• Die Webseiten sehen aus, als gehörten sie dem "Spiegel", der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" oder der "Bild"-Zeitung - verbreiten aber pro-russische Propaganda.
  • Hunderte Fake-Konten in sozialen Medien verteilen die Informationen massenhaft.
  • Wer dahintersteckt, ist bisher unklar.

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Nachgemachte Webseiten verbreiten aktuell massenhaft pro-russische Propaganda im Netz. Wer die Urheber sind, ist unklar - klar ist aber, dass die Inhalte täuschend echt aussehen. Betroffen sind etwa die Auftritte von "Spiegel", "Frankfurter Allgemeine Zeitung", "Welt", "Bild"-Zeitung und "T-Online.de". Auch von der britischen "Daily Mail", der französischen Site "20 Minutes" und der italienischen Nachrichtenagentur Ansa gibt es Klone im Netz.

Die Seiten sehen genauso aus wie die Originale: Bilder, Logos und sogar die Anzeigen passen. Doch die Artikel und Videos, die dort zu sehen sind, enthalten pro-russische Propaganda. Tenor: Wenn die Sanktionen gegen Russland nicht aufhörten, werde Deutschland verarmen, die Menschen würden Hunger leiden und im Winter erfrieren.

In einer Schule in Bremen sei es etwa zu einer Gasexplosion gekommen, weil man versucht habe, Gas zu sparen. Oder nach Polen geflüchtete Ukrainer seien vor die Wahl gestellt worden, in die Ukraine abgeschoben zu werden. Was es noch einmal schwerer macht, die Fakes als solche zu erkennen: Einzelne Links auf den Seiten führen tatsächlich auf Original-Inhalte der jeweiligen Medien.

Expertin: Kampagne hat "das Potenzial, Misstrauen gegenüber etablierten Medien zu verstärken"

Julia Smirnova ist Analystin bei der Denkfabrik Institute for Strategic Dialogue (ISD) und untersucht die Verbreitung von Desinformation und extremistischen Ideologien im Internet. Sie spricht gegenüber "T-Online" von "aufwändigen Bemühungen, die öffentliche Meinung in Deutschland zu beeinflussen".

Die Kampagne sei in Deutschland bisher beispiellos und habe "das Potenzial, Misstrauen gegenüber etablierten Medien zu verstärken und das Gefühl zu verbreiten, dass man niemandem mehr vertrauen kann". Die Denkfabrik war an der Recherche von "T-Online" zu dem Thema beteiligt.

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Fake-Profile auf Facebook verbreiten die Inhalte massenhaft im Netz

Extra angelegte Fake-Accounts bei Facebook und Twitter verbreiten die Falschinformationen massenhaft im Netz. Sie teilen die Inhalte in ihren Timelines, aber auch als Kommentare unter Postings anderer Institutionen - etwa beim "Tagesspiegel" oder dem Bayerischen Rundfunk.

Viele dieser sogenannten "Sockenpuppen" haben Gemeinsamkeiten, die "ZDFheute" gesammelt hat:

  • Das Profilbild wirkt wie das Portrait eines echten Menschen - es wurde jedoch von einer künstlichen Intelligenz erzeugt, beispielsweise von der Website thispersondoesnotexist.com. Darum ist auch immer nur ein Profilfoto der angeblichen Person vorhanden
  • Die meisten der Konten wurden im Mai und Juni dieses Jahres angelegt
  • Als Wohnort ist häufig eine deutsche Stadt angegeben
  • Viele der Profile geben bei Arbeitgeber und Ausbildung schlicht "Netflix" an
  • Zwischen den Propaganda-Postings teilen manche der Fake-Profile Inhalte anderer Seiten, um Authentizität vorzutäuschen - etwa Urlaubsbilder, Landschafts- oder Essensfotos

Besonders perfide: Laut "ZDFheute" tauchten bei Facebook auch Seiten auf, die die Fake-Inhalte nicht nur teilten, sondern dafür Werbung schalteten - sodass sich die Falschinformationen noch schneller verbreiteten und Facebook damit sogar noch Geld verdiente.

Bundesinnenministerium besorgt wegen pro-russischer Fake-Seiten

Das Bundesinnenministerium zeigte sich beunruhigt über die gefälschten Webseiten. Ein Ministeriumssprecher teilte auf Anfrage der dpa mit: "Wir haben mit Sorge zur Kenntnis genommen, dass über Fake-Accounts in bestimmten sozialen Medien täuschend echt aussehende, allerdings gefälschte Webauftritte von etablierten Nachrichtenseiten verlinkt werden."

Die erfundenen Nachrichten und gefälschten Videos "verfolgen das Ziel, Vertrauen in Politik, Gesellschaft und staatliche Institutionen zu untergraben. Die aktuelle Berichterstattung zeigt exemplarisch das Ausmaß pro-russischer Propaganda und Desinformation in Deutschland", sagte der Sprecher weiter. (ank)

Verwendete Quellen:

  • Zdf.de: Massenweise falsche News-Seiten enttarnt
  • T-online.de: Putins Troll-Armee greift Deutschland an
  • dpa
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