Nach einer überstandenen Corona-Infektion ist für einige nicht Schluss: Manche klagen noch Monate danach über Folgebeschwerden. Ein Forschungsteam fand nun heraus: Die Wahrscheinlichkeit, an Long Covid zu erkranken, hängt mit der Virusvariante des Coronavirus zusammen.

Mehr zum Thema Gesundheit

Die Corona-Infektion ist überstanden – doch danach ist vieles nicht mehr, wie es einmal war. Drei oder noch mehr Monate danach fühlen sich Menschen, die an Long Covid leiden, antriebslos, sind unkonzentriert oder klagen über Kopfschmerzen. Die Langzeitfolgen nach einer Infektion können ganz verschieden sein.

Weshalb manche auch nach einer Corona-Infektion körperliche und kognitive Probleme haben, ist laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) bislang nicht ausreichend erforscht. Eine neue Studie bestätigt nun jedoch die Annahme, dass die Virusvariante ausschlaggebend sein könnte.

Deutlich geringeres Long-Covid-Risiko nach Omikron-Infektion

Laut dem RKI gab es bereits Hinweise darauf, dass die Häufigkeit von Long Covid nach Infektionen mit der Omikronvariante niedriger sein könnte als nach Infektionen mit früheren Virustypen. Eine Untersuchung der Universitätsmedizin Halle bestätigt diese Vermutung nun. Die Studie erschien im Fachjournal "International Journal of Infectious Diseases".

"Unsere Studie zeigt, dass der prozentuale Anteil von Menschen mit Long-Covid-Symptomen nach einer Infektion in der Zeit, als Omikron vorherrschte, am geringsten war."

Sophie Diexer, Erstautorin

Das Risiko, an Long Covid zu erkranken, ist laut dem Forschungsteam "nach einer Infektion mit der Omikron-Variante deutlich geringer als nach einer Ansteckung mit früheren Corona-Varianten", wie es in einer Mitteilung zur Studie heißt. "Unsere Studie zeigt, dass der prozentuale Anteil von Menschen mit Long-Covid-Symptomen nach einer Infektion in der Zeit, als Omikron vorherrschte, am geringsten war", wird Erstautorin Sophie Diexer zitiert.

Die Studienergebnisse zeigen: Das Long-Covid-Risiko war nach einer Omikron-Infektion rund drei- bis viermal geringer als nach einer Wildtyp-Infektion. Als Wildtyp wird die Variante bezeichnet, die im Jahr 2019 erstmals bei Menschen nachgewiesen wurde. Bei rund der Hälfte derer, die sich mit dieser Variante infizierten, kam es zu anhaltenden Beschwerden. Auch bei Studienteilnehmenden mit Alpha- oder Delta-Infektionen war der Anteil derer, die über Long-Covid-Symptome klagten, größer als bei Omikron-Infizierten.

Viele steckten sich jedoch mit der damals vorherrschenden Omikronvariante an. "Rein zahlenmäßig sind insofern die meisten Menschen nach einer Omikron-Infektion an Long Covid erkrankt", erklärt Diexer.

Long-Covid-Risiko ist auch nach zweiter Infektion geringer

Weiter fand das Forschungsteam heraus, dass eine überstandene Corona-Infektion einen schützenden Effekt hat. "Menschen, die nach ihrer ersten Infektion keine anhaltenden Symptome entwickelten, hatten bei einer wiederholten Ansteckung ein deutlich geringeres Long-Covid-Risiko als Menschen, die erstmalig an Covid-19 erkrankten", sagt Diexer. "Uns hat die Stärke dieses Effekts überrascht."

Ob auch eine Impfung gegen Long Covid hilft, konnte das Forschungsteam bislang nicht herausfinden. Wegen des Zeitpunkts der Studie sei eine Analyse des auf Omikron zugeschnittenen Impfstoffs noch nicht möglich gewesen, heißt es.

Für die Studie analysierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Angaben von 11.000 Menschen zu deren Infektionsgeschichte, Impfstatus und den Beschwerden zwölf oder mehr Wochen nach einer Infektion. Dabei verglichen sie das Risiko, nach einer Infektion mit dem Wildtyp, Alpha, Delta und Omikron, Long Covid zu entwickeln. Die Teilnehmenden füllten dafür bis Mitte Juni 2022 einen Fragebogen mit einer Liste von 24 typischen Long-Covid-Symptomen aus.

Lesen Sie auch: Long Covid: Die vergessenen Patientinnen und Patienten der Pandemie

Wenig Unterschiede der Long-Covid-Symptome je nach Virusvariante

Mehr als 60 körperliche und psychische Folgeerscheinungen nach einer Corona-Infektion sind bekannt. Die Befragten berichteten vor allem von schwerer Erschöpfung (14 Prozent), starken Kopfschmerzen (8 Prozent) und schwerer Kurzatmigkeit (7 Prozent). Die Symptome seien unabhängig von den Varianten ähnlich gewesen, "mit der Ausnahme, dass Geruchs- und Geschmacksstörungen bei der Omikron-Variante seltener auftraten als bei den anderen Varianten", heißt es in der Studie.

Vorherige Einzelstudien zeigten außerdem: Wer nach einer Omikronvariante an Long Covid erkrankt, leidet im Schnitt unter weniger schweren Symptomen und die Genesung verläuft schneller.

Die aktuelle Studie der Universitätsmedizin Halle wurde im Rahmen der DigiHero durchgeführt, einer deutschlandweiten bevölkerungsbasierten Studie zur digitalen Gesundheitsforschung. In weiteren Schritten will das Forschungsteam unter anderem herausfinden, wie lange die Long-Covid-Symptome anhalten.

Die deutschen Patientenleitlinien definieren bei Long Covid Beschwerden, die länger als vier Wochen nach der Corona-Infektion bestehen, bei Post Covid länger als zwölf Wochen. Long Covid umfasst als Oberbegriff aber auch alle Langzeitbeschwerden.

Verwendete Quellen:

  • Website des Robert-Koch-Instituts (RKI)
  • Mitteilung der Universitätsmedizin Halle: "Long COVID: Geringeres Risiko nach Omikron-Infektion und nach erneuter Infektion"
  • Studie im International Journal of Infectious Diseases: "Association between Virus Variants, Vaccination, Previous Infections, and Post COVID-19 Risk"
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.