Gibt Theresa May nicht freiwillig einen Termin für ihren Rücktritt vom Parteivorsitz bekannt, droht ihr ein Misstrauensvotum. Kooperiert sie, bleiben ihr womöglich noch einige Wochen. Heute soll sich das Schicksal der glücklosen britischen Premierministerin entscheiden.

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Die britische Premierministerin Theresa May berät an diesem Freitag mit dem Vorsitzenden eines einflussreichen Komitees ihrer Konservativen Partei über ihren geplanten Rücktritt.

Das Ergebnis: Sie wird am 7. Juni als Parteichefin zurücktreten. Damit sind wohl auch ihre Tage als Premierministerin gezählt. Beide Ämter sind in Großbritannien traditionell miteinander verknüpft. Ihr blieben möglicherweise aber noch einige Wochen im Regierungssitz Downing Street, bis ein Nachfolger gewählt ist. Als aussichtsreicher Kandidat gilt Ex-Außenminister Boris Johnson.

Theresa May über Abgang: Erst nach nächstem Brexit-Votum beraten

Eigentlich wollte May den Zeitplan für ihren Abtritt erst nach der Abstimmung über ihren Brexit-Gesetzentwurf Anfang Juni vorlegen. Doch die Pläne waren im Parlament auf soviel Widerstand gestoßen, dass es wohl nicht mehr zu einem Votum darüber kommen wird. Die für Freitag geplante Veröffentlichung des Gesetzentwurfs wurde wieder abgesagt.

Das nun auf Eis gelegte Gesetzgebungsverfahren gilt als letzte Chance, um das mit Brüssel ausgehandelten Brexit-Abkommen Mays noch zu retten, das das britische Unterhaus bereits dreimal abgelehnt hatte. Die Premierministerin hatte dazu Zugeständnisse an Brexit-Hardliner in ihrer konservativen Partei und die Opposition angekündigt. Auch eine Abstimmung, ob der Deal den Briten in einem Referendum zur Abstimmung vorgelegt werden soll, war geplant. May hatte den Vorstoß, den sie als "groß und kühn" und als "neuen Brexit-Deal" bezeichnete, noch am Mittwoch im Parlament verteidigt.

Reaktionen auf Wiedervorlage von Mays Deal verheerend

Die Reaktionen darauf waren jedoch vernichtend gewesen. Sowohl aus den Reihen ihrer konservativen Tories als auch aus der Opposition hagelte es Kritik und Rücktrittsforderungen. Die Ministerin für Parlamentsfragen, Andrea Leadsom, legte am Mittwochabend aus Protest gegen die Pläne ihr Amt nieder. An ihre Stelle trat am Donnerstag Mel Stride, der zuvor als Staatssekretär im Finanzministerium tätig war.

Britische Journalisten spekulierten, May könnte den Parteivorsitz bis spätestens 10. Juni abgeben. Während des anschließenden mehrwöchigen Auswahlverfahrens für einen Nachfolger aber die Amtsgeschäfte zunächst weiterführen. Damit wäre sie während des Staatsbesuchs von US-Präsident Donald Trump in Großbritannien (3.-5. Juni) noch im Amt.

Das 1922-Komitee ist für die Organisation der Wahl des Parteichefs und auch seine Abwahl zuständig. Bislang kann ein Misstrauensvotum nur einmal in zwölf Monaten stattfinden. Ein entsprechender Versuch war im vergangenen Dezember gescheitert. Mitglieder drohten bereits, das Gremium könnte die Regeln ändern, um schnell ein neues Misstrauensvotum gegen die Parteichefin zu ermöglichen, sollte sich May weigern zu gehen. Berichten zufolge soll es dazu bereits am Mittwochabend eine geheime Abstimmung gegeben haben, um am Freitag schnell handeln zu können. May müsste sich dann möglicherweise während des Trump-Besuchs einem Misstrauensvotum stellen.

Das 1922-Komitee entstand aus einer Initiative von Abgeordneten aus dem Jahr 1922, die damit die innerparteiliche Zusammenarbeit verbessern wollten. Die eigentliche Gründung war aber erst 1923. (mgb/dpa)

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