In den gesamten USA kam es nach dem Tod von George Floyd zu Protesten. Dabei steht die Polizei massiv in der Kritik. Amnesty International wirft ihr nun schwere Menschenrechtsverletzungen vor. Die US-Polizei soll wiederholt körperliche Gewalt angewendet haben, um friedliche Proteste aufzulösen.

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Bei ihren Einsätzen gegen Anti-Rassismus-Demonstranten hat die US-Polizei nach einem Bericht von Amnesty International in den vergangenen Monaten schwere Menschenrechtsverletzungen begangen.

Die Sicherheitskräfte hätten wiederholt körperliche Gewalt, chemische Reizstoffe wie Tränengas und Pfefferspray sowie Geschosse eingesetzt, um friedliche Proteste aufzulösen, heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Studie.

Die jüngsten Ereignisse hätten Bedenken hinsichtlich "des Rechts auf Leben, der Sicherheit von Personen, dem gleichen Schutz vor dem Gesetz" sowie der freien Meinungsäußerung und der friedlichen Versammlung geweckt.

Die landesweiten Proteste waren durch den Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis Ende Mai ausgelöst worden.

Insgesamt 125 voneinander unabhängige Fälle

In dem Bericht listet die Menschenrechtsorganisation "unverhältnismäßige und oft exzessive Gewalt" in 40 US-Bundesstaaten sowie der Hauptstadt Washington auf - insgesamt 125 voneinander unabhängige Fälle.

Opfer von Schlägen, Tränengas und dem "wahllosen" Abfeuern zum Beispiel von Gummigeschossen seien nicht nur Demonstranten geworden, sondern auch Rettungskräfte und Journalisten.

In 89 Fällen in 34 Bundesstaaten hätten Polizisten zwischen dem 25. Mai und dem 5. Juni unnötigerweise Tränengas eingesetzt, schreibt Amnesty. In 21 Fällen in 15 Bundesstaaten und der Hauptstadt Washington sei rechtswidrig Pfefferspray verwendet worden.

Der Einsatz von Tränengas und Pfefferspray sei in der Coronakrise besonders zu verurteilen, weil die Demonstranten ihre Schutzmasken abnehmen müssten, um sich die Reizstoffe aus dem Gesicht zu spülen, erklärte die Menschenrechtsorganisation.

Amesty fordert härteres Vorgehen

Die Organisation forderte ein härteres Vorgehen gegen gewalttätige Polizisten, auch hochrangige Beamte. Alle müssten in Straf- oder Disziplinarverfahren zur Rechenschaft gezogen werden.

"Die unverhältnismäßige und oft exzessive Gewaltanwendung gegen die Protestierenden in den USA zeigt in aller Deutlichkeit die zumeist straflos bleibende brutale Polizeigewalt und den institutionellen Rassismus, gegen die die Menschen auf die Straße gegangen sind", sagte die USA-Expertin Katharina Masoud von Amnesty International in Deutschland laut AFP.

Die Polizei müsse den Demonstranten ermöglichen, "ihr Menschenrecht auf friedvollen Protest auszuüben, anstatt mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen sie vorzugehen".

Jährlich werden mehr als 1.000 Menschen in den USA von Polizei getötet

Amnesty zufolge werden pro Jahr in den USA mehr als 1.000 Menschen von der Polizei getötet. Da die Regierung keine Daten dazu erhebe, sei die genaue Zahl unbekannt. Aus Statistiken geht hervor, dass unverhältnismäßig viele Schwarze unter den Todesopfern sind.

Der unbewaffnete Floyd war am 25. Mai in der Stadt Minneapolis im Bundesstaat Minnesota bei einer Festnahme ums Leben gekommen. Die Polizisten hielten ihn auf der Straße brutal am Boden.

Ein weißer Beamter drückte ihm sein Knie rund acht Minuten lang in den Hals. Sein Tod führte zu Massenprotesten gegen Polizeigewalt und Rassismus, die nach anfänglichen Ausschreitungen größtenteils friedlich abliefen.

Immer wieder kam es zu Einsätzen von Sicherheitskräften, die als unverhältnismäßig kritisiert wurden - so bei der gewaltsamen Räumung eines Platzes vor dem Weißen Haus, in dessen Nähe Präsident Donald Trump kurze Zeit später mit einer Bibel vor einer Kirche posierte, oder bei Einsätzen von Bundes-Beamten in Portland (Oregon). (ff/awa/dpa/afp)

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George Floyds sechsjährige Tochter hat in einem Fernsehinterview diese Woche ihren verstorbenen Vater als gütigen und liebevollen Menschen beschrieben. Ihre Mutter erinnerte sich unter Tränen daran, wie sie Gianna die schreckliche Nachricht überbringen musste.
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