Vereinfachte Abschiebungen und die für einige Asylsuchende geplanten Verfahren an den EU-Außengrenzen sind nach Einschätzung einiger Migrationsforscher keine sinnvolle Strategie, um Fluchtbewegungen nach Europa mittelfristig zu bremsen.

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"Weltweit leben zwei Drittel aller Geflüchteten in sogenannten langanhaltenden Vertreibungssituationen", stellten die Autoren des "Reports Globale Flucht" am Montag bei der Präsentation ihres zweiten Jahresberichts vor. Wer nachhaltig etwas bewirken wolle, müsse sich um eine Verbesserung der Lage von Menschen kümmern, die schon vor vielen Jahren aus ihrem Land geflohen seien, nicht zurückkehren könnten und seit langem unter prekären Bedingungen im Exil lebten.

Als Beispiele nannten die Experten syrische Flüchtlinge in der Türkei, die Diskriminierung von Afghanen im Iran, die Situation der aus Myanmar geflohenen Rohingya in Bangladesch sowie die Binnenvertreibung im Kongo.

"Lange schwelende Vertreibungskrisen werden bei uns weitgehend ignoriert, insbesondere dann, wenn sie weit weg sind, doch diese Ignoranz kann verheerende Konsequenzen haben und zu erheblicher Fluchtzuwanderung in der Zukunft führen", sagte Franck Düvell von der Universität Osnabrück. Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems biete keinen Beitrag zur Lösung langanhaltender Fluchtkrisen. "Eine auf die Erhöhung der Zahl der Rückführungen aus Europa ausgerichtete Politik ist weder sinnvoll, nachhaltig noch durchsetzbar", mahnte er.

Benjamin Etzold von der Universität Bonn sagte mit Blick auf die Lage der Palästinenser: "In Gaza sehen wir wirklich die sehr, sehr langfristigen Konsequenzen davon, wenn Flüchtlingssituationen verwaltet werden über Jahre, über Jahrzehnte." Das Gleiche gelte für afghanische Geflüchtete in Pakistan, die dort seit 40 Jahren in einer sehr prekären Situation lebten, immer weiter entrechtet würden sowie keinen Zugang zu Staatsangehörigkeit erhielten.

Er erwarte von der Bundesregierung und der Europäischen Union mehr Engagement, um Lösungen zu finden, die verhinderten, dass Menschen dauerhaft in prekären Situationen leben müssten. Das sei besser als den Fokus daraufzulegen, "dass wir den Zugang von Geflüchteten nach Europa reduzieren wollen, dass wir die Zahlen reduzieren wollen".

Die im April vom Europäischen Parlament gebilligte Reform sieht unter anderem vor, dass Asylgesuche von Menschen aus Herkunftsstaaten mit einer EU-weiten Anerkennungsquote von weniger als 20 Prozent in Auffanglagern an den Außengrenzen geprüft werden.  © dpa

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