Der 22 Jahre alte Yousif A., der im Verdacht stand, in Chemnitz an der Tötung von Daniel H. beteiligt gewesen zu sein, kommt auf freien Fuß. Sein Anwalt greift nun die sächsische Justiz scharf an, weil die Unschuldsvermutung für seinen Mandanten nicht gegolten habe. Yousif A. erhält nach seiner Freilassung nun Sicherheitsmaßnahmen.

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Gut drei Wochen nach der tödlichen Messerattacke auf einen 35-jährigen Deutschen in Chemnitz ist einer der beiden inhaftierten Tatverdächtigen nach Angaben seines Anwalts vorerst auf freiem Fuß.

Nach einem Haftprüfungstermin habe das Amtsgericht Chemnitz am Dienstag den Haftbefehl gegen den 22-jährigen Yousif A. aus dem Irak aufgehoben, sagte sein Rechtsanwalt Ulrich Dost-Roxin.

Zuerst hatten NDR und "Süddeutsche Zeitung" darüber berichtet. Vom Gericht war zunächst keine Bestätigung zu bekommen.

Anwalt kritisiert sächsische Justiz scharf

Yousif A. hatte zuvor bereits ausgesagt, er sei nicht an der Tat beteiligt gewesen, sondern habe sie aus ein paar Metern Abstand lediglich beobachtet.

Der Rechtsanwalt des Irakers betonte auf seiner Homepage, es sei "ein Phantasiegebilde der Staatsanwaltschaft", dass sein Mandant einer der Mittäter gewesen sein könnte.

"Kein Tatzeuge bezichtigte meinen Mandanten der Tatbeteiligung. Zeugen konnten ihn auf Lichtbildern nicht identifizieren. Die Polizei fand ein Messer mit Blutanhaftungen der Opfer. Aber Fingerabdrücke meines Mandanten befanden sich daran nicht", erklärte Dost-Roxin.

Später kritisierte er auf einer Pressekonferenz die sächsische Justiz scharf: "Das gravierend Schlimme an diesem Fall ist, dass die vollziehende Gewalt aber auch die Rechtsprechung, also in dem Fall die Gerichte, die Unschuldsvermutung über Wochen mit Füßen getreten haben."

Für Yousif A. werde es nach den Angaben des Anwalts nun Sicherheitsmaßnahmen geben. Die Staatsanwaltschaft habe auf Anregung der Verteidigung entsprechende Maßnahmen ergriffen, sagte Strafverteidiger Ulrich Dost-Roxin.

Um welche es sich genau handelt, wollte er nicht sagen. Er halte die Maßnahmen aber "für verhältnismäßig und gut".

Zweiter Tatverdächtiger von Chemnitz bleibt in Untersuchungshaft

Ein weiterer Tatverdächtiger, ein 23 Jahre alter mutmaßlicher Syrer bleibt hingegen in Untersuchungshaft. Auch darüber hat das Amtsgericht am Dienstag entschieden.

Die beiden Asylbewerber waren verdächtigt worden, am 26. August einen 35 Jahre alten Deutschen auf offener Straße niedergestochen und zwei weitere Männer durch Messerstiche zum Teil schwer verletzt zu haben.

Als weiterer Tatverdächtiger wird ein 22-jähriger Iraker mit Haftbefehl gesucht. Nach ihm wird international gefahndet. Der Tatvorwurf lautet auf gemeinschaftlichen Totschlag.

Fremdenfeindliche Aufmärsche in Chemnitz

Im Anschluss an das Gewaltverbrechen am Rande des Chemnitzer Stadtfestes war es mehrfach zu Demonstrationen von rechten Kräften und fremdenfeindlichen Übergriffen gekommen.

Gegen mehrere Personen laufen Ermittlungsverfahren unter anderem wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Zwei Männer sind wegen des Zeigens des Hitlergrußes bereits zu fünf Monaten Haft beziehungsweise acht Monaten auf Bewährung verurteilt worden. (ank/cai)

Verwendete Quellen:

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