Wenn es draußen nass und kalt wird, wird drinnen wieder geschnieft und gehustet. Schnell hat man sich mit einer Erkältung oder Grippe angesteckt - doch mit einem ganz einfachen Mittel kann man das Risiko enorm senken.

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Ein wirksames wie einfaches Mittel der Prävention von Infektionen, das sagen Mediziner seit vielen Jahren, ist das Händewaschen. Doch ausgerechnet bei der Handhygiene gibt es einer Studie zufolge Nachholbedarf sowohl bei Männern als auch bei Frauen.

Im Interview sprechen wir mit Hygieniker Ernst Tabori darüber, wann man sich unbedingt die Hände waschen sollte, welche Gefahren bei mangelnder Hygiene lauern und ob Desinfizieren nicht besser ist als Wasser und Seife.

Manche Menschen waschen sich 20-mal am Tag die Hände. Andere hingegen nur, wenn sie auf der Toilette waren - oder selbst dann nicht. Wann sollte man sich auf jeden Fall die Hände waschen?

Ernst Tabori: Auf jeden Fall, wenn man auf der Toilette war. Außerdem: Wenn man nach Hause kommt oder seinen Zielort, zum Beispiel das Büro, erreicht, vor dem Essen sowie vor und bei Bedarf während der Zubereitung des Essens.

Vor allem immer, nachdem man Fisch und Fleisch verarbeitet hat, müssen die Hände gewaschen werden. Vor allem Geflügelfleisch ist zu einem hohen Prozentsatz auch mit multiresistenten Erregern kontaminiert.

Welche krankmachenden Keime können denn überhaupt über die Hände in den Körper gelangen?

Die Hände können im Prinzip für alle Krankheitserreger der "Lift" sein. Tatsächlich kommen die meisten Keime - Bakterien, Pilze und Viren - über die Hände in und an den Körper. Oder über Nahrungsmittel, die mit ungewaschenen Händen angefasst wurden.

Auch sogenannte Tröpfcheninfektionen können zusätzlich mittels der Hände übertragen werden.

Auf der Webseite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung steht: "Bis zu 80 Prozent aller ansteckenden Krankheiten werden über die Hände übertragen." Stimmt das?

Richtig! Das Händewaschen ist die mit Abstand wichtigste Einzelmaßnahme, die ein Mensch ergreifen kann, um sich und andere vor Infektionen zu schützen.

Es würde mit Sicherheit weniger Erkältungs- und Magen-Darm-Infektionen geben, wenn die Händehygiene bei Menschen eine größere Rolle spielen würde.

Des Menschen Glück ist, dass nur ein kleiner Teil der Keime, mit denen wir im normalen Alltag in Kontakt kommen, pathogen, also krankmachend sind.

Warum sollte man sich die Hände mit Wasser und Seife waschen? Reicht Wasser nicht aus?

Wasser ist schon einmal besser als nichts. Allerdings löst Wasser alleine einen Großteil der Keime nicht.

Man muss sich das so ähnlich vorstellen, wie wenn man versucht, Öl - zum Beispiel das Öl einer Fahrradkette - abzuwaschen. Da würde auch niemand auf die Idee kommen, das nur mit Wasser zu versuchen.

Öl braucht einen Adapter wie Seife, die sich wie ein Kleber an das Wasser und das Öl bindet und das Öl dann sozusagen mit abreißt. So ist es auch mit den Keimen.

Wie lange sollte man sich die Hände waschen?

Richtiges Händewaschen dauert 30 Sekunden, dabei kann man zweimal "Fuchs, du hast die Gans gestohlen" oder "Happy Birthday" summen.

Länger ist nicht notwendig, aber bei weniger Zeit ist die Händereinigung weniger gründlich.

Und danach? Mit Papiertüchern abtrocknen oder lufttrocknen lassen?

Ideal sind Papierhandtücher. Sie wirbeln nicht nur keinen Dreck auf, sondern mit ihnen wischt man sich auch noch den letzten Rest Schmutz ab.

Kann häufiges Händewaschen schaden?

Die Hände werden durch das Waschen ausgetrocknet. Daher sollte man ihnen - gerade auch in der kalten Jahreszeit – im Anschluss eine Pflegecreme gönnen.

Problematisch wird es allerdings erst, wenn ein zwanghaftes Waschverhalten praktiziert wird- Das ist allerdings ein anderes Thema, da muss der betreffende Patient gezielt behandelt werden.

In Drogeriemärkten gibt es Desinfektionsgels und -lösungen, die in etwa so viel kosten wie Seifen und offenbar auch so verwendet werden sollen. Was halten Sie davon?

Im normalen häuslichen Alltag braucht man für gewöhnlich keine Händedesinfektion.

Wenn man allerdings auf Reisen ist oder sonst keine Möglichkeit hat, sich die Hände adäquat zu waschen, können die Desinfektionsmittel eine gute Alternative sein.

Was ist der Unterschied zwischen Waschen und Desinfizieren?

Beim Waschen werden die Keime beseitigt, beim Desinfizieren werden sie abgetötet beziehungsweise Viren inaktiviert.

Kleine Kinder waschen sich ja noch nicht die Hände, fassen aber alles an und stecken sich die Finger dann in den Mund. Sollte man ihnen die Hände waschen? Oder reicht es, mit dem Feuchttuch drüber zu wischen, wenn sie eine Ziege gestreichelt oder in der S-Bahn etwas angefasst haben?

Ein Feuchttuch ist okay. Außerdem werden Kinder ja relativ häufig gebadet und überhaupt recht oft zumindest teilweise gewaschen.

Dennoch kann man versuchen, sie früh spielerisch an das Thema heranzuführen, so dass das Händewaschen selbstverständlich wird. Zum Beispiel indem man ihnen zeigt, dass Öl nicht wasserlöslich ist, dass es aber mit Seife weggeht. Und schäumende Seife mögen Kinder sehr gerne!

Man sollte bei der Wahl der Seifen allerdings vor allem für Kinder immer ein hautschonendes Produkt ohne unnütze Zusätze wählen.

Dr. Ernst Tabori ist Gynäkologe und außerdem Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin sowie Infektiologe. Er ist ärztlicher Leiter des Deutschen Beratungszentrums für Hygiene (BZH), das seinen Sitz in Freiburg hat. Es berät zahlreiche Institutionen in Sachen Krankenhaushygiene und Infektionsprävention.
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