Als einfacher Bundestagsabgeordneter ohne Parteivorsitz und Ministeramt ist Sigmar Gabriel offenbar nicht ausgelastet. Im vergangenen Jahr wollte er sich einen Posten im Aufsichtsrat eines polnischen Konzerns sichern - doch die Bundesregierung hat ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Gegen ein anderes Karrierevorhaben hatte US-Botschafter Richard Grenell Einwände.

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Die Bundesregierung hat dem früheren Wirtschafts- und Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) die Berufung in den Aufsichtsrat eines großen polnischen Konzerns untersagt. Die von Gabriel gewünschte Beschäftigung für die von dem inzwischen verstorbenen Milliardär Jan Kulczyk gegründete Holding so kurz nach seinem Ausscheiden aus dem Ministeramt hätte "öffentliche Interessen" beeinträchtigen können, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Lorenz Gösta Beutin, die der Nachrichtenagentur AFP am Freitag vorlag und über die der "Spiegel" zuerst berichtet hatte.

Die Bundesregierung berief sich bei der Entscheidung auf eine im Bundesministergesetz festgeschriebene Karenzregelung. Dieser Regelung zufolge darf sie die Erwerbstätigkeit von Ex-Ministern für 18 Monate nach dem Ausscheiden aus dem Amt ganz oder teilweise untersagen, wenn öffentliche Interessen beeinträchtigt werden könnten.

Dem "Spiegel" gegenüber erklärte Gabriel, er habe der Kulczyk Holding abgesagt, noch während die Bundesregierung seine mögliche Tätigkeit dort geprüft habe.

"Gabriels Verhalten schadet dem Ansehen der Demokratie"

Die von Kulczyk, der bei seinem Tod 2015 als reichster Mann Polens galt, gegründete Holding hat ihren Sitz im Niedrigsteuerland Luxemburg. Der Linken-Abgeordnete Beutin verwies darauf, dass Gabriel als SPD-Chef immer wieder selbst die Steuervermeidung von Konzernen kritisiert habe.

"Sigmar Gabriels Verhalten schadet dem Ansehen der Demokratie und ihrer Vertreter", sagte Beutin der AFP. "Man gibt bei solch einem gewünschten Seitenwechsel von höchsten Staats- und Parteiämtern auf die Seite von Milliardären und Multis ein Bild der Käuflichkeit ab."

Sperrung für zwölf Monate

Kulczyk hat einen Teil seines Vermögens laut Medienberichten bei der Privatisierung von Staatseigentum nach dem Ende des Kommunismus in Polen gemacht. Der Linken-Politiker Beutin bezeichnete Kulczyks Holding als eine Firma, "die durch den Ausverkauf polnischen Staatseigentums zu Geld gekommen ist und ihre Milliarden an Fiskus und Allgemeinheit vorbeischummelt".

Der Abgeordnete verwies darauf, dass Kulczyk unter anderem mit Investitionen in Kohleförderung und Kohlekraftwerke Geschäfte gemacht habe. Dies sah er im Widerspruch zu Gabriels früherem politischen Engagement als Bundesumwelt- und Bundeswirtschaftsminister.

Aus dem Schreiben von Kanzleramts-Staatssekretär Hendrik Hoppenstedt an Beutin geht hervor, dass Gabriel am 28. September 2018 bei der Bundesregierung seine gewünschte Beschäftigung für die Kulczyk Holding angezeigt habe. Die Bundesregierung habe dann am 28. November 2018 beschlossen, dies für zwölf Monate zu untersagen.

US-Botschafter gegen anderen Job Gabriels

Gegen ein anderes berufliches Vorhaben Gabriels hatte indes der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, etwas einzuwenden. Wie der "Spiegel" schreibt, hat Grenell im vergangenen Jahr gegen die Wahl Gabriels zum Vorsitzenden der Atlantik-Brücke interveniert.

Die Atlantik-Brücke ist eine deutsch-amerikanische Lobby-Organisation. Viele Jahre saß ihr der CDU-Politiker Friedrich Merz vor. Nachfolger wurde Gabriel - Grenells Abneigung gegen die Personalie zum Trotz.

Während sich der Botschafter gegenüber dem "Spiegel" nicht zur Frage äußern wollte, was ihm an Gabriel nicht passt, ließ Gabriel durchklingen, dass er Grenell für eine Fehlbesetzung hält. "Wir bräuchten eigentlich einen amerikanischen Botschafter, der vermittelt, der den Amerikanern, auch wenn er unsere Position nicht teilt, erklärt, warum wir so ticken." Grenell aber trage nichts zur Verbesserung des deutsch-amerikanischen Verhältnisses bei. (mcf)

Verwendete Quellen:

  • afp
  • "Spiegel" vom 16. August 2019: "US-Botschafter wollte Gabriel als Chef der Atlantik-Brücke verhindern"
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