Das Geschäftsmodell von Facebook und Instagram ist in Europa zunehmend mit Rechtsproblemen konfrontiert.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Rolf Schwartmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Meta, der Konzern, unter dessen Dach Facebook und Instagram verbunden sind, hat kürzlich den Kurznachrichtendienst Threads gestartet. In der ersten Woche erreichte der Dienst über 100 Millionen Nutzer und die App soll sogar mittlerweile 150 Millionen Accounts erreicht haben. Der Dienst ist in Europa faktisch noch nicht verfügbar.

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Meta startet Kurznachrichtendienst Threads

Das Unternehmen muss sich gut überlegen, ob es ihn hier anbieten will. Threads müsste den besonderen Anforderungen der DS-GVO standhalten. Ein besonderes Problem ergibt sich dabei aus der Möglichkeit der Zusammenführung der Daten aus unterschiedlichen Meta-Diensten. Dabei ist schon die Rechtsgrundlage der Datenverarbeitung ein Problem.

Ob die Einwilligung, die bei Nutzung eines Meta-Dienstes auch für damit verbundene Dienste des Konzerns eingeholt wird, den Anforderungen der DS-GVO genügt, ist fraglich. Die Anforderungen an eine selbstbestimmte und informierte Einwilligung, die für konkrete Zwecke eingeholt werden muss, sind jedenfalls streng.

Darüber, ob und inwieweit die von Meta auf Grundlage des Nutzungsvertrages erhobenen Daten zur Erbringung des Dienstes erforderlich sind, muss der Europäische Gerichtshof entscheiden. Unabhängig davon müssen die Transparenzanforderungen noch einmal auf den Prüfstand gestellt werden, wenn ein weiterer Kommunikationsdienst hinzukommt. Zudem gibt es problematische Dauerbrenner, wie eine funktionierende Altersverifikation und Fragen des transatlantischen Datenverkehrs.

Datenschützer in Norwegen verbieten Facebook-Werbung zeitweise

Meta weht in Europa aktuell ohnehin der Wind spürbar ins Gesicht. Personalisierte Werbung ist der Kern des Geschäftsmodells der Online-Dienste Facebook und Instagram. In Norwegen schiebt die Datenschutzbehörde Datatilsynet hier zeitweise einen Riegel vor. Sie sieht in der konkreten Praxis des Unternehmens eine kommerzielle Überwachung zu Marketingzwecken, die sie als eines der größten Risiken für den Datenschutz im Internet begreift.

Um den "Überwachungskapitalismus" einzubremsen, hat Meta zunächst drei Monate Zeit, seine Angebote an das Datenschutzrecht anzupassen. Das Unternehmen muss den Menschen in Norwegen verständlich machen, wie die Daten, zu denen auch Informationen über Gesundheit und ähnlich Sensibles zählen, bei der Bildung von Profilen über Vorlieben im Kaufverhalten geschützt werden.

DS-GVO Verstoß in Norwegen festgestellt

Die Vorwürfe der Datenschützer in Norwegen kommen nicht aus dem luftleeren Raum. So hat der Europäische Gerichtshof Meta unlängst schon einen Verstoß gegen die DS-GVO attestiert, weil Nutzer vor Datenverarbeitungen nicht wirksam um Erlaubnis gefragt werden. Insofern ist es schlüssig, dass man in Norwegen nun bei den verbundenen Meta-Diensten, die Daten aus unterschiedlichen Quellen verknüpfen können, Maßnahmen ergreift.

Da eigentlich die irische Datenschutzbehörde für Meta zuständig ist, beruft man sich in Norwegen auf einen Notfall. Dort darf das Unternehmen über Facebook und Instagram zwar auch weiterhin für personalisierte Werbeansprachen Daten etwa über Geschlecht, Alter oder Wohnsitz verwenden. Das gilt aber nur, wenn Nutzer diese Informationen in ihr Profil eingetragen haben. Für eine weitergehende Personalisierung der Werbeeinblendungen ist aber eine informierte Einwilligung nötig, die den Anforderungen der DS-GVO entsprechen muss, was aktuell nicht der Fall ist.

Italien: Meta im Fokus der Finanzbehörde

Auch in Italien gibt es eine Baustelle für Meta. Dort steht der Konzern im Fokus der Finanzbehörden. Hintergrund ist, dass Meta seine Dienste zwar nicht gegen Geld anbietet. Kostenlos sind sie aber auch nicht. Man bezahlt die Möglichkeit zur Kommunikation mit Daten über persönliche Vorlieben, die sich zu Werbezwecken vermarkten lassen.

Dass man mit Daten zahlen kann, weiß jeder, der die Website eines Verlages öffnet und vor der Wahl steht, die Lektüre der Inhalte mit Geld oder Daten zu zahlen. Das ist fair, denn die Leistung der Anbieter muss irgendwie finanziert werden und Nutzer haben die Wahl. Das Europarecht und das nationale Zivilrecht erkennen das "Zahlen mit Daten" an.

Allerdings müssen Plattformen von Apple über Google bis Meta keine Steuern für die Daten zahlen, die sie mit großem Gewinn vermarkten. Ist das gerecht? Wenn Industrieunternehmen Steuern auf Rohstoffe zahlen, warum dann nicht auch Digitalunternehmen auf Daten?

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Diese Frage stellt man sich in Italien. Die dortige Finanzbehörde Guardia Finanzia und die Mailänder Staatsanwaltschaft prüfen, ob Meta 870 Millionen Euro Umsatzsteuer nachzahlen muss, weil die Nutzerdaten als eine Art Einkommen gewertet werden könnten. Die Umsatzsteuer für Meta kann ein Testfall für die Digitalbranche auch über Italien hinaus sein. Spannend wird auch die Frage sein, welche Auswirkungen die Steuerpflicht für Meta auf andere Digitalunternehmen und datengetriebene Geschäftsmodelle hat.

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