Ford entwickelt an einem neuen Standort im kalifornischen Long Beach eine eigene Elektroauto-Plattform für preiswerte E-Autos. Ab 2026 sollen ein kompakter SUV und ein Pick-up an den Start gehen. Damit steht die Kooperation mit VW vor einem möglichen Aus.

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War es das schon wieder mit dem MEB bei Ford? Auf einer Bilanz-Pressekonferenz Anfang 2024 hat Ford-Chef Jim Farley verkündet, dass die Marke bereits seit zwei Jahren eine eigenständige Elektroauto-Plattform für das Budget-Segment entwickelt. Das wirft auch ein Schlaglicht auf die Kooperation mit VW, deren MEB-Elektro-Plattform bei Ford vorläufig zwei eigene Modelle antreiben wird. Das sind der neue Explorer (kommt im Sommer 2024, siehe Fotogalerie) und ein sportlicher Crossover, der möglicherweise Capri heißen wird.

Video: Erster Check: Ford Explorer

Wie Farley bekanntgab, entwickelte eine autarke Gruppe innerhalb des Unternehmens im Geheimen seit zwei Jahren eine eigene Elektroauto-Plattform, die flexibel verwendbar und kostengünstig produzierbar sei. Farley nannte das Entwickler-Team als "Skunkworks", eine in den USA gebräuchliche Bezeichnung für unabhängig und abgeschottet vom Mutterunternehmen agierende Abteilung. Der Begriff geht auf Geheimentwicklungen des Flugzeugherstellers Lockheed im Zweiten Weltkrieg zurück. Federführend bei der Entwicklung ist Alan Clarke, ein ehemaliger Tesla-Mitarbeiter, der die Entwicklung des Model Y leitete. Die laut Farley als Startup außerhalb der Ford-Firmenstruktur agierende Entwicklertruppe scheint erfolgreich gewesen zu sein, denn der Ford-Boss kündigte mehrere kommende Fahrzeuge auf der neuen Plattform an.

Eigenes E-Auto-Entwicklungszentrum in Kalifornien

Als weiteren Auswuchs aus der "Skunkworks"-Gruppe wird Ford 2025 in Long Beach, Kalifornien, ein Entwicklungszentrum für Elektrofahrzeuge eröffnen. Das 250.000 Quadratmeter große Zentrum soll bis zu 450 Mitarbeiter beschäftigen. Angaben zur Investitionshöhe in den neuen Entwicklungsstandort machte Ford nicht. Am neuen Standort sollen junge Ingenieure und Softwareentwickler in einer Art Nachwuchsschmiede gebündelt werden. Ein besonders großes Angebot an solchen Fachkräften sieht der Autobauer in Kalifornien. Später könnten solche, von Dearborn weitestgehend unabhängige Entwicklungszentren auch noch an anderen Standorten in den USA entstehen.

Erste Modelle ab 2026

Nach einem Insiderbericht der Nachrichtenagentur Bloomberg vom 19.3.2024 sollen auf der neuen Basis ein kompakter SUV sowie ein kompakter Pick-up ab 2026 entstehen. Auch ein drittes Modell für Ride-Hailing-Dienste sei möglich. Die Plattform wird sich zunächst auf diese kompakten Fahrzeuge mit Lithium-Eisen-Phosphat-Batterien (LFP) konzentrieren, könnte später aber auch andere Akkutechnologien integrieren, um die Produktionskosten zu reduzieren. Als Verkaufspreis stehen 25.000 US-Dollar im Raum, umgerechnet rund 23.000 Euro.

Damit soll das Elektroauto-Geschäft von Ford profitabel und fit für einen erwarteten Preiskampf mit chinesischen Herstellern gemacht werden. Auch Tesla nimmt Ford damit ins Visier. Die Ankündigung von Elon Musk, 2025 einen 25.000-Dollar-Tesla auf den Markt zu bringen, sorgt für einige Unruhe in der Branche. Ohnehin ist Tesla in den USA uneingeschränkter Elektroauto-Marktführer und den Traditionsherstellern Ford und General Motors meilenweit davongefahren.

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Milliarden-Verlust mit Elektroautos

Die Entwicklung einer neuen Budget-Plattform für Elektroautos ist ein drängendes Thema bei Ford, denn die Marke macht mit ihrer Elektrosparte bislang riesige Verluste. Lediglich rund 24.000 Ford F-150 Lightning und rund 41.000 Mustang Mach-E konnte Ford im Jahr 2023 in den USA absetzen. Die Verluste der Elektro-Sparte summierten sich im vergangenen Jahr auf gigantische 4,7 Milliarden Dollar (rund 4,37 Milliarden Euro). Neben der Antriebstechnik soll die neue Plattform deshalb auch darauf ausgerichtet sein, möglichst viele softwarebasierte Funktionen bereitzustellen, um das wachsende Abo-Geschäft der Marke weiter zu beflügeln. Mit Abo-basierten Diensten wie dem autonomen Fahrprogramm BlueCruise konnte Ford im abgelaufenen Jahr ein Wachstum von rund 50 Prozent verzeichnen.  © auto motor und sport

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