• Bei Stress können die Haare vermehrt ausfallen.
  • Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.
  • Die Haare sind nicht unwiederbringlich verloren, das können wir tun.

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Einigen dürfte das bekannt vorkommen: In einer stressigen Phase bleiben morgens deutlich mehr Haare als sonst in der Bürste hängen oder sammeln sich im Abfluss der Dusche. Model Marie Amière berichtete kürzlich sogar, dass ihr durch Stress die Haare so heftig ausgefallen seien, dass sie sich kurzerhand eine Glatze rasierte.

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Haarausfall bei Stress ist keine Seltenheit. "Allerdings besteht nicht die Gefahr, dass alle Haare auf einmal ausfallen", sagt Professorin Dr. Eva Peters im Gespräch mit unserer Redaktion. Sie ist Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und Fachärztin für Dermatologie. "Allein durch Stress bekommt niemand eine Glatze, sondern das betrifft höchstens 20 bis 30 Prozent der Haare."

Haare reagieren auf Stress

Auch das kann sich allerdings durch weniger Fülle auf dem Kopf bemerkbar machen. Normalerweise verlieren wir ungefähr 100 Haare am Tag. In stressigen Phasen können es aber auch 200 Haare und mehr sein.

Die Haare am Körper wachsen nie alle auf einmal, sondern im Wechsel miteinander. Jedes Haar pendelt dabei zwischen einer Wachstumsphase und einer Ruhephase. "Etwa zehn bis 20 Prozent der Haare sind immer in der Ruhephase, in der sie auch leicht ausfallen", sagt die Dermatologin. Danach bilden die Haarfollikel neue Haare aus. Bei Stress kann sich der Anteil erhöhen und 30 bis 40 Prozent der Haare können in die Ruhephase übergehen – und entsprechend ausfallen.

Haare wechseln in Ruhephase

Männer und Frauen sind von stressbedingtem Haarausfall gleich stark betroffen. "Dabei passieren im Körper mehrere Dinge auf einmal", sagt die Expertin. Zum einen ist bei chronischem Stress die Ausschüttung des Hormons Cortisol dauerhaft verändert. Das wirkt sich auf Regenerationsprozesse aus und damit auf die Wundheilung – und eben auch auf die Haarwurzeln, die die Haare produzieren.

Noch entscheidender ist aber ein Prozess, der direkt an den Haarfollikeln passiert: Die Haare sind über Nervenfasern eng mit dem restlichen Körper vernetzt. "Bei Stress werden sogenannte Neuropeptide ausgeschüttet", sagt Peters. In einer Art Kettenreaktion führt das dazu, dass es zu einer Entzündungsreaktion kommt, die die betroffenen Follikel dazu bringen, die Wachstumsphase zu verlassen und in die Ruhephase zu gehen, sodass die Haare an dieser Stelle ausfallen können.

Der Körper spart Energie

"Letztlich ist das ein Schutzmechanismus des Körpers", sagt die Expertin. Haarwachstum braucht viel Energie – und die spart der Körper sich bei großem Stress, um sie an anderer Stelle einsetzen zu können.

"Außerdem sehen wir an den Haaren, was bei Stress auch mit anderen Stammzellen im Körper passiert", sagt die Wissenschaftlerin. Wenn Stammzellen sich teilen und dabei unter Stress geraten, kann es zu Fehlern kommen, sogenannten Mutationen. Normalerweise erkennt der Körper sie und reagiert – bei Stress funktioniert das aber manchmal nicht so gut wie sonst. "Deshalb werden bei Stress Prozesse gehemmt, bei denen die Stammzellen sich sehr stark teilen und vermehren müssen", sagt Peters. "Das zeigt sich dann auch an den Haaren – und auch das ist letztlich ein Schutzmechanismus des Körpers."

Manchmal sind Haare ohnehin angegriffen

Es liegen keine Studien dazu vor, wer besonders anfällig für stressbedingten Haarausfall ist. "Aber ich würde davon ausgehen, dass es vor allem diejenigen trifft, bei denen das Haar ohnehin schon unter Beschuss steht", sagt die Expertin.

Es kann etwa sein, dass dem Körper durch eine ungünstige Ernährung oder eine chronische Krankheit Nährstoffe fehlen, die auch für das Haarwachstum wichtig sind. "Zum Beispiel fehlt womöglich Vitamin D, das bei der Regeneration der Zellen eine Rolle spielt", sagt Peters.

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Haare wachsen später wieder nach

Die gute Nachricht ist: Die Haare sind nach einer Stressphase nicht unwiederbringlich verloren – wenn Entspannung einkehrt, wachsen sie auch wieder. "Die Follikel sind ja nicht abgestorben", sagt Peters. Sie schalten dann von der Ruhephase wieder auf die Wachstumsphase um und bilden erneut ein Haar aus.

Vorbeugen kann man einem stressbedingten Haarausfall nur bedingt. "Natürlich gelten die üblichen Regeln für einen gesunden Lebensstil mit ausgewogener Ernährung, Bewegung und Schlaf, die man überall nachlesen kann", sagt Peters.

Am Umgang mit Stress arbeiten

Das Ziel solle es außerdem auch nicht sein, gar keinen Stress zu haben. "Wir sind dafür gemacht, mit Herausforderungen umzugehen", sagt die Expertin. Sinnvoll sei es, einen gesunden Umgang mit Stress zu lernen. Dabei ist es mit Yoga und Entspannungsübungen nicht immer getan. Wichtig seien auch Strategien, um Konflikte zu lösen: "Dadurch geht man emotional klar durchs Leben."

In einigen Fällen kann auch eine Psychotherapie helfen, besser mit Stress umzugehen und damit auch den stressbedingten Haarausfall zu behandeln oder ihm vorzubeugen. "Dabei reicht eine Verhaltenstherapie nicht immer aus, sondern es kann auch sinnvoll sein, etwas tiefer zu gehen", sagt die Expertin. Dafür bieten sich etwa eine tiefenpsychologische Therapie, eine Psychoanalyse oder auch eine Systemische Therapie an.

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Im Zweifel lieber zum Arzt gehen

Darüber hinaus gibt es auch Medikamente, die gegen Haarausfall helfen können, etwa Präparate mit dem Wirkstoff Minoxidil. "Allerdings ist der Wirkmechanismus bislang ungeklärt, und wir wissen auch noch nicht, welche Nebenwirkungen eine längere Anwendung mit sich bringt", sagt Peters. Sie rät deshalb klar dazu, das Problem an der Wurzel zu packen – nämlich beim Stress und dem eigenen Umgang damit.

Zum Arzt gehen sollte man mit Haarausfall vor allem dann, wenn er einen selbst beunruhigt. "In dem Fall ist der Gang zum Arzt in jedem Fall sinnvoll", sagt Peters. "Entweder um eine Ursache für den Haarausfall zu finden – oder um sich beruhigen zu lassen."

Über die Expertin: Professorin Dr. Eva Peters ist Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Fachärztin für Dermatologie, Psychoonkologin und Trainerin für Neurodermitis und Urtikaria.

Verwendete Quelle:

  • Interview mit Professorin Dr. Eva Peters
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