In einer Regierungserklärung wendet sich Angela Merkel einen Tag nach Verkündung eines neuen Lockdowns an Bundestag und Bürger. Sie verteidigt ihre Entscheidung, mit harter Hand gegen die zweite Corona-Welle vorzugehen.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die drastischen Einschnitte gegen eine unkontrollierte Ausbreitung des Corona-Erregers in Deutschland als nötig verteidigt. "Die Maßnahmen, die wir jetzt ergreifen, sind geeignet, erforderlich und verhältnismäßig", sagte Merkel am Donnerstag in einer Regierungserklärung im Bundestag. "Ich will es klar sagen: Ich verstehe die Frustration, ja die Verzweiflung gerade in diesen Bereichen", sagte sie mit Blick auf Kritik etwa aus der Gastronomie.

"Die Pandemie macht uns so klar wie selten: Wir sind Teil des Ganzen", sagte Merkel. "Verhalten wir uns rücksichtslos, ohne Mindestabstand, ohne Mund- Nasen-Schutz, mit Feiern auf engstem Raum, dann heizen wir die Ansteckungen weiter an und bringen unsere Mitmenschen in ernste Gefahr. Halten wir uns an die Regeln, die jetzt gelten, dann helfen wir unserem Land und im Ergebnis jeder und jedem von uns, diese gewaltige Prüfung zu bestehen."

Kanzlerin Merkel will Corona-Risikogruppen schützen

Als einen Hauptgrund für die allgemeinen Kontaktbeschränkungen nannte die Kanzlerin das Abwenden von Gefahr für Risikogruppen. Die Gefahr, dass sich immer mehr Angehörige von Risikogruppen anstecken, sei groß.

"Eine vollständige Abschirmung solcher Risikogruppen kann kein milderes Mittel sein", betonte Merkel. Ältere, Menschen mit Vorerkrankungen und auch ganz Gesunde könnten schwer erkranken. "Deshalb überzeugen mich die anderen Konzepte nicht."

Merkel: "In der aktuellen Lage kann der dynamische Anstieg der Infektionszahlen entscheidend nur durch eine generelle und systematische Reduzierung der Kontakte verhindert werden."

Bund und Länder hatten sich auf einem Corona-Gipfel am Mittwoch darauf geeinigt, die zweite Infektionswelle mit strengen Kontaktbeschränkungen für die Bürger und einem weitgehenden Herunterfahren aller Freizeitaktivitäten zu brechen.

Merkel appelliert an Bürgerinnen und Bürger, auf Kontakte zu verzichten

Merkel rief zudem erneut zum Verzicht auf nicht notwendige persönliche Begegnungen auf. "So, wie wir Menschen schon so viele große Probleme in unserer Geschichte bewältigt haben, so kann auch in der Pandemie jeder und jede von uns aktiv dazu beitragen, dass wir diese Pandemie mit vereinten Kräften bewältigen", sagte die CDU-Politikerin.

Aktiv dazu beizutragen, heiße in diesem Fall: "Verzichten, auf jeden nicht zwingend erforderlichen Kontakt. Das genau ist der Kern der Pandemiebekämpfung, an dem unsere Maßnahmen alle ansetzen."

Die Kanzlerin stimmte die Bürgerinnen und Bürger auf schwierige Monate ein, zeigte sich aber auch zuversichtlich. "Miteinander und füreinander, nur so kommen wir durch diese historische Krise. Der Winter wird schwer. Vier lange, schwere Monate. Aber er wird enden", sagte sie.

In den vergangenen acht Monaten habe man bereits gemeinsam gelernt und sich beigestanden. "Das zeichnet diese Gesellschaft aus. Diese Hilfsbereitschaft, dieser Gemeinsinn sind es, die mich zuversichtlich sein lassen."

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Merkel positioniert sich gegen Corona-Leugner

Es komme auf jede und jeden Einzelnen sowie Engagement, Ausdauer und Rücksichtnahme aller an, sagte Merkel in ihrer Regierungserklärung weiter. Die Pandemie stelle die Gesellschaft in mehrfacher Hinsicht auf eine Bewährungsprobe - medizinisch, politisch, wirtschaftlich und sozial.

Deutschland werde dem nur mit Zusammenhalt und der Bereitschaft zum transparenten Austausch begegnen können. Die bisherigen Anstrengungen vieler Bürger beeindruckten und berührten sie zutiefst.

Merkel betonte: "Kritische Debatte schwächt nicht die Demokratie, sie stärkt sie." Lüge und Desinformation, Verschwörungen und Hass beschädigten aber nicht nur die Debatte, sondern auch den Kampf gegen das Virus.

Was sich als wissenschaftlich falsch erwiesen habe, müsse klar benannt werden. Davon hingen auch Menschenleben ab. "Beschwichtigendes Wunschdenken und populistische Verharmlosung wären nicht nur unrealistisch. Es wäre unverantwortlich." (dpa/ank)

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