Seit Wochen pokern das deutsche Stürmertalent Youssoufa Moukoko und sein Arbeitgeber Borussia Dortmund um eine Vertragsverlängerung. Der Fall spaltet das Fanlager: Wie unverschämt darf ein 18-Jähriger verhandeln? Oder steht ihm die Millionenforderung zu?
Diejenigen Fußballfans, die nicht mit dem goldenen Löffel im Mund aufgewachsen sind, kennen den alten Handwerker-Spruch noch: "Lehrjahre sind keine Herrenjahre." Junge Menschen mussten in ihrer Ausbildung einfache Tätigkeiten erledigen, bevor das dicke Geld kam, und sich hochdienen. Ein paar Märker sollten für die Übergangszeit reichen. Damals dachte man so. Nicht nur beim Fußball.
Youssoufa Moukoko erntet trotz allem Verständnis
Er spielt bei Borussia Dortmund, seit er elf ist, hat die Jugendmannschaften im Sturm übersprungen, weil er die Tornetze mit seinen Schüssen zerfetzte, und durfte als Jüngster der Geschichte in der Bundesliga ran. So einen lässt man nicht gehen. Ganz gleich, was er fordert. "Warum sollte Moukoko dem BVB dankbar sein?", fragt 11Freunde-Chef Philipp Köster, "er ist dem Klub nichts schuldig."
Ist er nicht? Seit Wochen befeuert der Fall Moukoko die öffentliche Debatte. Unbestritten ist: Moukoko, geboren in Kamerun, aufgewachsen in Deutschland, ist ein riesiges Stürmertalent. Davon hat die Nationalmannschaft nicht viele. Er hat elf Tore in 44 Bundesliga-Spielen erzielt, er ist 18 und schon WM-Spieler. Nun die Kehrseite. Titel bei den Erwachsenen: keine. Länderspiele: erst zwei. Und trotzdem Anspruch auf ein fürstliches Gehalt?
Der Fall Moukoko veranschaulicht wie kein zweiter die Perversität des modernen Fußballs in der Bundesliga
Denn schaut man genauer hin, sehen die Forderungen plötzlich nicht mehr so abstrus aus. Sein Mitspieler
Oder Thomas Meunier: Totalausfall in der Abwehr – aber weil er von Paris Saint-Germain wechselte, bekam er zehn Millionen Euro Signing Fee als Dankeschön vom BVB. Oder Jamal Musiala: Deutsches Top-Talent wie Moukoko, aber beim FC Bayern und mit angeblich acht Millionen Euro Jahresgehalt vergütet. Diese Zahlen kennt Moukoko alle – an denen orientiert er sich. Aber hier beginnt noch nicht die Perversität des Fußballgeschäfts.
Bei Vertragsabschluss sind die Spielergehälter längst nicht mehr Spiegelbild der aktuellen Leistung. Sonst wäre Moukoko, siehe oben, mit einem Lehrgeld bestens bedient. Der neue Vertrag ist für den Verein immer ein Investment in eine gemeinsame Zukunft auf Zeit. Spielt der junge Mann gut, steigt sein Wiederverkaufswert. Doch das Risiko bei diesem Investment trägt immer nur einer: der Verein.
Denn spielt der Vertragspartner schlecht, wartet schon der nächste Verein, der in dem Spieler etwas sieht, das er noch nicht vollständig gezeigt hat. Moukoko hätte deswegen gerne eine Ausstiegsklausel, am besten Richtung FC Barcelona. Dort hat man den Karren schon mehrfach an die Wand gefahren, indem man Spielerwünsche übererfüllt und sich selbst übernimmt. Spieler leben vom Größenwahn in solchen Klubs sehr gut.
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Borussia Dortmund will's diesmal anders machen
Man hat nämlich die unschöne Erfahrung gemacht, dass mit jeder Gehaltsaufbesserung auch die Selbstzufriedenheit wächst. Der Fachbegriff lautet: Mentalität. Das beste Mittel gegen Schlendrian: leistungsbezogene Verträge. Spieler mögen die nur bedingt, weil sie ihr Wunschgehalt Spieltag für Spieltag verdienen müssen. Plötzlich ist das Risiko beim neuen Vertrag gerechter verteilt.
Nicht falsch verstehen: Bei einem angebotenen Grundgehalt von drei Millionen Euro käme Moukoko mit Prämien noch immer auf vier bis sechs Millionen Euro Jahresgehalt – zusätzlich zum Handgeld von zehn Millionen Euro. Die erwartete Gegenleistung: dass er sich gegen die Sturmkonkurrenten Modeste, Malen und irgendwann Haller durchsetzt und Tore schießt. Ist das zu viel verlangt? Bei dieser Gehaltsvorstellung ganz sicher nicht.

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