Tier-Talk bei "Hart aber fair": Frank Plasberg wollte mit seinen Gästen klären, warum die Deutschen Hund und Katze verehren, Nutztiere aber nur als billige Fleischquelle betrachten. Eine Feministin störte die Debatte kurzzeitig – der Moderator reagierte cool. Dafür flippte Hundetrainer Martin Rütter fast aus.

Eine Kritik

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Eine Talkshow, in der trotz eines ernsten Themas so viel gelacht wird, hat im deutschen Fernsehen Seltenheitswert. Diese Ausgabe von "Hart aber fair" war da die große Ausnahme.

Das lag am Moderator Frank Plasberg, der einige skurille Tierspielzeuge oder -alltagshelfer unter seinem Tisch hervorholte. Und an den interessanten Gästen, von denen vor allem Hundetrainer und Bestseller-Autor Martin Rütter durch schlagfertige Sprüche zu Gefallen wusste. Und auch eine Feministin bekam – obwohl nicht eingeladen – zwei Minuten Aufmerksamkeit.

Was ist das Thema bei "Hart aber fair"?

Eine ganze Industrie verdient mit der Tierliebe der Deutschen Milliarden Euro: mit Futter, Spielzeug, Kleidung oder Hundeschulen. Gleichzeitig ist es vielen Menschen egal, unter welchen Bedingungen Rinder, Schweine oder Hühner leben und sterben. Warum ist uns das Tier zu Hause lieb und teuer und bei dem im Stall zählt nur der Preis?

Frank Plasberg diskutierte mit seinen Gästen durchaus ernsthaft über diese Fragen. Dazwischen war aber auch Platz für ganz viel Humor. Das Thema bei "Hart aber fair": "Leckerli fürs Hündchen, Bolzenschuss fürs Kälbchen: Mensch, wie geht das zusammen?"

Wer sind die Gäste?

Uschi Ackermann: Die Witwe des Feinkost-Unternehmers Gerd Käfer ist leidenschaftlicher Mops-Fan. Die Asche ihres "Sir Henry" (einst "berühmtester Hund Deutschlands") hat es sogar ins Bayerische Nationalmuseum geschafft. "Der Henry war liebevoll, toll, Seelentröster. Im Prinzip hatte der alle Eigenschaften, die man sich von einem Mann wünscht", sagte Ackermann. Da wechselten sich Raunen und Gelächter im Publikum ab. Ackermann bewies viel Herz und holte ihre beiden neue Möpse aus dem Tierheim. Man kann nur hoffen, dass sie nicht auch manchmal Lederhosen tragen müssen wie ihr toter Vorgänger.

Kees de Vries: Der in den Niederlanden geborene CDU-Bundestagsabgeordnete und Landwirt hat zu Tieren eher eine pragmatische Einstellung. "Jeder soll machen, was er will mit seinem Tier, aber er soll sich bewusst sein: Es ist ein Tier." Der Hofhund von de Vries darf nachts nicht ins Haus, auch wenn er natürlich seine Aufmerksamkeit bekommt. Über die vermenschlichende Tierliebe von Uschi Ackermann schüttelte de Vries verwundert den Kopf.

Achim Gruber: Der Tierpathologe ergänzte die Knuddel-Anekdoten durch wissenschaftliche Expertise. Hunde, so Gruber, halten der Gesellschaft ein Stück weit den Spiegel vor. Sie sind Sozialpartner im Alter und mittlerweile auch akzeptierter Kinderersatz. Je größer die Vereinsamung, desto größer auch die (manchmal übertriebene) Tierliebe. Stellvertretend dafür steht der Mops: riesige Augen, kleine Nase, menschliche Stirn. "Das Kindchenschmema", urteilte Gruber. "Der Pflegetrieb des Menschen wird durch diese Hunde extrem bedient." Wie bei Uschi Ackermann. Allerdings drohen durch solche Qualzüchtungen auch schlimme Schäden. Viele Möpse haben Atemnot und ihr Augen, erklärte Gruber, können beim Sprung vom Sofa aus der Augenhöhle springen.

Martin Rütter: Der bekannte Hundetrainer gehört zu den Menschen, die für ihre Tiere gerne mal hochwertige Produkte kaufen – wenn es dem Hund gut tut. Als ihn Frank Plasberg an einem Hundeparfüm schnuppern ließ, war Rütter jedoch bedient. "Das ist fürn Hund natürlich zum Kotzen." Gelächter bei den Zuschauern. Genau wie Gruber übte er scharfe Kritik an Qualzüchtungen. Um etwas für den Tierschutz zu tun, empfahl der überzeugte Vegetarier übrigens weniger Fleisch zu essen.

Svenja Furken: Für die Tierschützerin und Ziegenzüchterin existieren Unterschiede zwischen Haustieren und Nutztieren nur im Kopf. Sie erlebt immer wieder, dass Großstädter überrascht sind, dass Ziegen auf ihren Namen hören und Kommandos beherrschen. Bei Qualzüchtungen müsse härter durchgegriffen worden, forderte Furken. Als Paradebeispiel nannte sie die "Milchkuh, die nur noch ein wandelndes Eutergestell ist". Zudem sprach sie sich für eine gesetzlich verpflichtende Haltungskennzeichnung auf Fleisch- und Wurstpackungen aus.

Was war das Rededuell des Abends?

Unerwartet drängte sich in der zweiten Halbzeit der Sendung eine Zuschauerin vor die Kamera. Plasberg ließ sie zunächst gewähren. Sie stellte sich als "bekennende Feministin" vor und teilte dem Publikum mit, dass die Bundesregierung ihrer Meinung nach "gegen Feminismus im Internet vorgeht". Auch die "Bundesnachrichtendienste" seien beteiligt.

Martin Rütter kommentiert die Unterbrechung mit viel Sarkasmus. "Ist hier jemand, der sich für einen Briefmarkenverein einsetzen möchte?", fragt er Richtung Publikum.

Plasberg versuchte zu schlichten, aber Rütter legte nach. "Wenn ich mich in einer Feminismus-Veranstaltung anketten lasse und sage, ich möchte über Hunde reden, ist das nicht der richtige Rahmen. Was du machst, ist respektlos", sagte er zu der Frau. Plasberg tat genau das Richtige, ging gelassen auf die Störerin ein und schob sie elegant zu seinem Redaktionsleiter, der sie hinter die Kulissen führte.

Am Ende der Sendung sprach Plasberg Rütter noch mal auf seine Reaktion an. "Herr Rütter, ich hatte gedacht, Sie werden noch mal Kampfhund, so wie sie da rangegangen sind."

Was war der Moment des Abends?

Ein Einspieler über das Schlachten von Gänsen in einer Fußgängerzone zeigte den großen Widerspruch in unserer Gesellschaft beim Umgang mit Tieren auf. Haustiere werden oft verhätschelt und Nutztiere normalerweise weit weg von unseren Augen massenhaft geschlachtet. Wird das blutige Handwerk dann mal vor aller Augen durchgeführt, sind Empörung, Entsetzen und sogar Trauer bei einigen groß.

Wie hat sich Frank Plasberg geschlagen?

Der Moderator lebte seine humorvolle Seite vollends aus. "Herr Rütter, ich werde Sie nicht unterbrechen", sagte er zu seinem Gast. "Das ist brav, so ist brav", erwiderte der Hunde-Trainer in Tiersprache. "Soll ich Sitz machen oder reden Sie so weiter?", meinte Plasberg dazu. Als er Rütter später Katzenwasser anbot, antwortete dieser: "Wird man sofort rollig, wenn man`s probiert?" Plasberg: "Sie werden ein Tiger!"

Später zeigte Plasberg schmunzelnd einen Toilletten-Trainiersitz für Katzen in die Kameras. Achim Gruber witzelte: "Den müssen wir aber nicht ausprobieren, oder?"

Was ist das Ergebnis?

Das war eine "Hart aber fair"-Ausgabe der Kategorie "tiefgründig und unterhaltsam". Einerseits zeigte die Sendung den Zusammenhang zwischen der zunehmenden Vereinsamung in der Gesellschaft und der Vermenschlichung von Haustieren auf.

Anderseits wies ein Einspieler darauf hin, dass sich fast 75 Prozent der Verbraucher in einem Test im Zweifel für das Billigfleisch entschieden, bei dessen Produktion das Tierwohl nicht die oberste Priorität besaß. Und das, obwohl die Alternativen in der Kühltruhe gleich daneben lagen.

"Leckerli fürs Hündchen, Bolzenschuss fürs Kälbchen: Mensch, wie geht das zusammen?", fragte die Sendung. Das eine seien eben Haustiere und das andere eben Nutztiere, kommentierte ein Internet-User pragmatisch. Am Ende einer witzigen und zugleich nachdenklich machenden Talkrunde steht die Erkenntnis: Für die Mehrheit der Deutschen geht das offenbar sehr gut zusammen. Zumindest so lange sie sich nicht live ansehen müssen, wie aus einem Lebewesen ein Stück Fleisch oder Wurst wird.

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