Frank Plasberg spricht bei "hart aber fair" abseits aller außenpolitischer Themen diesmal über ein hausgemachtes Problem hierzulande: Tote durch Keime in deutschen Krankenhäusern. Journalist Reinhold Beckmann und eine Krankenschwester zeigen in der Sendung eine besorgniserregende Realität auf.

Eine Kritik
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15.000 Tote durch Keime soll es jährlich in deutschen Krankenhäusern geben, rechnet Frank Plasberg in seinem ARD-Polit-Talk "hart aber fair" am Montagabend vor.

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600.000 Mal infizierten sich Patienten demnach pro Jahr in den Kliniken mit Keimen, erzählt er und beruft sich auf Zahlen des Robert-Koch-Instituts.

Wie kann das sein, fragt er und diskutiert mit seinen Gästen in der Sendung das Thema: "Gefahr Krankenhaus - Weniger Personal, aber reichlich Keime?"

Reinhold Beckmann erzählt emotionale Geschichte

Ins Zentrum der Diskussion rücken zwei Gäste mit bewegenden Geschichten: Journalist Reinhold Beckmann und Krankenschwester Jana Langer. Sie hatte durch einen Brief an die Bundesregierung Aufmerksamkeit erregt, in dem sie eklatante Missstände in deutschen Krankenhäusern anprangerte.

Langer behauptet drastisch: "Jeder Klinikaufenthalt kann zur tödlichen Falle werden. Ich meine das wörtlich." Langer arbeitet als OP-Schwester in einem Universitätsklinikum. Sie kritisiert die Einführung sogenannter Fallpauschalen.

"Die Krankenhäuser nehmen sich gegenseitig die Patienten weg. Die arbeiten wie Fabriken. Alle, die in den Kliniken arbeiten, unterliegen diesem System", sagt sie und meint damit: schnelle Abfertigung, Kostendruck, viel zu wenig Personal für zu viele Patienten.

Krankenschwester: Hygiene wird vernachlässigt

Wegen der Hektik werde zu oft die Hygiene vernachlässigt, argumentiert sie, das liege nicht zuletzt an einer Überlastung der Pflegerinnen und Pfleger. "Ich weiß nicht, wie ich diesen Beruf noch guten Gewissens empfehlen soll", sagt sie. "Es ist so belastend."

Beckmann pflichtet Langer bei. Der Moderator wirkt dabei emotional, wie selten gesehen. Kein Wunder: Sein Bruder Wilhelm verstarb 2009 nach mehreren Lungentransplantationen, weil sich im Krankenhaus Keime in seinem Körper festgesetzt hatten.

"Sein Körper war besetzt mit Keimen", erzählt der 61-Jährige, nimmt aber das Klinik-Personal in Schutz. "Der Pflegeschlüssel ist so miserabel. Auf Intensivstationen ist das Pflegepersonal völlig überarbeitet. Die Schwestern sind dermaßen unter Stress, dass sie Fehler machen", sagt er.

Auch seine These lautet, dass zu wenige Schwestern und Pfleger sich um zu viele Patienten kümmern müssten – und deswegen nachlässig würden.

CDU-Minister in der Schusslinie

Prof. Dr. Ulbrich Hildebrandt, Buchautor von "Die Krankenhaus-Verdiener", teilt die Meinung von Langer und Beckmann, kritisiert insbesondere private Krankenhausträger. "Alle Schrauben werden auf eng gestellt", sagt er. "Da wird der Reinigungsdienst ausgelagert und man holt sich die Truppe irgendwoher. Die haben noch nie was von Krankenhaushygiene gehört."

Allen dreien ist die Besorgnis regelrecht anzusehen. Währenddessen versucht Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) zu beschwichtigen. Doch der Minister steht da schon längst in der Schusslinie.

Dreistellige Millionengewinne für Krankenhausbetreiber

Langer attackiert den Politiker scharf: "Wenn Sie mir, Herr Gröhe, mit ihren Gesetzen nur noch Steine in den Weg legen, wie soll ich da noch vernünftig arbeiten?"

Plasberg hat gegen Ende der Sendung noch eine Rechnung parat, die Missmut hervorruft. Demnach stiegen die Gewinne der vier größten privaten Krankenhausbetreiber binnen vier Jahren von 460 Millionen Euro auf 820 Millionen Euro.

In den Krankenhäusern kommt davon aber offenbar kaum etwas an. Langer, die Krankenschwester, Beckmann, der Journalist, und Hildebrandt, der Arzt, schlagen Alarm. Es sind Zustände, wie sie wohl die wenigsten von uns erwartet hätten.

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