Diego Maradona will Fifa-Präsident werden. Damit reiht sich der ehemals beste Spieler der Welt in eine illustre Reihe großer Namen ein. Nicht alle haben aber das Zeug, um Sepp Blatter zu beerben. Die besten Chancen haben zwei Scheichs - und UEFA-Präsident Michel Platini. Der Kandidaten-Check.

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Nun also auch Diego Armando Maradona. Der beste Spieler seiner Zeit. Argentiniens Nationalheiligtum. Die Hand Gottes. Sepp Blatters bissigster Gegner seit Jahrzehnten. Diego Maradona hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Weltverband Fifa beim außerordentlichen Kongress im Dezember als Präsident zu übernehmen. Oder besser: Er möchte zumindest für dieses höchste Amt im Fußball kandidieren. Denn Maradonas Chancen, Ikone hin oder her, stehen nicht besonders gut.

Formal benötigt jeder Kandidat gewissermaßen als Eignungsprüfung die Unterstützung von mindestens fünf Verbänden. So verlangen es die Statuten der Fifa. Hier beginnen die Probleme für Maradona bereits. Er ist nicht nur kaum vernetzt und besitzt keine Lobby, er ist als scharfer Kritiker der Fifa-Organisation auch genau jenen ein Dorn im Auge, die gegen einen radikalen Kurswechsel an der Spitze des Weltverbands sind. Und so dürfte immer noch die große Mehrheit der Wahlberechtigten denken.

Maradona will die Fifa umkrempeln

Maradona wäre einer, der den Laden total umkrempeln möchte. Ein Reformator, der kaum etwas auf die bestehenden Machtverhältnisse und Seilschaften gibt. So zumindest lassen sich seine schrillen Provokationen der letzten Jahre deuten. Für die Herren aus Zürich stellt so einer eine Bedrohung dar. Ebenso wie ein paar andere ehemalige Fußballgrößen.
Der Brasilianer Zico hatte bereits vor ein paar Wochen eine Kandidatur erwogen. „Wieso nicht?“, soll der ehemalige Regisseur der "Selecao" gesagt haben.

Ein echtes Programm hat Zico nicht in der Hinterhand. Wie Maradona treiben ihn Wut und Enttäuschung an, vielleicht ein wenig Eitelkeit und Geltungssucht. Ansonsten sind seine Bewerbungsunterlagen recht dünn. Die Chancen, dass beide ehemaligen Welt-Stars bis zum Ende an ihrer Kandidatur festhalten und vielleicht sogar als echte Wettbewerber in den letzten Wahlgang einziehen, tendieren gegen Null.

Luis Figos Vorhaben kommt da schon durchdachter und handfester daher. Der Portugiese war bereits im Winter einer von drei europäischen Kandidaten, die sich Blatter bei der Wahl Ende Mai in den Weg stellen wollten. Kurz vor dem Termin zog der 42-Jährige seine Kandidatur zurück. Als Blatter dann wiedergewählt wurde, nahm Figo erst recht kein Blatt mehr vor den Mund. „Dass Blatter - der verantwortlich für den Punkt ist, an dem die Fifa heute steht - wiedergewählt wird, zeigt wie krank diese Organisation ist“, sagte er damals und fügte an. „Sobald nachgewiesen ist, dass die Fifa keine Diktatur ist, werde ich wieder zur Verfügung stehen.“

Figos Grundidee fußt auf einer Umverteilung der Gelder, auf einen Abbau der satt gefüllten Fifa-Konten und eine Weitergabe der Millionen an die Verbände. Ein hehres Ziel, das aber auch nicht überall auf volle Zustimmung stoßen dürfte. Immerhin hat der Portugiese aber eine Vorstellung davon, was sich konkret ändern sollte.
Seine skandalfreie Vergangenheit, sein hervorragender Leumund und sein eloquent-seriöses Auftreten wären weitere Pluspunkte. Nur: Luis Figo ist kein gestandener Funktionär und schon gar kein (Sport-)Politiker. Hier gehen ihm wichtige Erfahrungswerte ab, die am Ende entscheidend sein könnten.

Wen unterstützt der DFB?

Im Frühjahr war der Niederländer Michael van Praag noch Figos wichtigster Mitstreiter. Der 67-Jährige steht seit sieben Jahren dem niederländischen Verband als Präsident vor, ist hervorragend vernetzt und ein sachlich-nüchterner Arbeiter, dem es um das Wohl des Fußballs geht und nicht um Geld, Macht oder die Befriedigung einer ausgewachsenen Profilneurose.
Van Praag (und Figo) wären aber als europäische Vertreter chancenlos, sobald Michel Platini sein "Go" für eine Kandidatur gäbe. Platini ist als Uefa-Präsident auf dem Papier der schärfste Widersacher der Fifa, er wüsste zahlreiche Verbände hinter sich - unter anderem auch den Deutschen Fußballbund DFB.

Allerdings haften dem Franzosen auch zwei schwere Makel an: Zum einen ging er als großer Verlierer des Fifa-Kongresses Ende Mai hervor, als er sich selbst weder klar gegen Blatter noch seinen Verband geschlossen gegen den Amtsinhaber positionieren konnte. Selbst der eigene, französische Verband votierte damals für Blatter - eine krachende Niederlage für Platini.

Ähnliche Probleme hat DFB-Präsident Wolfang Niersbach. Dessen wachsweicher Schlingerkurs hatte haufenweise opportune Züge, auch Niersbach machte als erster Mann im größten Landesverband der Welt eine schlechte Figur. Sein Name wurde im Zuge des Auswahlverfahrens nun einige Male zwar genannt. Niersbach dürfte aber zumindest schlau genug sein, sich einer Kandidatur zu verschließen.

Beckenbauer wahrt Neutralität

Dass Niersbachs Ziehvater Franz Beckenbauer in den Ring steigt, ist übrigens nahezu ausgeschlossen. Und das trotz einiger prominenter Fürsprecher. Als Blatter-Vertrauter hat Beckenbauer stets versucht, sich so neutral wie möglich zu verhalten und bereits vor einigen Wochen ausgeschlossen, nun die Nachfolge des Schweizers in Betracht zu ziehen.
„Eine Kandidatur kommt überhaupt nicht infrage. Ich bin vor einigen Jahren aus allen Ämtern ausgetreten, um mehr Zeit mit meiner Familie zu verbringen“, sagte das frühere Exekutivkomitee-Mitglied. Ein schlüssiges Wahlprogramm hätte der Kaiser ohnehin nicht bieten können. „Man muss das System ändern! Ich weiß nicht wie, aber es muss einen Schlüssel geben“, sagte Beckenbauer.
Bleiben noch die üblichen Verdächtigen aus Übersee. Der südkoreanische Auto-Milliardär Chung Mong-Joon etwa. Ein Blatter- und Fifa-Kritiker zwar, aber letztlich eher chancenlos. Deutlich besser gestellt wäre Prinz Ali bin Al Hussein. Er war derjenige, der es bis zum Schluss mit Blatter ausgenommen hatte, sich der Wahl Ende Mai stellte und verlor.

Jetzt könnte der jordanische Prinz einen neuen Anlauf nehmen. Als klarer Blatter-Gegner stünde er für eine tiefgreifende Reform, er könnte viele Verbände Europas, Asiens und Afrikas hinter sich bringen und die nötige Mehrheit der 209 stimmberechtigten Wahlmänner einfahren. Und: Der 39-Jährige hat die Mühlen einer Kandidatur schon einmal durchlaufen und wüsste, auf was er sich einlässt.

Am wahrscheinlichsten, und das dürfte allen Revolutionären nicht schmecken, wird aber folgendes Szenario sein: Sepp Blatter bringt mit Scheich Ahmad al Fahad al Sabah seinen eigenen Strohmann an die Spitze des Weltverbands. Der Kuwaiti ist ein Schattenmann Blatters, ein treuer Wegbegleiter und Diener des Schweizers und mittlerweile auch Fifa-Exko-Mitglied.

Er ist der ungekrönte König des Sports, ist unter anderem seit mehr als zwei Jahrzehnten Mitglied im IOC. Seine Chancen auf einen Sieg wären enorm, sein Drang zu Veränderungen innerhalb der Fifa aber gleich Null.

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