Die Tage vergehen, doch die Grippe steckt Ihnen auch nach der eigentlichen Infektion in den Knochen? Das ist erst einmal nicht ungewöhnlich. Was kann man selbst tun, um wieder fit zu werden – und etwa den hartnäckigen Husten loszuwerden? Wir haben bei Hausarzt Jens Wagenknecht nachgefragt. Im Gespräch mit der Redaktion spricht er über unnötige Märsche zur Apotheke, Vitaminaufbaukuren – und warum es auch mal Schokolade während der Genesung sein darf.

Ein Interview

Herr Wagenknecht, Teetrinken und Schonen, heißt es nach einer Grippe. Aber kann man selbst dazu beitragen, schneller gesund zu werden – und wenn ja, wie?

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Jens Wagenknecht: Zum Beispiel mit Salz. Wenn wir schwitzen oder Fieber haben, verliert der Körper Salz, das wir brauchen. In Tee oder Mineralwasser ist es allerdings überhaupt nicht oder nur wenig enthalten. Wenn wir unserem Körper während einer Erkrankung nicht genug Salz zuführen, sind und bleiben wir anfällig. In solchen Fällen ist eine gut gesalzene Suppe das Richtige, etwa eine Rinder- oder Kraftbrühe.

Jens Wagenknecht © Hausärztinnen- und Hausärzteverband / axentis

Welche weiteren Hausmittel helfen nach einem schweren Infekt?
Obst und vitaminreiches Essen sind gerade in der Erholungsphase wichtig. Zitrone oder Vitamin C in anderen Formen bei der Prophylaxe (Vorbeugung, Anm. d. R.). Sie können aber auch bei Entzündungsprozessen unterstützen. Wenn wir wenig Appetit haben und uns schlapp fühlen, ist auch die Zuckerzufuhr wichtig.

Denn: Bei einer schweren Infektion geht es auch darum, zu verhindern, dass der Körper Muskeln abbaut. Das passiert sehr schnell. Um diesen Prozess aufzuhalten, muss man in der Erholungsphase darauf achten, Kalorien aufzunehmen. Das kann auch mal eine Süßigkeit sein, Schokolade, Pudding, alles, was man Kindern so vorenthält. Man könnte denken, dass das ungesund und schädlich ist, wenn man sich gerade erholt. Doch das Gegenteil ist der Fall: Wir können das tatsächlich gut gebrauchen, wenn wir die Defizite der Krankheitsphase wiederaufbauen, in der wir Fieber hatten und nichts gegessen haben.

Stichwort Aufbauen: Bringen Vitaminpräparate etwas, etwa Vitamin-B12-Kuren, um schneller wieder auf dem Damm zu sein?

Wenn man, wie oft bei einer Grippe, mehrere Tage wenig gegessen hat, sind zwar Mineralstoffe weg. Aber ein Vitaminmangel ist dann eher ungewöhnlich. Außerdem ist der Vitamin-B12-Bedarf während der Infektion nicht unbedingt erhöht. Normalerweise verbrauchen sich unsere Reserven an Vitamin B12 im Körper auch nicht so schnell. Es sei denn, man hat schon vorher einen Mangel.

"Ich würde Vitamine und Spurenelemente über die Nahrung aufnehmen. Sich nicht die Speicher mit einer Schweinshaxe auffüllen, sondern am Salatbuffet."

Im Anschluss an eine Infektionskrankheit braucht man Vitaminpräparate also nicht. Im Gegenteil: Ich würde Vitamine und Spurenelemente über die Nahrung aufnehmen. Sich nicht die Speicher mit einer Schweinshaxe auffüllen, sondern am Salatbuffet.

Also kann man sich an der Stelle den Weg in die Apotheke sparen, wenn man dafür auf seine Ernährung achtet?

Genau das wäre mein Rat. Apotheker empfehlen auch Autoimmunpräparate, also Mischungen, die die Abwehrkraft stärken sollen. Aber eine Grippe an sich ist bereits ein ordentlicher Reiz für das Immunsystem – im Prinzip wie eine Grippeimpfung. Man ist also schon dabei, seine Abwehrkraft durch die abgelaufenen Infektionen aufzubauen.

"Das Einzige, was dann wirklich das Abwehrsystem weiter trainiert, sind Reize."

Und das Einzige, was dann wirklich das Abwehrsystem weiter trainiert, sind Reize. Bei Kindern würde man sagen: Lass sie wieder im Garten im Dreck spielen. Aber auch der Erwachsene sollte wieder raus an die frische Luft.

Wie sieht es mit Inhalieren aus? Und wie mit dem Thema Sauna?

Sauna ist nicht das Mittel der Wahl, um eine Erkältung zu kurieren, es eignet sich eher zur Vorbeugung, um schwere Verläufe zu verhindern. Direkt in der Erholungsphase muss man damit sehr umsichtig umgehen. Man verliert viel Wasser und Salz, wenn man schwitzt. Das ist, gerade wenn man sich nach einer Grippe erholt, extrem ermüdend. Da muss man diese Grundsätze Flüssigkeitsersatz und Salzersatz extrem ernst nehmen, damit man da nicht kollabiert. Man sollte vor der Sauna keinen niedrigen Blutdruck haben, hinterher hat man ihn bestimmt.

Die trockene Hitze ist auch für die Schleimhaut nicht unbedingt eine Hilfe. Besser ist das Inhalieren mit Kochsalzlösung. Der Wasserdampf beruhigt die empfindliche Schleimhaut, es geht einem etwas besser.

Über den Gesprächspartner

  • Jens Wagenknecht ist niedergelassener Hausarzt aus Niedersachsen und langjähriges, ehemaliges Vorstandsmitglied des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes.

Verwendete Quellen

  • Telefonisches Interview mit Jens Wagenknecht
  • Redaktioneller Hinweis
  • Die Informationen in diesem Artikel ersetzen keine persönliche Beratung und Behandlung durch eine Ärztin oder einen Arzt.
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