Allein im Juli sind mehr als 7.000 vor Krieg und Verfolgung fliehende Menschen auf der griechischen Insel Kos angekommen. Und es werden immer mehr. Die Kapazitäten der Insel sind längst erschöpft, die Situation gerät außer Kontrolle. Es gibt Berichte über Gewalt der Polizei gegenüber Flüchtlingen sowie rassistische Übergriffe. Wie stellt sich die Lage vor Ort dar?

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Die meisten fliehen vor einem Krieg in ihrem Land. Ärzte ohne Grenzen (Médecins Sans Frontières - MSF) berichten, dass die Flüchtlinge auf Kos überwiegend aus Syrien und Afghanistan kommen. Die Lage auf der ägäischen Insel spitzte sich in den vergangenen Tagen dramatisch zu: Es bleibt nur wenig Platz, Behörden gehen teilweise brutal gegen die Flüchtlinge vor, Staat und Hilfsorganisationen sind überfordert.

  • Wie ist die Lage auf Kos?

Kos ist mit knapp 300.000 Quadratkilometern kleiner als Rhodos. Auf der Ferieninsel leben über 33.000 Menschen. Für die Flüchtlinge, die dort ankommen, ist die Unterbringung auf Kos allerdings "die Hölle auf Erden": Das sagte Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Die Grünen) der Deutschen Presseagentur (dpa) am Dienstag. Die Politikerin besuchte die Insel und war von den Zuständen geschockt: "Hier herrscht Chaos. Und die Spannungen werden immer größer", sagte sie der dpa. Das größte Problem sei, dass es an allem fehle: Essen, Kleidung, Unterkunft, medizinische Versorgung - Roth sprach von einer "Verweigerung von Erster Hilfe für die Flüchtlinge".

Aufgrund der chaotischen Situation kommt es seit Dienstag immer wieder zu Auseinandersetzungen, bei denen die Polizei Feuerlöscher und Schlagstöcke einsetzt. "OmniaTV" berichtete online von teilweise "rassistischer Gewalt gegen Flüchtlinge" auf Kos. Demnach bedrohte ein Polizist die Flüchtlinge mit einem Messer und schlug einem Mann ins Gesicht.

Die "Time" schrieb online, dass die Flüchtlinge "Griechenland nur um ein Stück Papier bitten, das ihren Flüchtlingsstatus dokumentiert". Danach würden sie die Insel so schnell wie möglich verlassen wollen.

  • Wie viele Flüchtlinge sind da?

Wie Ärzte ohne Grenzen berichtete, kamen allein im Juli 7.000 Menschen auf Kos an. Die dpa schreibt von "Hunderten Flüchtlingen", die täglich hinzukämen. Sie kommen von der Küste der Türkei und erreichen Kos auf kleinen Booten.

Das Nachrichtenportal "Time" geht aufgrund von Informationen örtlicher Behörden von mindestens 5.000 Flüchtlingen aus, die gerade auf der Insel ausharren und auf ihre Registrierung warten.

  • Wo sind die Flüchtlinge untergebracht?

Roth berichtete der dpa, dass Flüchtlinge in ein kleines Stadion geschickt werden. Von den Straßen und Parks, in denen sie campierten, würden sie demnach verscheucht. Im Stadion sei es barbarisch heiß und es gebe nur zwei Toiletten - es sind mittlerweile nach Informationen der "Zeit" rund 1.500 Menschen dort untergebracht. "Das ist unmenschlich. Ich habe so etwas noch nie gesehen", sagte Roth.

  • Wie ist die Situation auf anderen ägäischen Inseln?

Kos ist nur ein trauriges Beispiel für die Situation auf vielen Inseln im Osten der Ägäis. In der SZ-Multimedia-Reportage "Der Zaun" schreiben Reporter von mehr als 26.000 Menschen, die im Jahr 2014 allein die Inseln Lesbos, Samos und Chios erreichen. Die griechische Küstenwache versucht die Boote auf dem Meer abzuwehren. Reporter Dietmar Telser beschreibt die Absurdität der Situationen: "Es gilt, die Insel vor Eindringlingen zu beschützen. Aber nicht die Osmanen wie vor knapp zwei Jahrhunderten sind diesmal die Gegner, keine Soldaten mit Schwertern und Dolchen, sondern Menschen mit einem Rucksack und ein paar Plastiktüten auf der Flucht vor einem Krieg."

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