Wie angekündigt hat der Grünen-Politiker Cem Özdemir seine Einladung zum Staatsbankett anlässlich des Deutschlandbesuchs von Recep Tayyip Erdogans wahrgenommen. Özdemir reichte dem türkischen Präsidenten zur Begrüßung die Hand - Erdogans Reaktion fiel kühl aus.

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Die Szene hat die Fantasie vieler Beobachter beflügelt: Der frühere Grünen-Chef Cem Özdemir hat am Freitagabend dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan im Berliner Schloss Bellevue die Hand geschüttelt und dabei auch ein paar Worte an den Staatschef gerichtet.

Erdogan habe beim Defilee vor dem Staatsbankett kühl auf die Worte des Grünen-Politikers Özdemir reagiert - und wandte sich schnell dem nächsten Gast zu.

"Bedauere, dass vom früheren Erdogan nichts übrig ist"

Später schilderte Özdemir, was er Erdogan gesagt hatte: "Ich hoffe, dass es nachher noch eine Gesprächsmöglichkeit gibt. Und ich bedauere, dass von dem früheren Erdogan nichts mehr übrig ist."

Auf seinem Revers trug der Grünen-Bundestagsabgeordnete einen Button, auf dem auf Türkisch stand: "Geben Sie Meinungsfreiheit".

Özdemir, ein erklärter Kritiker des türkischen Präsidenten, hatte die Einladung zu dem Bankett angenommen. Andere Oppositionspolitiker hatten aus Protest gegen die Politik des türkischen Staatspräsidenten zuvor abgesagt.

Mit seiner Teilnahme wolle er ein Signal senden, hatte der Sohn türkischer Eltern gesagt: "Die Opposition in Deutschland gehört zur Politik dieses Landes dazu, wir sind ein fester und notwendiger Bestandteil unserer Demokratie."

Özdemir: Türkei will über Ditib Integrationspolitik torpedieren

Erdogan setzt seinen zweitägigen Staatsbesuch in Deutschland an diesem Samstag in Köln fort. Dort will er die neue Ditib-Zentralmoschee eröffnen und eine kurze Rede halten.

Özdemir hat sich gegen Versuche von türkischer Seite gewandt, in Deutschland "die Integrationspolitik über den Moscheeverband Ditib zu torpedieren". "Das darf nicht toleriert werden", sagte Özdemir der Nachrichtenagentur AFP.

"Gotteshäuser sind nicht Parteizentralen und Imame nicht dazu berufen, Oppositionelle auszuspionieren", stellte er klar. Vielmehr seien "Gotteshäuser dafür da, dass Menschen unterschiedlicher politischer Orientierung dort hingehen können, um gemeinsam zu beten".

Weiter sagte Özdemir, er bedauere die Entwicklung bei dem Moscheeverband, "weil es in den Ditib-Gemeinden viele wohlmeinende Mitglieder gibt. Menschen, die schlicht Gemeinschaft suchen und in der Moscheegemeinde einen Ort finden, wo sie sich mit anderen austauschen und ihren Tee trinken können".

Umso schlimmer sei es, "dass die Türkei versucht, dieses Bedürfnis zu nutzen, um Parteipolitik zu machen".

Kritiker werfen dem größten Moscheeverband in Deutschland vor, ein verlängerter Arm Erdogans zu sein. Der Verband ist eng verflochten mit der türkischen Religionsbehörde Diyanet, die auch die Imame für Ditib aus der Türkei nach Deutschland entsendet.

Er forderte die Bundesregierung und auch die Regierungen der Länder mit Blick auf Ditib auf: "Ich rate wirklich dazu, dass man sich das Schönwünschen einer Realität endlich abschminkt und beginnt, schonungslos die Wirklichkeit wahrzunehmen". (jwo/dpa/AFP)  © dpa

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