• Wegen einer satirischen Darstellung steht die Wiener Wochenzeitung "Falter" derzeit in der Kritik.
  • Politiker werfen dem Medium eine "sexistische" Darstellung von Ex-Kanzler Sebastian Kurz' Freundin vor.
  • Die Zeitung hingegen versteht in der Darstellung eine Abrechnung mit dem System-Kurz.

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Mit einer Montage in einer Satirebeilage hat die Wiener Wochenzeitung "Falter" für erhitzte Diskussionen in der Alpenrepublik gesorgt. Auf Seite drei zeigt die diesjährige Ausgabe von "Best of Böse" den ehemaligen österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz, dessen Lebensgefährtin Susanne Thier, den Außenminister und Ex-Interims-Bundeskanzler Alexander Schallenberg, sowie Herbert Kickl, Chef der rechtspopulistischen Partei FPÖ.

Die Montage gehört zu dem satirischen Jahresrückblick "Best of Böse", welchen der Falter jedes Jahr veröffentlicht. In diesem Jahr trägt es den Titel "Geilzeit", zusammen mit dem Design der Beilage eine Anspielung auf die Beilage "Freizeit" der Kurier-"Tageszeitung".

Für das Bild wurde das Gemälde "Die heilige Familie mit Hirten", des Malers Jacob Jordaens" als Grundlage verwendet und die Gesichter der betroffenen Personen darauf montiert. Die Kritik entzündet sich dabei an der Darstellung Thiers. Diese ist auf dem Bild mit entblößter Brust beim Stillen eines Kindes zu sehen.

Auf Twitter kritisierte etwa die neue Medienministerin Susanne Raab das Bild. Es sei "sexistisch und geschmacklos", schrieb Raab. Thier sei als unbeteiligte Privatperson in die Öffentlichkeit gezerrt und bloßgestellt worden. Nach Ansicht Raabs sei damit eine Grenze überschritten worden.

Grünen-Politikerinnen kritisieren Darstellung als "sexistisch" und "herabwürdigend"

Auch aus den Reihen der Grünen wurde Kritik laut. In einem von österreichischen Medien zitierten offenen Brief der Grünen-Frauensprecherin Meri Disoski und ihrer Parteikollegin Eva Blimlinger bezeichneten die Politikerinnen die Darstellung als "in hohem Maße sexistisch, herabwürdigend, ja geradezu empörend."

Auf Twitter schrieb Disoski, dass Thier "auf eine Mutterrolle festgelegt, in sexualisiertem Zusammenhang" gezeigt werde. Dies sei ihrer Ansicht nach ein Verstoß gegen den Ehrenkodex des Österreichischen Presserates, nach dem "jede Diskriminierung aufgrund des Geschlechts unzulässig ist".

ÖVP-Politiker und dritter Präsident des Wiener Landtags, Manfred Juraczka kritisierte das Bild ebenfalls. In einer Aussendung bezeichnete er es als "eine Chuzpe, die ihresgleichen sucht und an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten ist."

Darin warf er dem Medium zudem vor, das politische Klima zu vergiften. "Der Chefredakteur dieses Blattes geizt in der Regel nicht mit moralischen Überhöhungen. Wenn es aber gegen den politischen Gegner geht, ist man sich nicht zu schade den Schmutzkübel auszupacken und die Moral über Bord zu werfen."

Seine Parteikollegin und Frauensprecherin der Wiener ÖVP erklärte in dem Schreiben, "regelrecht fassungslos und geradezu sprachlos angesichts dieser Unverfrorenheit" zu sein.

Der Journalist und "Zeit im Bild 2"-Moderator (ZIB2) Armin Wolf zeigte sich auf Twitter "erstaunt, dass es in der Redaktion nicht genügend Leute gibt, die bei sowas sagen: ´Das kann nicht euer Ernst sein`." Zwar fände er die Idee hinter dem Titelbild gut, allerdings sei die Ausführung "total daneben".

Falter-Chefredakteur und Herausgeber verteidigen satirische "Heilige Familie"

Inzwischen hat auch der Presserat Österreichs auf das Bild reagiert. Auf seinem offiziellen Twitteraccount schrieb dieser, dass mehrere Beschwerden bezüglich der Montage eingegangen seien. Zudem kündigte das Gremium an, dass sich der zuständige Senat bei der nächsten Sitzung mit damit auseinandersetzen werde.

Der Presserat verwies auch darauf, dass die Presse- und Meinungsfreiheit bei Satire "besonders weit" reiche. Das heiße aber nicht, "dass Satire in einem journalistischen Kontext automatisch ´alles darf`. Insbesondere wenn Satire oder eine Karikatur in die Menschenwürde eingreift, ist von einem Verstoß gegen den Ehrenkodex auszugehen."

Florian Klenk, Chefredakteur des Falters, bezog in der Fernsehsendung "Politik-Insidern" Stellung zu dem Titelbild. Es sei eine Anspielung auf Sebastian Kurz, der die Geburt seines Sohnes als Grund für seinen Rückzug aus der Politik angeführt hatte. Das Bild sei eine "satirische Überhöhung, die zeigen soll, wie verlogen derzeit die ÖVP agiert." Kurz sei nicht wegen der Geburt, sondern wegen der Korruptionsvorwürfe gegen ihn zurückgetreten.

Auch Falter-Herausgeber Armin Thurnher reagierte nach der Veröffentlichung des Bildes auf die Kritik. In einer Kolumne mit dem Titel "Satiren? Verbieten!" schrieb Thurner, dass es dem Falter mit der Darstellung darum gehe, "Leute zu verarschen, die ihrerseits das Bild der Familie und vieles andere missbraucht haben, um das Publikum zu verarschen. Es geht darum, Leute mit einer drastischen Inszenierung zu verarschen, die uns vier Jahre lang mit drastischen Inszenierungen verarscht haben!"

Kurz und Thier hätten in der Vergangenheit gemeinsam das Bild der Familie "gnadenlos instrumentalisiert" und die Geburt ihres Kindes genutzt "um seinen durch Skandale erzwungenen Rückzug mit einem PR-gerechten Schmäh zu verbrämen".

Verwendete Quellen:

  • Aussendung der ÖVP: Juraczka/Keri ad Falter-Cover: Eine Chuzpe, die ihresgleichen sucht
  • Falter: Satire? Verbieten!
  • Puls24: Aufregung um "Falter"-Cover: Grünen-Sprecherinnen rufen Presserat an
  • Twitter-Account von Armin Wolf
  • Twitter-Account von Meri Disoski
  • Twitter-Account des Österreichischem Presserates
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