Es ist das größte Datenleck der Geschichte: Die "Panama Papers" offenbaren die Eigentümer von 200.000 Briefkastenfirmen. Unter ihnen finden sich viele sehr prominente Namen. Einige der Betroffenen reagieren nervös und gereizt - besonders Wladimir Putin.

Mehr aktuelle News

Für die einen ist es eine "Informationsattacke", für die anderen die wahrscheinlich größte Enthüllungsgeschichte seit Wikileaks: Ein Datensatz mit über 11,5 Millionen Dokumenten von 1977 bis 2015 wurde Journalisten der "Süddeutschen Zeitung" zugespielt. Sie stammen aus der Firma Mossack Fonseca, ein sogenannter Offshore-Provider, der über 200.000 Briefkastenfirmen gegründet hat – auch im Auftrag von sehr prominenten Menschen.

Das ist an sich keine Straftat, sehr oft dienen diese Offshore-Firmen allerdings kriminellen Zwecken. In den "Panama Papers" finden sich Hinweise auf Steuerhinterziehung, Geldwäsche, Verschleierung von Korruption und Umgehung von UN-Sanktionen. Keine Umgebung, in der man als Politiker oder Prominenter auftauchen möchte. Dementsprechend harsch fallen die Reaktionen aus. Experten und die mit der Recherche betrauten Journalisten haben noch weitere brisante Enthüllungen angekündigt, aber schon jetzt sind hunderte bekannte Namen involviert. Hier eine Übersicht über die wichtigsten Personen.

Wladimir Putin

Weit über 100 Namen von ranghohen Politikern finden sich in dem Datensatz. Der von Wladimir Putin nicht. Trotzdem sah sich sein Sprecher vor einer Woche zu einer Vorwarnung an russische Journalisten veranlasst: Es werde Meldungen geben über Offshore-Firmen und ihre Verbindungen zu Putin. Das sei aber nur eine "Informationsattacke", die den Präsidenten und seine Familie treffen solle.

Schon lange gibt es Gerüchte, Putin sei der reichste Mann Russlands. Sicher bewiesen wurde das nie. Die Spur in den "Panama Papers" führt immerhin zu seinem engsten Zirkel: Zu Sergej Roldugin, einem engen Freund, der Taufpate seiner ersten Tochter war. Rodulgin verdient sein Geld eigentlich als Cellist, doch laut den Dokumenten gehören ihm auch mehrere Offshore-Firmen, die in wenigen Jahren Geschäfte in Höhe von zwei Milliarden Dollar abwickelten. Rodulgin ist bei weitem nicht der einzige aus Putins Bekanntenkreis, der in den Dokumenten erscheint: Ehemalige Kollegen vom KGB, Putins Cousin, die Frau seines Pressesprechers – sie alle verdingen sich offenbar als Geschäftsleute im Offshore-Business. Feste Beweise liefern die "Panama Papers" nicht, aber weitere erdrückende Indizien für die Vermutung, Putin sichere sich seinen Reichtum über Strohmänner, die für ihn Anteile an Staatsfirmen halten.

Petro Poroschenko

Der Präsident der Ukraine trat an mit dem Versprechen, seinen Konzern Roshen zu verkaufen. So wollte er Interessenskonflikte vermeiden. Roshen gehört Poroschenko bis heute. Und noch mindestens eine Firma mehr, die Prime Asset Partners Ltd., gegründet im Sommer 2014 über Mossack Fonseca. Der Präsident ließ ausrichten, die Neugründung sei "Teil des Prozesses", sein auf über 850 Millionen Dollar geschätztes Vermögen in einen Trust zu überführen. Ohnehin habe Poroschenko alle Informationen über seine Vermögensverhältnisse offen gelegt. Eine Lüge, behauptet die "SZ": Von Prime Asset Partners Ltd. sei in seinen Einkommenserklärungen 2014 und 2015 keine Rede.

Neben Poroschenko haben noch weitere hochrangige ukrainische Politiker die Dienste von Mossack Fonseca in Anspruch genommen: Die "Gasprinzessin" und ehemalige Premierministerin Julia Timoschenko, Ex-Premier Pawlo Lasarenko und der Bürgermeister von Odessa, Gennadij Truchanow.

Salman ibn Abd al-Aziz

Der König von Saudi Arabien benutzte laut "Panama Papers" ein kompliziertes Geflecht aus Offshore-Firmen, unter anderem um Hypotheken für Luxuswohnungen in London in Höhe von 34 Millionen US-Dollar aufzunehmen. Der Kommentar des Königshauses: Kein Kommentar.

Sigmundur David Gunnlaugsson

Islands Premier zeigte eine bemerkenswerte Reaktion auf die Enthüllungen: Mit Fragen über seine Beteiligung an der Offshore-Firma Wintris konfrontiert, brach er das Interview kurzerhand ab und verließ fluchend den Raum. Nun muss sich Sigmundur Davíð Gunnlaugsson unangenehme Fragen gefallen lassen, schließlich war er eine Führungsfigur in den Protesten nach der Finanzkrise 2008 in Island. Seit 2013 Premierminister, stellte er sich auf die Seite der kleinen Kreditnehmer, die in der ihre Häuser im Zuge der Krise verloren hatten, und gegen internationale Großbanken und Kreditgeber. Im Wahlkampf warb er auch für die Trockenlegung von Steueroasen. Ein Jahr später, schon gewählt, wendete er sich im Parlament gegen das Vorhaben, ähnlich wie Deutschland Daten über Steuerflüchtige anzukaufen – aus gutem Grund, wie man heute weiß. Sonst wäre sein Name wohl schon früher aufgetaucht.

Mauricio Macri

Argentiniens Präsident steht für einen liberalen Wirtschaftskurs, er will mehr internationale Geldgeber anlocken. Mit schwierigen Finanzkonstrukten scheint er vertraut zu sein: Er hielt in seiner Zeit als Bürgermeister von Buenos Aires (2007 bis 2015) Anteile an der Offshore-Firma Fleg Trading, die er laut argentinischen Medien nicht in seiner Vermögenserklärung 2007 und 2008 offengelegt hatte. Sein Sprecher verteidigt Macri: Er habe auch keine Kapitalbeteiligung gehabt, die Firma sei nur Teil eines Familiengeschäftes gewesen.

Lionel Messi

Er hat nur unterschrieben, ohne zu wissen, was in den Verträgen stand. Das ist Messis Verteidigungsstrategie. Seine Stärke auf dem Feld liegt ja eher im Angriff, aber dazu kommt er nicht, zu eindeutig scheint die Sachlage: 4,1 Millionen Euro Steuern soll er hinterzogen haben, über Briefkastenfirmen in Belize und Uruguay. Der Gerichtsprozess gegen den Superstar vom FC Barcelona und fünffachen Weltfußballer startet im Mai. Eine Gefängnisstrafe hat er nicht zu befürchten.

Seit die Vorwürfe aufgekommen sind, hat Messi schon 15 Millionen Euro Steuern nachgezahlt. Mit der Reue scheint es aber nicht weit her, das beweist "Panama Papers": Noch nach den ersten Anschuldigungen gründeten Messi und sein Berater, Vater Jorge Horacio, eine weitere Scheinfirma, die Mega Star Enterprises. Auch diese Dokumente tragen die Unterschrift von Lionel Messi. Aber er hat sicher wieder nicht gewusst, worum es geht.

Michel Platini

Es verwundert kaum noch, aber es finden sich in den Dokumenten sehr viele Namen, die schon in den letzten Monaten sehr oft in der Zeitung standen – im Zusammenhang mit Korruption beim Weltfußballverband Fifa. So gehört Michel Platini zu den Kunden bei Mossack Fonseca. Die Steuerbehörden wüssten über seine Firma Balney Enterprises Corp. Bescheid, richtet der Ex-Präsident der Uefa aus. Er habe das Konto auch nur privat genutzt, nie für die Belange von Fifa oder Uefa. Ähnlich äußerte sich Jerome Valcke, der wegen Korruption entlassene Fifa-Generalsekretär, dem bis 2013 eine Offshore-Firma gehörte. Gleich mehrere hatte Robert-Louis Dreyfus unter seiner Kontrolle. Zur Erinnerung: Das ist der Mann, der dem DFB 6,7 Millionen Euro vorgestreckt hat, die der Deutsche Fußball-Bund laut eigener Darstellung dafür nutzte, ganz legal die WM 2006 nach Deutschland zu holen. Und nicht zu vergessen der Mann, der Uli Hoeneß rund zehn Millionen Euro lieh, angeblich das Startkapital für Hoeneß' Börsengeschäfte.

Last but not least: Der Name Juan Pedro Damiani gehört nicht zu den bekanntesten auf der Liste, aber zu den heikelsten. Der Anwalt aus Uruguay gehört mit seiner Kanzler zu den wichtigsten Kunden von Mossack Fonseca, die "SZ" bezeichnet ihn als "Briefkastenkönig". Was Damiani sonst so macht? Korruption bekämpfen - er gehört der Fifa-Ethikkomission an.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.