In sozialen Netzwerken kursiert aktuell eine Foto-Collage, die Menschen in zwei Flugzeugen zeigen sollen, die kürzlich aus Afghanistan evakuiert wurden. Wirklich aktuell ist jedoch nur eines der Fotos. Es zeigt einen Evakuierungsflug der US-Luftwaffe. Das andere Foto ist mehrere Jahre alt.

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Zwei Fotos, zwei Flugzeuge – eines überfüllt mit Menschen, eines fast leer. Beiträge in sozialen Netzwerken zeigen beide Fotos nebeneinandergestellt. Daraus wird der Vorwurf konstruiert, Deutschland zeige zu wenig Einsatz bei der Evakuierung Afghanistans.

Ein Facebook-Nutzer schreibt etwa: "Afghanistan: Tut Deutschland genug, um die Ortskräfte und deutsche Staatsbürger auszufliegen? #Hindukusch #Afghanistan. 1. Foto: Amerikanische Rettungsmaschine: 640 Menschen, 2. Foto: Deutsche Rettungsmaschine: 7 Menschen".

Auch auf anderen sozialen Netzwerken wie Reddit und Twitter haben sich die Fotos verbreitet.

Es wird also suggeriert, die beiden Fotos seien aktuell und im Zusammenhang mit der Evakuierung Afghanistan Mitte August 2021 entstanden. Bezogen auf eines der Fotos ist das richtig. Das andere ist jedoch bereits mehrere Jahre alt, hat also mit der momentanen Evakuierung aus Afghanistan nichts zu tun.

Medien in mehreren Ländern berichteten (USA Today, liberation.fr, independent.uk, Welt) in den vergangenen Tagen über das Foto, das den von Menschen überfüllten Laderaum zeigt. Konkret handelt es sich um eine Maschine der US-Luftwaffe am Flughafen Kabul, in der sich Hunderte afghanische Bürgerinnen und Bürger vor den Taliban in Sicherheit gebracht haben.

Nachdem der Flughafen zur einzig verbliebenen Möglichkeit geworden war, das Land zu verlassen, versuchten verzweifelte Afghanen, in die Flugzeuge zu gelangen, wie verschiedene Medienberichte und Videos zeigen.

Foto zeigt überfüllten Evakuierungsflug der US-Luftwaffe

Laut dem US-Magazin Defense One hat eine Maschine der US-Luftwaffe am 15. August 640 Afghanen aus Kabul evakuiert. So viele Menschen mitzunehmen, sei nicht geplant gewesen; in Panik geratene afghanische Männer und Frauen hatten dem Bericht zufolge das Flugfeld gestürmt und sich über die halboffene Laderampe des Flugzeugs in den Laderaum gerettet.

Wir haben das Foto auch in der Bilddatenbank der Deutschen Presse-Agentur (dpa) gefunden. Dort heißt es in der Bildbeschreibung: "Afghanische Bürger sitzen in einer C-17 Globemaster III der US-Luftwaffe, während sie vom internationalen Flughafen Hamid Karzai in Afghanistan wegtransportiert werden, Sonntag, 15. August 2021."

Luftbrücke aus Kabul soll bereits in wenigen Tagen enden

Die Bundesregierung plant ein Ende der militärischen Rettungsflüge aus Afghanistan noch vor dem Wochenende. Die US-Truppen bleiben nur noch bis 31. August und deutsche Soldaten sind auf deren Sicherung vom Flughafen angewiesen. (Teaserbild: picture alliance/Bundeswehr/Marc Tessensohn)

Foto des fast leeren Frachtraums zeigt Bundeswehr-Transportflug im Jahr 2017

Im Gegensatz zu dem ersten Foto stammt das zweite, das einen nahezu leeren Frachtraum mit nur wenigen Menschen zeigt, nicht von der aktuellen Evakuierung des Flughafens Kabul. Über eine Bilderrückwärtssuche fanden wir heraus, dass es sich um ein Bild aus dem Inneren eines Airbus A400M der Bundeswehr handelt.

Medienberichten zufolge ist es korrekt, dass beim ersten Evakuierungsflug der Bundeswehr aus Kabul in der Nacht vom 16. zum 17. August 2021 lediglich sieben Personen ausgeflogen werden konnten. Laut dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) ist die instabile Lage vor Ort der Grund dafür gewesen. Außerdem sei "bis zur letzten Sekunde" nicht klar gewesen, ob das Flugzeug überhaupt habe landen könne.

Das zweite Foto zeigt jedoch nicht diesen Flug. Die Aufnahme stammt vom Journalisten Thomas Wiegold, der in einem Tweet am 17. August zu dem Foto erklärte, dass es sich um ein mehrere Jahre altes Foto aus dem Inneren eines Bundeswehr-Transportflugzeugs handelt: "Vorsicht #fake! Evakuierung aus #Afghanistan: Auf verschiedenen Web-/Facebookseiten kursiert ein Foto von einem A400M, das ich 2017 bei einer Reise mit der damaligen Verteidigungsministerin gemacht habe".

Das Foto findet sich auch auf der Webseite des Journalisten in einem Bericht von 2017.

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