• Ein Bier hier, ein Glas Rotwein dort: Alkohol ist in unserer Gesellschaft beinahe omnipräsent.
  • Doch wie viel Alkohol ist zu viel und ab wann unser Alkoholkonsum bedenklich?
  • Wir helfen Ihnen, herauszufinden, ob Sie bereits am Beginn einer Alkoholsucht stehen und warum es wichtig ist, den richtigen Zeitpunkt wahrzunehmen.

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Hatten Sie schon einmal ein schlechtes Gewissen bezüglich Ihres Alkoholkonsums? Und haben Sie schon daran gedacht, weniger zu trinken? Wenn Sie diese Fragen mit Ja beantworten, deutet das bereits auf eine Alkoholabhängigkeit hin. Für viele vielleicht schwer zu glauben, denn der Beginn einer Alkoholsucht wird vollkommen unterschätzt.

Jeder 20. Todesfall weltweit geht auf Alkohol zurück - und doch ist Alkoholkonsum in Deutschland weit verbreitet. Nach Angaben von Suchtberatungsstellen in Brandenburg ist der Informationsbedarf in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen im Vergleich zu den Vorjahren. Der Grund dafür ist klar: Corona.

Corona hat Situation laut Studien verschlimmert

Erste Studien hätten gezeigt, dass die Corona-Pandemie vor allem für diejenigen, die schon vorher riskant Drogen konsumiert hätten, die Sucht verschlimmert habe, sagte Andrea Hardeling, Geschäftsführerin der Landesstelle für Suchtfragen. In Deutschland wurde schon 2020 erheblich mehr Alkohol als im europäischen Durchschnitt konsumiert.

Unter den Kontaktbeschränkungen wurde mehr Zuhause getrunken. In belastenden Situationen würden Bier, Wein und Schnaps häufiger als vermeintliche Stresslöser geschluckt. Darauf hat die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen in Hamm bei der Vorlage ihres "DHS Jahrbuch Sucht 2021" hingewiesen.

Die schon seit beinahe zwei Jahren andauernde Krise verstärkt nach Beobachtung von Fachleuten Suchtgefahr und Rückfallrisiko. Regelmäßiger Austausch stabilisiere Suchtkranke, erläutert der Suchthilfeverband Blaues Kreuz. Man habe stark auf digitale Angebote umstellen müssen, was viele als hilfreich annähmen. Es ersetze eine persönliche Begegnung aber nicht ganz. "Häufig kommt so eine Veränderung viel verzögert in den Beratungsstellen an. Sucht ist immer noch ein Stigma", sagte Hardeling.

Hierzulande trinkt jeder Zehnte gesundheitsgefährdende Mengen an Alkohol. "Alkoholprobleme sind damit eines der verbreitetsten Gesundheitsprobleme überhaupt", heißt es in der Broschüre "Alkoholfrei leben" von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Nach Informationen der Robert-Koch-Instituts (RKI) sind die Zahlen sogar noch gravierender: Einer Auswertung von 2010 zufolge sind jeder dritte Mann und jede fünfte Frau in Deutschland Risikokonsumenten.

Wie viel Alkohol ist eigentlich zu viel?

Das zu beantworten, fällt auch Experten schwer: Die Empfindlichkeit sei individuell verschieden, daher gebe es keinen absolut sicheren Grenzwert, schreibt die BZgA. Eine Richtlinie für risikoarmen Alkoholkonsum liegt pro Tag bei 12 Gramm Alkohol für Frauen und 24 Gramm Alkohol für Männer.

Für gesunde Erwachsene bedeutet das maximal ein Standardglas (Frauen) beziehungsweise zwei Standardgläser (Männer) eines alkoholischen Getränks. Nicht besonders viel, wenn man bedenkt, dass ein Standardglas Wein 0,1 Liter fasst.

Gleichzeitig sollte man an mindestens zwei Tagen pro Woche überhaupt keinen Alkohol trinken. Wer sich in diesem Rahmen bewegt, braucht in der Regel weder durch Alkohol verursachte gesundheitliche Gefahren, wie zum Beispiel ein erhöhtes Krebsrisiko, noch Alkoholabhängigkeit zu fürchten.

Tests zeigen: Bin ich gefährdet?

Viele Deutsche liegen bei ihrem Alkoholkonsum allerdings weit über der oben genannten Schwelle. Im Jahr 2019 tranken die Bundesbürger ab 15 Jahren im Durchschnitt 10,9 Liter reinen Alkohol. Im Vergleich: Der Durchschnitt aller OECD-Länder liegt bei 8,9 Litern pro Kopf.

Wer den Verdacht hat, zu viel zu trinken, dem stehen verschiedene Tests zur Verfügung. Etwa auf der Internetseite www.selbsthilfealkohol.de. Der sogenannte CAGE-Fragebogen* besteht nur aus vier Fragen, die trotzdem einen Hinweis auf Missbrauch oder Abhängigkeit geben:


Haben Sie jemals daran gedacht, weniger zu trinken?

Ja

Nein

Haben Sie sich schon einmal darüber geärgert, dass Sie von anderen wegen Ihres Alkoholkonsums kritisiert wurden?

Ja

Nein

Haben Sie sich jemals wegen Ihres Trinkens schuldig gefühlt?

Ja

Nein

Haben Sie jemals morgens als Erstes Alkohol getrunken, um sich nervlich zu stabilisieren oder einen Kater loszuwerden?

Ja

Nein


Zwei oder mehr Ja-Antworten deuten auf Alkoholmissbrauch oder –abhängigkeit hin. Die BZgA rät in diesem Fall, sich an einen Arzt oder eine Beratungsstelle zu wenden. Örtliche Beratungsstellen finden Betroffene über den Online-Service der BZgA.

Andere Tests berücksichtigen weitere Kriterien, zum Beispiel der SMAST (Short Michigan Alcoholism Screening Test). Hier werden 13 Fragen beantwortet, die jedoch ähnlich streng ausgewertet werden.

Ohne Alkohol leben – das geht auch

Wer den Verdacht hat, die legale Droge zu stark in den Alltag integriert zu haben, sollte einmal im Jahr mehrere Wochen komplett verzichten, rät die BZgA. Tendieren Sie bereits zur Alkoholabhängigkeit, scheuen Sie sich nicht, darüber zu sprechen.

Weil Alkoholismus oft als asozial gilt, versuchen viele im Stillen und auf eigene Faust, dem Problem Herr zu werden. "Weniger trinken" ist dabei ein häufiges Ziel, bleibt aber Wunschtraum: Nur bei einer beginnenden Abhängigkeitsentwicklung ist es laut BZgA möglich, den Konsum einzuschränken.

Alkoholsucht könne dagegen nur durch Abstinenz besiegt werden. Betroffene sollten sich nicht schämen, sich dabei fachmännische Unterstützung zu holen. Das unterstreicht die Ernsthaftigkeit des Vorhabens und verspricht einen größeren Erfolg. Diese Alkoholabhängigkeit wird als Krankheit anerkannt, Behandlungskosten werden von der Krankenkassen übernommen. Erste Anlaufstellen für die Beratung können der Hausarzt oder das BZgA-Info-Telefon unter der Nummer 0221 892031 sein. (ncs/sis)

*CAGE steht für Cut Down Drinking (Weniger trinken), Annoying (Ärgern), Guilty (Schuldig fühlen), Eye Opener (Augenöffner). Die Begriffe kürzen den Inhalt der betreffenden Fragen ab.

Verwendete Quellen:
  • Deutsche Presse-Agentur (dpa)
  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: "Alkohol? Kenn dein Limit"
  • Stiftug Gesundheitswissen: "Alkoholkonsum in Deutschland. Neue Date aus HINTS Germany"
  • Robert-Koch-Institut: "Einflussfaktoren auf die Gesundheit: Alkohol"
  • Kenn-dein-Limit.de: Alkoholkonsum in Deutschland" - im Auftrag der BZgA

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Dies ist ein Artikel aus unserem Archiv. Aus aktuellem Anlass haben wir ihn aktualisiert..
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