Premiere in Mainz: Erstmals in der Geschichte der Bundesliga bekommt ein Trainer die Gelb-Rote Karte. Beim nächsten Spiel darf er deshalb automatisch weder an der Seitenlinie coachen noch die Mannschaftskabine betreten. Eine solche Sperre war in der vergangenen Saison noch nicht obligatorisch.

Alex Feuerherdt, Schiedsrichter
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Alex Feuerherdt dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Auch 56 Jahre nach ihrer Gründung gibt es in der Bundesliga immer mal wieder ein Novum: Als erster Trainer in der Geschichte der deutschen Eliteklasse erhielt am Samstag Sandro Schwarz, der Coach des 1. FSV Mainz 05, in der Nachspielzeit der Partie gegen den VfL Wolfsburg (0:1) von Schiedsrichter Felix Brych die Gelb-Rote Karte.

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Der 40-Jährige war auf das Spielfeld gelaufen - in der fälschlichen Annahme, die Begegnung sei abgepfiffen, wie er sagte -, um gegen den Unparteiischen zu protestieren. Er gestikulierte, winkte ab, verließ den Platz wieder - und klatschte schließlich höhnischen Beifall in Brychs Richtung.

Für Schwarz wäre eine rote Karte in Frage gekommen

Hätte der Referee das Regelwerk buchstabengetreu auslegt, dann wäre sogar eine glatt Rote Karte in Frage gekommen. Denn diese Strafe ist vorgesehen, wenn es zu einem "absichtliches Verlassen der eigenen technischen Zone" kommt, um gegenüber dem Schiedsrichter "zu protestieren oder sich bei diesem zu beschweren".

Auch das Betreten des Spielfelds, um den Unparteiischen zur Rede zu stellen oder zu beeinflussen, wird in den Regeln als Beispiel für Vergehen genannt, in denen eine Rote Karte fällig ist, auch nach dem Schlusspfiff.

Die sportliche Leitung der Bundesliga-Schiedsrichter hat den Unparteiischen vor der Saison allerdings Handlungsleitlinien mit auf den Weg gegeben, die eine nicht ganz so strenge Auslegung des Regeltextes vorsehen.

Darin heißt es beispielsweise, eine Rote Karte sei (nur) dann angebracht, wenn "die Aggressivität über das Maß eines respektlosen Verhaltens hinausgeht", "eine öffentliche Diskreditierung deutlich wird" oder der Schiedsrichter massiv bedrängt wird.

Ein "normaler Umgangston" und ein "sachliches Kurzgespräch" dagegen sollten akzeptiert werden. Das heißt, die Trainer in der Bundesliga mussten und müssen keine besondere Strenge vonseiten der Referees befürchten.

Doch bei Sandro Schwarz hatte Felix Brych letztlich keinen Spielraum: Das Betreten des Platzes um mehrere Meter in unfreundlicher Absicht musste zwingend eine Gelbe Karte nach sich ziehen, das sarkastische Klatschen als separates und in den Regeln ausdrücklich erwähntes Vergehen ebenfalls. In der Summe bedeutete das eben Gelb-Rot.

Das heißt , dass Schwarz seinem Team bei nächsten Spiel in Paderborn fehlen wird. Bis vor dieser Saison zog der Tribünenverweis für einen Trainer nicht unbedingt eine Zwangspause nach sich, doch das ist nun anders.

Folge des Platzverweises: Schwarz darf nicht in die Kabine

Eine Gelb-Rote oder Rote Karte gegen einen Coach führt jetzt, wie bei den Spielern auch, zu einer automatischen Sperre. Das bedeutet: Ab 30 Minuten vor Spielbeginn bis 30 Minuten nach dem Abpfiff darf sich Schwarz nicht im Innenraum des Stadions aufhalten, also auch nicht in der Kabine.

Jegliche Kontaktaufnahme mit seiner Mannschaft, ob unmittelbar oder über Dritte, ist ihm verboten. Deshalb sucht er nun einen Weg: "Man muss sich mit der Situation beschäftigen, wie das nächste Woche funktionieren soll."

Nach sechs Spieltagen lässt sich als erstes Zwischenfazit festhalten: Die Einführung der Karten auch für Trainer und andere Teamoffizielle bewährt sich. Vorher lag es komplett im Ermessen des Unparteiischen, wann ein Coach verbal angezählt und wann er des Innenraums verwiesen wird.

Nun aber gibt es im Regelwerk zahlreiche Beispiele, welches Fehlverhalten nur zu einer Ermahnung führt und wann eine Gelbe oder eine Rote Karte gezeigt wird. Das sorgt für mehr Transparenz und Berechenbarkeit. Und ihre Handlungsleitlinien setzen die Schiedsrichter bislang maßvoll um.
Was sonst noch wichtig war:

  • Als Rouwen Hennings in der Partie von Fortuna Düsseldorf gegen den SC Freiburg (1:2) seinen Gegenspieler Nicolas Höfler im eigenen Strafraum fernab des Balles zu Boden riss, hatte er womöglich kurz vergessen, dass es einen VAR gibt. Video-Assistentin Bibiana Steinhaus intervenierte jedenfalls, da Schiedsrichter Daniel Siebert die Szene nicht gesehen hatte, und so gab es schließlich berechtigterweise einen Strafstoß für die Gäste. Auch die Hausherren hätten gerne einen Elfmeter zugesprochen bekommen, als Vincenzo Grifo seinem Mitspieler Christian Günter den Ball bei einem Befreiungsschlag versehentlich aus kurzer Distanz gegen den Arm drosch und der Referee weiterspielen ließ. Doch diesmal griff Steinhaus nicht ein, obwohl Günter seinen Arm über Schulterhöhe gehalten hatte. Andererseits hatte er ihn auch nahe am Körper und mit seiner Drehung aus der Schussbahn offenkundig das Ziel verfolgt, den Ball nicht mit der Hand zu spielen. Er hatte ja auch keinen vernünftigen Grund, den Klärungsversuch seines Mitspielers (!) regelwidrig im eigenen Strafraum zu blockieren. Dass es keinen Strafstoß gab, ist jedenfalls sinnvoll und nachvollziehbar.
  • Schwarzer Sonntag für den 1. FC Köln: Der Aufsteiger verlor nicht nur sein Heimspiel gegen Hertha BSC mit 0:4, sondern auch seinen Innenverteidiger Jorge Meré durch einen Feldverweis. Meré war bei einem Konter der Gäste zu spät gekommen und hatte seinen Gegenspieler Vladimir Darida mit hoher Intensität und der offenen Sohle am Schienbein getroffen. Schiedsrichter Sören Storks gab dafür zunächst nur die Gelbe Karte, denn das Foul hatte sich für ihn zwar als rücksichtslos, aber nicht als brutal dargestellt. Die Bilder sprachen jedoch deutlich für einen Feldverweis, weshalb der Video-Assistent dann auch eingriff und Storks den Kölner nach dem Review am Spielfeldrand vom Platz schickte.

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