• Das Berliner Landeskriminalamt sucht den Verschwörungsideologen und früheren Vegankoch Attila Hildmann per Haftbefehl.
  • Noch bevor dieser öffentlich wurde, hatte Hildmann auf seinem Telegram-Kanal über die gegen ihn erlassene Entscheidung gespottet.
  • Hatte Hildmann Helfer in Justiz-Kreisen? Und warnten ihn Unterstützer vor und ermöglichten ihm so die Flucht in die Türkei?

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Der als Vegankoch bekannt gewordene Attila Hildmann ist weiter auf der Flucht vor der deutschen Justiz. Der 39-jährige Verschwörungsideologe war im Februar in die Türkei gereist, sodass ein Haftbefehl wegen des dringenden Verdachts der Volksverhetzung nicht vollstreckt werden konnte.

Bereits seit Anfang Februar sucht das Berliner Landeskriminalamt (LKA) nach dem Antisemiten. Auffällig: Noch bevor der Haftbefehl öffentlich wurde, spottete Hildmann auf seinem verschwörungsideologischen Telegram-Kanal über die Versuche der Polizei, seiner habhaft zu werden.

Hatte Hildmann Helfer in Justiz-Kreisen? Und warnten ihn diese Unterstützer vor und ermöglichten ihm so die Flucht ins Ausland?

Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft geht dem nach. "Es besteht der Verdacht, dass Informationen über einen vorliegenden Haftbefehl gegen den Beschuldigten Hildmann in unzulässiger Weise weitergegeben worden sind", erklärte die Behörde am Dienstag auf Twitter. Sie ermittele "gegen Unbekannt wegen Verletzung von Dienstgeheimnissen". Zuvor hatten "Süddeutsche Zeitung" und WDR über einen möglichen Insider berichtet, der Hildmann einen Tipp gegeben haben soll.

Genauen Umstände von Hildmanns Flucht beschäftigen Ermittler

Allerdings sieht die Generalstaatsanwaltschaft "kein Zusammenhang zwischen der Informationsweitergabe und der Flucht". Hildmann habe sich "nach unseren Erkenntnissen bereits geraume Zeit vor Erlass des Haftbefehls ins Ausland abgesetzt", heißt es in einem weiteren Tweet.

Mit der Reise in die Türkei hat sich Hildmann dem Zugriff der deutschen Polizei entzogen. Hildmann hat neben der deutschen auch die türkische Staatsbürgerschaft, Ankara liefert in der Regel keine eigenen Staatsbürger aus. Mit einer zeitnahen Vollstreckung des gegen ihn gerichteten Haftbefehls sei deshalb "nicht zu rechnen", erklärte die Generalstaatsanwaltschaft bereits Ende März. Die genauen Umstände von Hildmanns Flucht vor der Justiz beschäftigen die Ermittler weiterhin intensiv.

Zu dem Zeitpunkt, als Hildmann zum ersten Mal öffentlich auf seinem Telegram-Kanal über den Haftbefehl gegen ihn berichtete, war die vom Amtsgericht Berlin-Tiergarten erlassene Entscheidung noch so frisch, dass laut "SZ" und WDR nicht einmal die zuständigen Staatsanwälte davon gewusst haben wollen. Der Kreis der Personen, die bei dem Gericht von Haftbefehlen erfahren können, gilt aber als überschaubar.

Hildmann bestreitet, Tipps aus der Justiz bekommen zu haben

Hildmann erklärte am Montagabend auf seinem Telegram-Kanal, dass "der 'Maulwurf'" Polizisten des Berliner LKA gewesen seien, die bei seiner Mutter nach ihm gefragt hätten. Er suggeriert damit, dass ihn diese wiederum informierte. Zudem habe er nach früheren Hausdurchsuchungen geahnt, dass die Polizei "eines Tages kommt".

Im November hatte die Brandenburger Polizei bei einer Durchsuchung von Hildmanns Wohnung in Wandlitz Beweise zunächst präventiv sichergestellt. Im Dezember war dann per richterlichem Beschluss in Berlin erwirkt worden, dass die Staatsanwaltschaft mehrere Laptops, Handys, Speicherkarten und USB-Sticks auswerten kann.

Berliner Anklagebehörde prüft mehr als 1.000 Äußerungen

Die Ermittlungen sind in Berlin gebündelt worden. Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) hatte dies mit einer effektiven Strafverfolgung begründet. Mehrere Ermittlungsverfahren aus Brandenburg waren demnach an die Behörde in der Hauptstadt übergeben worden.

In dem Ermittlungsverfahren gegen Hildmann überprüft die Berliner Anklagebehörde mehr als 1.000 Äußerungen. Es geht dabei neben dem Verdacht auf Volksverhetzung um den Verdacht der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

Früher als veganer Kochbuchautor bekannt, nennt Hildmann sich selbst "ultrarechts" und einen Verschwörungsprediger. Hildmann war wiederholt bei Protesten gegen die Corona-Schutzmaßnahmen aufgetreten und hat sich seit Beginn der Pandemie zunehmend radikalisiert. Sein Telegram-Kanal strotzt seit geraumer Zeit vor Hass gegen Jüdinnen und Juden sowie antisemtischen Verschwörungsmythen. (dpa/afp/mf)

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