Bremen über seine Trikotsponsoren nicht entscheiden, zumindest nicht, ohne Geld zu verlieren. Denn der Verein arbeitet bei der Suche nach Trikotsponsoren mit der Vermarktungsfirma Infront zusammen, der die Sponsorenpartner für den Verein gewinnt. Das schafft Sicherheit, denn die Vermarktungsfirma würde auch zahlen, wenn kein geeigneter Sponsor gefunden wird. Nicht aber, wenn Werder Bremen einen Partner ablehnen würde.

Der neue Trikotsponsor Matthäi konnte die ersten Zweifel der Bremer Fans schnell ausräumen. Doch muss er damit rechnen, von ihnen auch weiter kritisch beobachtet zu werden.

Verwendete Quellen:

  • butenundbinnen.de: Werders neuer Trikotsponsor: Was ist Matthäi für ein Unternehmen?
  • Werder Bremen: Werder auf Schalke nicht in 'bwin.de'-Trikots
  • taz.de: Gackern gegen Werder Bremen
  • kicker.de: Fans protestieren: Werder wirbt mit Wiesenhof
  • weser-kurier.de: Werder reagiert auf Protest-Plakate
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