1.178 neue Corona-Fälle hat der türkische Gesundheitsminister zuletzt vermeldet. Zu wenig, wie der Chef der türkischen Ärztevereinigung glaubt. Denn nach Ansicht des Experten spiegeln die Corona-Zahlen der Regierung nicht die Realität wider. Er sieht das Land sogar an einem neuen Infektionshöhepunkt.

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Der Chef der türkischen Ärztevereinigung hat die offiziellen Corona-Fallzahlen der Regierung in Ankara angezweifelt. "Sie spiegeln nicht die Wirklichkeit wider", sagte Sinan Adiyaman der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag. Die Türkei befinde sich anders als offiziell vermittelt auf einem neuen Höhepunkt der Infektionszahlen.

Die Ärztevereinigung (TTB) habe zuletzt am Mittwoch Fallzahlen von Mitgliedsverbänden aus 25 Provinzen erhalten. Demnach muss die Zahl der Neuinfektionen landesweit höher sein als die zurzeit mehr als 1.000 gemeldeten Fälle pro Tag.

Vor allem in der Hauptstadt Ankara und im Südosten des Landes sei die Anzahl der Neuinfektionen stark gestiegen, sagte Adiyaman. Die Intensivbetten in den staatlichen Krankenhäusern der südosttürkischen Metropole Diyarbakir und in der Provinz Sanliurfa seien voll belegt.

Türkischer Gesundheitsminister weist Vorwürfe zurück

Gesundheitsminister Fahrettin Koca wies am Donnerstag solche Vorwürfe zurück. "In keiner Provinz haben wir volle Krankenhäuser aufgrund von COVID-19, wir haben sogar kein Krankenhaus an der Kapazitätsgrenze. Die Vorwürfe sind haltlos", schrieb Koca auf Twitter.

Am Dienstag war die Zahl der gemeldeten täglichen Neuinfektionen in der Türkei erstmals seit rund drei Wochen wieder auf mehr als 1.000 gestiegen. Am Mittwochabend meldete Gesundheitsminister Koca 1.178 neue Fälle.

Als Reaktion verschärfte Ankara landesweit die Kontrollen der Abstands- und Hygieneregeln. Innenminister Süleyman Soylu rief die Bürger dazu auf, sich an die Vorschriften zu halten.

Adiyaman forderte zudem, dass die Regierung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan deutlich mehr Tests durchführen und die intensive Rückverfolgung von Infektionsketten wieder aufnehmen muss. Die TTB hat nach eigenen Angaben in 65 der 81 Provinzen Verbände und repräsentiert 70 Prozent der Mediziner im Land.

Deutschland hat Reisewarnung für die Türkei teilweise aufgehoben

Die Türkei hatte im März ihren ersten Coronavirus-Fall gemeldet und rund drei Monate lang strenge Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus erlassen. Seit Anfang Juni wurden die Restriktionen nach und nach abgebaut.

Die Bundesregierung hatte am Mittwoch eine Reisewarnung für vier beliebte Urlaubsregionen in der Türkei aufgehoben. Sie gilt seitdem nicht mehr für die Provinzen Antalya, Izmir, Aydin und Mugla. Für den Rest des Landes besteht die Warnung weiter.

Die türkische Regierung hatte immer wieder betont, dass die Zahl der mit dem Coronavirus Infizierten an den Urlaubsorten gering ist. (dpa/thp)

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