Die erste Debatte zwischen Präsident Trump und seinem Herausforderer Biden versank im Chaos - sodass nun sogar Regeländerungen diskutiert werden. Trump erklärt sich danach zum Sieger, obwohl Umfragen ein anderes Bild zeichnen. Am Tag danach ergreift auch der Moderator das Wort - und spricht über seine Verzweiflung.
Nach dem chaotischen TV-Duell mit seinem Herausforderer
Mit Blick auf Biden - der am 3. November für die Demokraten in die Wahl zieht - sagte Trump: "Ich denke, dass er sehr schwach war. Er sah schwach aus, er jammerte." Trump sagte, er wolle auch die nächsten zwei TV-Debatten gegen Biden bestreiten. Sollte sein Herausforderer nicht teilnehmen wollen, sei das dessen Entscheidung.
Trump sagte, er habe "ungefähr sechs" Umfragen gesehen, die ihn als Sieger bei der Debatte gesehen hätten. Es war unklar, auf welche Erhebungen er sich bezog. In manchen Twitter-Umfragen - die ohne wissenschaftliche Grundlage als unzuverlässig gelten - lag Trump zwar vorne. In Blitzumfragen der Sender CBS und CNN hielt dagegen eine Mehrheit Biden für erfolgreicher bei der Debatte als Trump.
Joe Biden: Trumps Auftritt eine "Peinlichkeit für das Land"
Die Debatte war von Chaos und persönlichen Angriffen dominiert worden. Vor allem Trump fiel Biden, aber auch dem Moderator des Duells, Chris Wallace, immer wieder ins Wort. Das TV-Duell glitt daraufhin ins Chaos ab.
Biden bezeichnete Trumps Auftritt am Mittwoch als "Peinlichkeit für das Land". Die Veranstalter kündigten Änderungen am Konzept der TV-Duelle an. Der Ablauf habe deutlich gemacht, "dass das Format der verbliebenen Debatten zusätzliche Struktur braucht, um eine geregeltere Diskussion über die Themen sicherzustellen", teilte die Kommission für Präsidentschaftsdebatten mit.
In den USA sahen nach Angaben des Instituts Nielsen mehr als 73 Millionen Menschen die Debatte im Fernsehen. Das waren weniger Zuschauer als 2016, als schätzungsweise 84 Millionen Menschen die erste Debatte zwischen Trump und der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton schauten. Nielsen erfasst allerdings nicht alle Online-Dienste, über die die Debatte gestreamt werden konnte.
Moderator Chris Wallace: "So etwas habe ich noch nie durchgemacht"
Wallace zeigte sich enttäuscht über den Verlauf. Bei einem geordneteren Ablauf hätte es "ein viel nützlicherer Abend" werden können, sagte er der "New York Times". Mit Blick auf Trumps Unterbrechungen fügte er hinzu, ihm sei nicht klar gewesen, "dass das die Strategie des Präsidenten sein würde, nicht nur für den Beginn der Debatte, sondern für die gesamte Debatte", sagte Wallace. Während der Debatte habe er gedacht: "Ich bin ein Profi. So etwas habe ich noch nie durchgemacht."
Wallace sagte weiter: "Ich hätte mir nie träumen lassen, dass es so aus dem Ruder laufen würde." Auf die Frage, was er gefühlt habe, als er die Kandidaten zu weniger Unterbrechungen aufforderte, antwortete der Moderator: "Verzweiflung." Wallace kommt vom Trump-freundlichen Fernsehsender Fox News, ist aber als unabhängig respektiert.
Ist das Abdrehen der Mikrofone eine Option?
Wallace sprach sich gegen Vorschläge aus, den Moderatoren bei den nächsten Debatten zu ermöglichen, den Kandidaten die Mikrofone abzudrehen. "Praktisch hätte der Präsident, selbst wenn sein Mikrofon abgeschaltet gewesen wäre, weiterhin unterbrechen können", sagte er.
Ein solcher Schritt könne außerdem Konsequenzen haben. "Zu viele Menschen vergessen, dass diese beiden Kandidaten die Unterstützung von Dutzenden Millionen Amerikanern haben."
Die TV-Debatte am Dienstagabend in Cleveland im US-Bundesstaat Ohio war die erste zwischen Trump (74) und Biden (77).
Zwei weitere Debatten sind für den 15. Oktober in Miami (Florida) und am 22. Oktober in Nashville (Tennessee) geplant. Wallace riet den Moderatoren der nächsten Debatten - Steve Scully vom Sender C-Span und Kristen Welker vom Sender NBC - zu einer schnelleren Reaktion, als es bei ihm der Fall war. "Ich hatte diese Vorwarnung nicht."
Donald Trump setzt Angriffe auf Joe Biden fort
Trump nutzte am Mittwochabend (Ortszeit) einen Wahlkampfauftritt in Duluth (Minnesota), um vor Anhängern seine Version der Debatte zu schildern und seine Angriffe auf Biden fortzusetzen.
"Ich habe Joe Biden für seine 47 Jahre der Lügen, 47 Jahre des Verrats und 47 Jahre des Scheiterns zur Rechenschaft gezogen", sagte Trump zu Beginn seines Auftritts in Anspielung auf die lange politische Karriere seines Kontrahenten. "Joe Biden ist zu schwach, um dieses Land zu führen", behauptete Trump.
Biden schrieb auf Twitter: "Letzte Nacht hat untermauert, warum ich in dieses Rennen eingestiegen bin: Wir befinden uns in einem Kampf um die Seele dieser Nation - und es ist ein Kampf, den wir gewinnen müssen." (dpa/lh)
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